Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefuehlsecht

Gefuehlsecht

Titel: Gefuehlsecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
Vom Netzwerk:
sie niemals an meine Brust fassen lassen.«
    Nun, jetzt sieht man wenigstens optisch, dass wir zu einer Familie gehören. Ich leuchte genauso rot wie meine kleine Schwester.
    Jetzt kann Maja, die bisher geschwiegen hat, nicht mehr an sich halten. Wie immer muss sie noch einen draufsetzen: »Wie? Du hast Uschi an die Brust gefasst? Davon hast du mir gar nichts erzählt!«
    Wütend blitze ich Maja an und sage zu Uschi: »Maja ist meine beste Freundin. Aber wir haben keinen Sex. Zumindest nicht miteinander.«
    Jetzt ist Uschi sprachlos. Was für ein Abend! Ich glaube, das Pettycoat könnte sich zu meiner neuen Lieblingskneipe entwickeln. Natürlich vom La Luna mal ganz abgesehen.
    Irgendwie ist das Ganze auch sehr rührend. Marie ist ernsthaft verliebt. So habe ich sie noch nie gesehen. Wie ein kleines Kind! Ich bin sichtlich bewegt. Aber sie tut mir jetzt schon leid. Irgendwann wird sie es Mutti erzählen müssen. Und zwar bevor sie es von jemand anderem erfährt. Also ich werde schweigen wie ein Grab, ist ja klar. Die Lottofee spiele ich wie gesagt gerne, aber wenn Mutti erfährt, dass Marie auf Frauen steht, dann wäre das für sie, wie wenn alle ihre sechs getippten Zahlen gezogen werden würden und sie vergessen hat, den Schein abzugeben. Und das werde ich ihr ganz bestimmt nicht beibringen!
     
    Wir verbringen noch eine gute Stunde gemeinsam im Pettycoat . Ich erfahre, dass Marie ihre erste sexuelle Erfahrung bereits mit fünfzehn gemacht hat. Mit einem Mädchen. Und zwar in genau jener Nacht, als die beiden gemeinsam ins Schwimmbad eingebrochen sind. Ich habe damals also wirklich einiges verpasst.
    Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis ich mich einigermaßen an den Anblick von Marie und Uschi gewöhnt habe. Aber ich kann es nur wiederholen, Marie sieht wirklich absolut glücklich aus. Sie ist rasend verliebt. Mich interessiert brennend, wie das so ist mit einer Frau, aber ich traue mich nicht zu fragen, zumindest nicht jetzt vor versammeltem Publikum. Aber Marie läuft ja nicht weg.
    Wir lachen viel, haben eine ganze Menge Spaß zusammen. Uschi ist witzig und fast so schlagfertig wie Maja. Gackernd verlassen wir das Pettycoat . Es hat ein wenig angefangen zu schneien. Wir stehen auf der Straße und warten auf ein Taxi. Vielleicht kommt ja zufällig wieder derselbe Taxifahrer vorbei? Der würde garantiert Augen machen.
    Auf der anderen Seite geht ein blonder Mann in einem grauen Mantel die Straße entlang.
    »He, so alleine, schöner Mann?«, ruft ihm Maja ausgelassen hinterher.
    Der Mantel kommt mir irgendwie bekannt vor. Das ist doch Jürgen! Was macht der denn hier? Ich will mich noch schnell hinter Uschi verstecken, aber es ist zu spät. Jürgen hat Majas Stimme erkannt und mich längst entdeckt.
    Er kommt zu uns herüber und stellt sich direkt vor mich hin, die Hände in den Manteltaschen vergraben. He, warum lächelt er nicht wenigstens?
    »Hallo, Jürgen!« Ich weiß nicht, wie ich ihn nach unserer unglücklichen Begegnung gestern begrüßen soll. Ein Küsschen oder eine Umarmung fällt wohl flach. Auch er steht einfach nur stocksteif da und macht keine Anstalten, mich in den Arm zu nehmen. Komisch, erst hören wir tagelang nichts voneinander und jetzt sehe ich ihn gleich zweimal hintereinander.
    Maja erkennt sofort, dass hier irgendwas gewaltig querläuft, und versucht, die Situation mit gepflegter Konversation zu überspielen. »Na, das ist ja mal’ne Überraschung! Hallo, Jürgen, was treibst du dich denn zu so später Stunde hier herum?«
    »Hallo, Maja. Ich war mit einem Kollegen unterwegs.«
    Hier? Mit einem Kollegen? Hier gibt es weit und breit nichts außer dem Pettycoat . Und da war Jürgen nicht, das können wir alle bezeugen. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es Jürgen mehr als unangenehm ist, mich hier getroffen zu haben. Aber auch ich fühle mich unwohl, also ist das vielleicht ganz normal. Da kommt ein Taxi um die Ecke gefahren, hält auf unserer Höhe an. Es ist wirklich derselbe Taxifahrer wie vorhin.
    »Na, Zuwachs bekommen?«, sagt er grinsend.
    Ich gucke Jürgen an. Irgendwie warte ich noch auf ein Zeichen von ihm. Irgendwas Nettes. Meine Hand will ihn berühren, irgendwo. Wo ist nur unsere Vertrautheit hin? Da sagt Jürgen:
    »Babsi, ich bin fürchterlich müde. Außerdem wartet euer Taxi. Ich melde mich morgen bei dir, okay?«
    Uschi ist die Erste, die ihre Sprache wiederfindet. Sie sitzt bereits mit Maja und Marie hinten auf der Rückbank. Ich lasse mich auf den

Weitere Kostenlose Bücher