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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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ich keinen richtigen Grund, hier einen Halt einzulegen«, fuhr Keith fort, »außer dass ein Freund von mir vor ein paar Jahren mal in Algonquin Bay gewesen ist und erzählt hat, dass es richtig gut war.«
    »Hat er dir denn keine Adressen von Leuten gegeben, bei denen du wohnen könntest? Oder wolltest du im Motel übernachten?«
    »Ich wollte eigentlich nachher im Birches absteigen. Der Taxifahrer hat mir gesagt, für den Preis wäre es ganz ordentlich.«
    Noch mehr Fragen. Über Toronto, die Kriminalität und die Filme, die dort gedreht wurden. Welche Rockbands waren gerade angesagt? Welche Clubs waren in? Wie kam er mit den Menschenmassen, der ständigen Hetze, den U-Bahnen zurecht? Und nocheinen Krug Bier, noch mehr Zigaretten. Es war genau diese Art von Geselligkeit, die Keith liebte und für die er so gern auf Reisen ging; die drei verstanden sich wirklich prächtig. Die ganze Zeit über schien Edie gespannt auf jedes Wort aus Erics Mund, und allmählich begriff Keith, was sie die ganze Zeit zeigte: Bewunderung.
    »Wir hatten immer schon mal vor, nach Toronto zu fahren«, sagte Edie irgendwann. »Aber das ist so teuer. Es ist wirklich unverschämt, was die Hotels dort verlangen.«
    »Kommt doch zu mir«, bot Keith an. »Ich denke, dass ich spätestens im August wieder dort bin. Ihr könnt bei mir wohnen. Ich zeige euch die Stadt. Mann, das wär doch was.«
    »Das ist wahnsinnig nett von dir …«
    »Also abgemacht. Gib mir mal was zu schreiben, dann gebe ich euch meine Adresse.«
    Eric, der fast die ganze Zeit über regungslos dagesessen hatte, holte einen kleinen Notizblock aus der Tasche und reichte ihm einen Kugelschreiber.
    Während Keith seine Adresse, seine Telefonnummer und seine E-Mail-Adresse niederschrieb, und was ihm sonst noch einfiel, unterhielten sich Edie und Eric im Flüsterton miteinander. Er riss das Blatt aus dem Heft und gab es Eric. Der las es aufmerksam durch, ehe er es in seine Hosentasche steckte. Dann schlug Edie mit fester Stimme vor: »Wir haben ein Zimmer für dich. Komm doch mit zu uns.«
    »Oh, ich war aber wirklich nicht auf eine kostenlose Bleibe für die Nacht aus.«
    »Nein, schon klar.«
    »Das ist echt nett von euch. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich will mich nicht aufdrängen. Macht es euch auch wirklich keine Umstände? Macht ihr das nicht bloß aus Höflichkeit?«
    »Wir wissen gar nicht, was Höflichkeit ist«, sagte Eric, ohne von seinem Bier aufzublicken. »Wir sind nie höflich.«
    Und Edie sagte: »Weißt du, Keith, man verfällt hier leicht ineinen Trott. Für uns wäre es eine willkommene Abwechslung, dich bei uns zu haben. Du würdest uns einen Gefallen tun. Es ist einfach interessant, deine Ansichten über Land und Leute zu hören.«
    »Faszinierend«, setzte Eric hinzu, »wirklich erfrischend.«
    »Du scheinst einen besonderen Blick für Menschen zu haben, Keith. Vielleicht, weil du so viel reist. Oder ist das bei dir angeboren?«
    »Nee, nicht angeboren«, dementierte Keith mit lehrerhaft erhobenem Zeigefinger. Junge, nun kam er erst richtig in Fahrt. Er erzählte, was für ein Kindskopf er früher gewesen war und dass es nicht so sehr das Reisen als vielmehr seine Erfahrungen mit Mädchen, Lehrern und Klassenkameraden von der Highschool gewesen waren, die ihm zur Selbsterkenntnis verholfen hatten. Erfahrung eben. Und wenn man sich selbst kenne, so dozierte er, kenne man auch seine Mitmenschen.
    Plötzlich beugte sich Eric vor. Nach der Regungslosigkeit, die er die ganze Zeit über gezeigt hatte, wirkte das geradezu dramatisch. »Du hast etwas von einem Künstler«, behauptete er. »Ich denke schon die ganze Zeit, dass du ein Künstler sein musst.«
    »Da liegst du nicht ganz falsch, Eric. Ich bin Musiker – kein Profimusiker, aber ich spiele nicht schlecht.«
    »Musiker. Was sonst. Und ich wette, du spielst Gitarre.«
    Keith hielt mit dem Bierkrug in halber Höhe inne. Dann setzte er ihn langsam wieder auf den Tisch, als ob es sich um ein besonders zerbrechliches Gefäß handelte. »Woher weißt du, dass ich Gitarre spiele?«
    Eric schenkte Keith nach. »Deine Fingernägel. An der rechten Hand sind sie lang, an der linken kurz.«
    »Mein Gott, Edie. Du bist ja mit einem Sherlock Holmes verheiratet.« Waren die beiden überhaupt verheiratet? Er erinnerte sich nicht mehr, ob sie es ihm gesagt hatten oder nicht.
    »Zufällig habe ich das Equipment für Aufnahmen«, sagte Eric ruhig. »Wenn du so gut bist, wie ich vermute, könnten wir einTape machen.

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