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Gefesselt in Seide: Roman (German Edition)

Gefesselt in Seide: Roman (German Edition)

Titel: Gefesselt in Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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hohe schwarze Stiefel an, und sein Haar war sandfarben. Er stand mit dem Rükken zu mir und nahm ein Ruder und mehrere Taurollen aus dem Laderaum des Wagens. Er ging zu einem der Ruderboote, die jetzt, bei Ebbe, auf dem Trockenen lagen, und zog es, nachdem er es losgemacht hatte, zum Wasser hinunter. Er stieß es hinaus, sprang hinten hinein und begann im Stehen mit dem Ruder zu staken. Als er weit genug vom Ufer entfernt war, setzte er sich und trieb das Boot mit routinierten Ruderschlägen auf den grünweißen Hummerkutter zu. Ich sah zu, wie er das Ruderboot an der Boje festmachte und mit seinen Taurollen zum Bug des größeren Boots hinaufsprang. Er ging auf dem schmalen Deck bis zum Cockpit, sprang hinunter und verschwand vorn in der kleinen Kabine. Wenig später erschien er wieder, ohne die Taurollen, und machte sich auf den Rückweg, vom Kutter zum Ruderboot und zurück zum Strand, wo er das Boot hoch hinaufzog bis zu dem Eisenring an der Uferlinie. Das kleine Boot kippte und blieb auf der Seite liegen. Mit dem Ruder kehrte er zu seinem Wagen zurück. Er blickte auf, sah mein Auto in der Einfahrt, überflog mit einem Blick das Haus, aber ich war ziemlich sicher, daß er mich nicht sehen konnte. Dann stieg er in seinen Pick-up, wendete und fuhr die Landzunge hinauf zur Straße.
    Auf einmal war es ganz still, die Landschaft schien völlig reglos. Das Wasser der Bucht war so glatt wie ein Teich. Der Wind hatte sich gelegt, es waren keine Möwen da. Drinnen war Grabesstille, nur einige Staubkörnchen tanzten in einem Lichtstrahl. Caroline war in meinen Armen eingeschlafen. Und noch während ich das Kind in den Armen hielt, erhob sich eine Welle von Furcht.
    Ich beschloß, das Haus sauberzumachen. Das würde mich stundenlang in Anspruch nehmen und die Furcht in Schach halten.
    In einem Besenschrank neben dem Heißwasserboiler fand ich alles, was ich brauchte – Besen, Schrubber, Staubtücher. Ich hatte am Morgen Scheuerpulver und Geschirrspülmittel gekauft. Das würde schon gehen.
    Ich arbeitete wie ein Pferd. Ich fegte sämtliche Böden, wischte die Wände ab, staubte die Möbelstücke ab, schrubbte Badewanne und Toilette im Badezimmer. In der Küche reinigte ich das Spülbecken und sämtliche Schränke und scheuerte den Linoleumboden mit heißem Wasser. Ich machte den Kühlschrank sauber, wischte die Regale.
    Solange Caroline schlief, ließ ich sie in ihrer Tragetasche, wenn sie erwachte, legte ich sie auf den Teppich, damit sie spielen konnte. Ab und zu machte ich Pause, um sie zu stillen. Einmal, als ich gerade dabei war, den Küchenboden zu putzen, sah ich, als ich den Kopf hob, daß sie auf allen vieren lag und versuchte, sich vorwärtszuschieben. Ich beobachtete ihre erste vorsichtige Kriechbewegung und wäre beinahe geplatzt vor Stolz. Ich sah mich um, als wäre jemand hier, dem ich von dieser Glanzleistung, diesem Meilenstein in ihrer Entwicklung erzählen könnte. Aber ich war allein. Es war niemand hier, der meine Tochter bewundern konnte. Ich ging zu ihr, nahm sie hoch und küßte sie. Lange Zeit hielt ich sie in den Armen.
    Als die Sonne untergegangen war, und es meiner Schätzung nach gegen sieben sein mußte, zog ich Caroline ihren Schlafanzug an und packte sie oben in ihr Kinderbett.
    Hungrig jetzt, machte ich mir meine erste richtige Mahlzeit in meinem neuen Haus – Suppe aus der Dose und einen Salat. Ich trank ein Bier, während ich das Essen machte, und ein zweites zum Essen am Tisch mit der grünweiß karierten Decke, die ich mit Schwamm und Spülmittel beinahe durchgescheuert hatte. Die Suppe schmeckte gut. Es erfüllte mich mit Genugtuung, vom Tisch aus meine blitzblanke Umgebung zu betrachten. Ich hatte das Gefühl, etwas geleistet zu haben.
    Nachdem ich gegessen und das Geschirr gespült hatte, beschloß ich, mich mit einem Bad zu belohnen. Ich ging ins Badezimmer. Die Wanne blitzte einladend. Ich ließ das Wasser sehr heiß einlaufen, kleidete mich aus und stieg dann vorsichtig in die Wanne. Das dampfende Wasser brannte zuerst auf meiner Haut, dann aber wirkte es beruhigend. Ich ließ mich nach rückwärts an den abgeflachten Rand sinken, ließ das Wasser über mir zusammenschlagen. Ich nahm Waschlappen und Seife und rieb behutsam meinen ganzen Körper ab. Ich wollte nach dem Bad so sauber sein wie mein kleines Haus.
    Mit rosiger Haut stieg ich schließlich aus der Wanne. Ich trocknete mich vorsichtig mit einem orangefarbenen Badetuch, das am Halter hing. Ich zog mein Nachthemd an und

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