Gefechte der Leidenschaft
Unbesiegbarkeit. Die Erkenntnis war nicht besonders angenehm, zumal jetzt, da es zu spät war.
Die Nacht brach herein. Aus Madame Herriots Haus brachte man Lisettes Sachen, ihr frisch gewaschenes Nachthemd, die Kleider, die Maurelle ihr hatte anfertigen lassen, und einige andere Dinge wie Zahnpulver, Haarnadeln, Bänder und Strümpfe, geliefert von der Modistin zusammen mit einem neuen Korsett und einem Unterrock, der am Saum mit c rin, oder Rosshaar, versteift war. Es gab ein improvisiertes Abendessen, bestehend aus einer dünnen Suppe aus ein paar Resten, und danach stellte Lisette eine Einkaufsliste für Felix zusammen, der am Morgen zu den Märkten am Fluss gehen sollte. Die Betten wurden mit Leintüchern bezogen, die sich, mit duftenden Vetiver-Wurzeln zwischen den Falten, in einem Wäscheschrank fanden. Felix ging durchs Haus und überprüfte, ob alle Türen und Fenster verschlossen waren, um dann zu melden, dass alles in Ordnung sei. Nachdem er in sein Quartier hinuntergegangen war, saßen Lisette und Agatha noch beisammen, sprachen von Vergangenem und von ihren Plänen für die kommenden Tage. Endlich ließ der Lärm der Kutschen und Fußgänger auf der Straße nach, das Hundegebell verstummte und es wurde Zeit ins Bett zu gehen.
Lisette entzündete zwei Nachtkerzen an der Tranlampe im Salon und gab eine davon ihrer neuen Gefährtin. Dann löschte sie die Lampe und folgte Agatha über die Galerie bis zu ihrem Schlafzimmer, wo sie sich gute Nacht sagten. Sobald Lisette ihr Zimmer betreten hatte, sperrte sie in Windeseile die Tür zu. Da wurde sie mit hartem Griff von hinten um die Taille gepackt und in eine stürmische Umarmung gezogen. Eine Hand griff nach der Kerze, löschte sie und warf sie beiseite. In der plötzlichen Dunkelheit hörte sie eine Stimme, tief und melodisch, die ihr mit zartem Kitzeln ins Ohr flüsterte: »Ich bin hier um dich zu belästigen, ma chere. Was willst du jetzt machen?«
Fünftes Kapitel
Caid.
Als Lisette klar wurde, wer ihr Angreifer war, brandete eine Welle von Erleichterung und Zorn in ihr auf. Doch gleichzeitig wurde ihr die Gegenwart dieses Körpers bewusst, der sich wie eine Felswand an sie presste, die glatten, hervortretenden Muskeln, verborgen unter Leinen und Wolle, die stählerne Kraft der Arme, die ihre Taille und die weichen Brüste umfingen. Hitze stieg in ihr auf und sammelte sich pulsierend in der Mitte ihres Körpers. Es dauerte einen Augenblick, bis die Worte durch ihre zugeschnürte Kehle drangen: »Lassen Sie mich los! Auf der Stelle!«
»Nicht, ehe Sie zugeben, dass Sie hier in Gefahr sind. Und nicht, ehe Sie einsehen, dass ich oder jeder andere Mann, der es wollte, zu Ihnen Vordringen und Ihnen alles Mögliche antun kann.«
Sie wusste sehr wohl, worauf er anspielte. Bei der Vorstellung, eine solch unbeschreibliche Intimität könnte sie mit diesem Mann verbinden, begann ihr Herz wie wild gegen die Rippen zu hämmern und das Blut raste durch ihre Adern. Sie versuchte sich loszureißen, doch Caid verstärkte nur seinen Griff, bis sie sich nicht mehr bewegen und kaum noch atmen konnte.
Sie hätte schreien können, doch welchen Sinn hätte das gehabt? Agatha oder Felix vermochten nichts gegen ihn auszurichten. Außerdem war sie sicher — jedenfalls ziemlich sicher -, dass Caid O'Neill ihr nur vor Augen führen wollte, wie angreifbar sie in diesem Stadthaus war. Wenn sie zugab, dass er Recht hatte, würde er sie wie versprochen loslassen. Doch etwas in ihr weigerte sich nachzugeben und ihm diese Genugtuung zu bereiten.
»Nennen Sie das beschützen?«, fragte sie spitz. »Davon halte ich nicht viel.«
»Ich nenne das Ihnen klarmachen, was passieren kann.«
»Woher wollen Sie wissen, dass mir das nicht bereits klar ist? So dumm bin ich nicht, glauben Sie mir.«
»Wie kann ich Ihnen das glauben, wenn Sie keine Vernunft annehmen wollen? Was muss denn noch geschehen, damit Sie endlich einsichtig werden?«
»Nichts kann mich umstimmen«, begann sie, doch er hörte ihr gar nicht zu. Bevor sie merkte, was er vorhatte, wirbelte er sie herum und drückte sie mit dem Rücken gegen die Wand. Er packte ihre Handgelenke und hielt sie auf Höhe ihres Gesichts fest, während die untere Hälfte seines Körpers sich so eng an sie drängte, dass sie sich hilflos wie ein aufgespießter Schmetterling vorkam. Dann senkte er den Kopf und presste nach kurzem Zögern seinen Mund auf den ihren.
Seine Lippen waren fest, warm und süß wie Honig. Sie forderten Unterwerfung und
Weitere Kostenlose Bücher