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Gefechte der Leidenschaft

Titel: Gefechte der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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was geschehen war, und würde sich denken können, dass sie sich Sorgen machte.
    Zu dumm, dass sie nicht einfach die kurze Strecke bis zur Passage de la Bourse gehen und an seine Tür klopfen konnte! Derlei Einschränkungen waren normalerweise schon ärgerlich genug, doch jetzt gingen sie ihr unerträglich auf die Nerven. Aber es konnte immerhin nicht schaden, dem starrköpfigen Fechtmeister eine Nachricht zu schicken. Solch eine Aufforderung konnte ein Gentleman einfach nicht ignorieren.
    Lisette saß an dem kleinen Sekretär in ihrem Salon, zerriss einen Briefbogen nach dem anderen und vergeudete Tinte, als der Tumult auf der Straße losging. Sofort legte sie die Feder hin, stand auf und ging zu einer der Balkontüren, die an dem milden Abend offen standen. Vorerst war nichts zu sehen, doch als sie die Straßenjungen schreien und zetern hörte, trat sie schnell auf den Balkon hinaus, blickte über die Brüstung und zog scharf die Luft ein.
    Unmittelbar unter ihr tanzte die ganze Bande um einen Herrn in Gehrock und Zylinder herum und machte Anstalten, sich mit schrillem Geschrei auf ihn zu stürzen. Der Mann hatte Squirrel beim Arm gepackt und versuchte ihn mit seinem Rohrstock zu verprügeln.
    Lisette geriet in hellen Zorn. Sie beugte sich über die
    Brüstung und rief in scharfem Befehlston: »Hören Sie damit auf, Monsieur, aber sofort!«
    Der Mann blickte hoch, ließ seinen Arm jedoch nicht sinken. Es war Edouard Sarne, der Fechtmeister, der auch auf der Soiree bei den Valliers gewesen war und sich kurz im Theater und in ihrem Salon gezeigt hatte. Sein Gesicht war vor wütender Entschlossenheit verzerrt. Immer wieder hob sich sein Stock und sauste dann pfeifend nieder.
    Squirrel duckte sich und hüpfte hin und her, um den Schlägen zu entgehen. Ein paar Mal gelang es ihm, doch nur allzu oft trafen sie ihn mit lautem Klatschen. Sein Gesicht war ganz weiß, seine Züge verkniffen und grimmig, doch er weinte nicht. Einige Männer und Frauen, die vorübergingen, drehten sich um und starrten auf die Szene und ein paar blieben stehen, griffen jedoch nicht ein.
    Lisette wirbelte herum und rannte durch den Salon und die Treppe hinunter. Am Ende der Kutschendurchfahrt riss sie die Pforte auf und stürzte hinaus auf die Straße. Ohne Zögern warf sie sich auf Sarne, umklammerte mit der einen Hand seinen Arm und riss mit der anderen an seinem Rock, wobei sie auch ein Stück Haut zu fassen bekam.
    Der Kopf des Fechtmeisters fuhr herum und seine Augen weiteten sich in zorniger Verblüffung. Squirrel starrte sie entgeistert an, die anderen Jungen verstummten.
    Da stand plötzlich eine große Gestalt neben ihr. Mit versteinerter Miene entwand Caid Sarnes Hand den Rohrstock. Dann nahm er Lisette beim Arm, löste ihre Hände von dem Angreifer und zog sie an seine Seite.
    Squirrel nutzte den Augenblick, als sich Sarne zu Caid umdrehte, um sich aus dem Griff des finsteren Fechtmeisters loszureißen und aus seiner Reichweite zu stolpern. Es wäre wahrscheinlich das Klügste gewesen sofort wegzulaufen, aber er tat es nicht. Er stand einfach da und blickte zwischen den beiden Männern hin und her.
    Die Füße fest aufgesetzt, die Schultern zurückgenommen standen sich die Männer gegenüber. Mit tödlicher Ruhe wechselten sie einige Worte, deren Sinn Lisette nicht ganz verstand. Dann zog Caid eine Karte aus seiner Westentasche und überreichte sie mit einer steifen Verbeugung. Mit einer knappen Kopfbewegung bedeutete er den Straßenjungen, ihm zu folgen, brachte Lisette zu ihrem Hauseingang und ging dann mit der ganzen Bande im Schlepptau davon.
    Lisette kehrte langsam in den Salon zurück. Lange blieb sie in der Tür stehen, ohne etwas zu sehen, und ließ sich noch einmal durch den Kopf gehen, was sie gerade erlebt hatte. Ein Gentleman schlug niemals einen anderen, außer wenn er in besonders scharfer Form provoziert wurde. Das vertrug sich einfach nicht mit den Verhaltensregeln. Ein leises Wort, eine überreichte Karte — und die Forderung war ausgesprochen. Die Sekundanten würden die Sache miteinander besprechen. Die Herren würden sich im Morgengrauen treffen.
    Caid wollte sich mit Edouard Sarne duellieren.
    Er war bereit, sich auf dem Feld der Ehre mit dem Mann zu messen, der Squirrel geschlagen hatte, aber er war nicht bereit, mit ihr auf der Straße zu sprechen oder in ihr Haus zu kommen, um sie zu trösten, mit ihr zu reden oder auch nur eine Erklärung abzugeben. Dies war anscheinend seine Art, sie zu beschützen. Wenn es

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