Gefechte der Leidenschaft
Rücken zu und folgte seiner Mutter.
Noch lange, nachdem die beiden das Zimmer verlassen hatten, sprachen Caid und Lisette kein Wort. Lisette stand sehr steil und aufrecht da, mit flammend rotem Gesicht, und das Mieder ihres Kleides zitterte mit jedem Herzschlag. Sie war aufgebracht und wer wollte es ihr verdenken, dachte Caid grimmig. So einen Zusammenstoß gab es nicht jeden Tag.
Trotzdem war sie ganz bezaubernd, wie sie dort stand, so sprühend lebendig in ihrem Zorn. Er war erstaunt, dass sie ihm zu Hilfe gekommen war, und auch dankbar dafür, denn er hätte sich nur schwer gegen Madame Bechets Angriff verteidigen können, ohne seine Manieren als Gentleman zu vergessen.
»Es tut mir so Leid, dass Sie das auch noch erdulden mussten«, sagte er mit leicht belegter Stimme, doch in betont förmlichem Ton. »Ich habe nie gewollt, dass es Ihnen hier so ergeht.«
Ein müdes Lächeln glitt über ihre Züge. »Das will ich auch nicht hoffen.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass Sie so bald wie möglich nach Hause möchten. Wenn Sie reisefertig sind, begleite ich Sie in die Stadt zurück.«
»Und was wird aus Monsieur Blackford?«
»Auch er müsste morgen eigentlich in einer Kutsche reisen können. Wahrscheinlich wird er sich sowieso nicht davon abhalten lassen.«
»Gut. Ich könnte ihn mitnehmen, wenn es ihm nichts ausmacht, so eng zu sitzen.«
»Das ist sehr großzügig von Ihnen, aber er kann in Madame Herriots Wagen mitfahren.«
»Fährt sie denn auch morgen?«
»Wenn nicht, kommt die Kutsche eben zurück, um sie später abzuholen«, antwortete Caid.
Lisette nickte langsam, während sie die Hand in die Tasche ihrer hübschen Seidenschürze steckte und mit den Fingern einen kleinen, runden Gegenstand umschloss. »Ja, das wird wohl das Beste sein.«
Sie wirkte abwesend, gedankenverloren und das beunruhigte Caid. »Es ist Ihnen doch Recht, nicht wahr? Oder möchten Sie lieber hier bleiben?«
»Nein, nein«, erwiderte sie mit einem angedeuteten Kopfschütteln. »Es ist schon in Ordnung. Es ist ja noch eine Nacht bis dahin.«
Eine Nacht wozu? Er wollte gerade fragen, doch da hörte er ein Geräusch aus dem Nebenzimmer. Es klang, als sei etwas zu Boden gefallen. Er musste daran denken, dass Blackford sie vielleicht hören konnte, und neigte den Kopf. »Ausgezeichnet. Wir werden heute Abend alles Weitere besprechen.«
»Ja«, antwortete sie in Gedanken versunken, »das ist eine sehr ... befriedigende Lösung.«
Ihre Worte gingen Caid nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder kamen sie ihm im Laufe des Tages in den Sinn, als er mit Blackford in dessen Zimmer aß oder mit Nicholas und Rio Karten spielte. Sie hingen in der Luft, als er die Abfahrt für den nächsten Tag vorbereitete und die Reihenfolge der Kutschen und Reiter festlegte. Und als er sich für die Nacht von Rio und Blackford verabschiedete, die noch eine letzte Zigarre rauchten und ein Glas Cognac tranken, und sich in sein Zimmer zurückzog, waren ihre Worte immer noch da.
Was hatte Lisette gemeint? Und was würde sie tun, wenn sie wieder in der Stadt wäre, fragte sich Caid, während er seine Taschenuhr mit den Anhängseln an der Kette herauszog und sie auf ein geschnitztes Tablett auf der Frisierkommode legte. Er löste den Knoten seines Halstuches, zog es aus dem Kragen und warf es ebenfalls auf das Tablett. Dann legte er Rock und Weste ab und hängte beides über eine Sessellehne. Irgendetwas beunruhigte ihn, irgendein kleines Detail, an das er sich nicht genau erinnern konnte.
Den ganzen Nachmittag lang war die Dame nicht sie selbst gewesen. Sie hatte sich mit einem Buch zurückgezogen oder in die Baumkronen gestarrt, als sie alle auf der Galerie saßen. Nicholas hatte sich bemüht, sie aus ihrer schwermütigen Stimmung zu reißen, ebenso wie Blackford, der sich für das späte Abendessen angekleidet hatte und den Arm in einer Schlinge aus schwarzer Seide trug — einem abgelegten Schal von Maurelle. Doch vergeblich.
Als Caid seine Manschettenknöpfe löste und begann, sein Hemd aufzuknöpfen, erinnerte er sich daran, wie Agatha Lisette gefragt hatte, ob sie noch immer Kopfschmerzen habe und ein Mittel dagegen wolle. Lisette hatte ihr eine patzige Antwort gegeben, etwas, was er noch nie zuvor erlebt hatte. Und dann, nach dem Abendessen, war sie auf einmal ganz redselig geworden und hatte mit strahlenden Augen geschwatzt. Den ganzen Abend über hielt diese Lebhaftigkeit an, mit der sie Maurelle, die müde wirkte, und Celina, die sich Rio
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