Gefürchtet
ich die gesplitterten Stümpfe in meinem Mund spürte.
Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt hatte, ging ich alle Posten einzeln durch. Einer der Käufe in Beverly Hills war bei einem Herrenausstatter getätigt worden, der andere in einer Damenboutique. Mir stieg das Blut in den Kopf. Ich griff zum Telefon und rief bei den Geschäften an, die mir meinen Verdacht bestätigten.
Ein maßgeschneiderter Herrenanzug in Anthrazitgrau für junge Herren, die reifer wirken wollten. Und ein Kasja-Benko-Kleid, das die Naturgesetze herausforderte. Das waren die Outfits, in denen PJ und Sinsa zur Hochzeit erschienen waren.
Der erste Beweis für eine Verbindung zwischen Sinsa und dem Identitätsbetrug. Sie konnte sich natürlich damit herausreden, dass PJ das Kleid für sie gekauft hatte. Ich musste daran denken, wie liebevoll sie auf der Hochzeit mit PJ umgegangen war. Vielleicht weil er sich ihr gegenüber endlich großzügig zeigen konnte. Aber ich hatte meine Zweifel daran, dass PJ allein hinter dem Betrug steckte. Während ich die neuen Kreditkartenbelastungen inspizierte, spürte ich einen nagenden Zweifel im Hinterkopf.
Schließlich kam mir die Erleuchtung. Ich schnappte mir die Karte, die bei den Blumen gewesen war, vom Esstisch. Bloomsberry.
Und ich hatte ihm auch noch einen Dankesgruß geschickt. Wieder am Computer studierte ich die aufgeführten Ausgaben eingehend. Tropical Holidays World Travel. War PJ in letzter Zeit verreist gewesen? Ich hatte keine Ahnung. Je länger ich auf den Bildschirm starrte, desto mulmiger wurde mir. Ich konnte nur hoffen, dass ich mich irrte.
Aber als ich bei Coast Medical anrief, bestätigte sich mein Verdacht. Ich griff nach meinen Autoschlüsseln.
PJs Mitbewohner hatte nicht damit gerechnet, dass ich die Wohnungstür mit dem Fuß auftreten würde, gerade als er sie mir vor der Nase zuschlagen wollte. Ehrlich gesagt, ich auch nicht. Verblüfft wich er zurück. Ich rückte sofort nach.
»Wo ist er, hab ich gefragt?«
»Weiß ich echt nicht.«
Ich schnappte mir die Wasserpfeife vom Couchtisch, in deren Behälter eine stinkende Flüssigkeit schwappte.
»Wenn du nicht sofort redest, kippe ich dir die Brühe über den Kopf.«
Er wich immer weiter zurück. »Ist ja gut. In irgendeinem Nobelrestaurant.«
»In welchem? Denk nach. Und zwar schnell.«
Das Piercing in sei ner Unterlippe zitterte. Dann hatte er einen Geistesblitz. »Er hat angerufen, um die Reservierung zu bestätigen.« Er deutete auf das Telefon auf der Küchentheke. »Probier’s mit der Wahlwiederholung.«
Was war ich doch überrascht, als sich der Maître d’Hôtel der San Ysidro Ranch meldete. Für PJ war offenbar nur noch das Beste gut genug. Und vermutlich bezahlte er mit ei ner Evan-Delaney-Kreditkarte.
»Ich möchte eine Reservierung bestätigen«, sagte ich. »Auf den Namen Blackburn.«
»Ein Tisch für zwei? Ja, für ein Uhr«, erwiderte er.
Ich legte auf, stöpselte das Telefonkabel aus und stopfte es in meine Handtasche.
»He«, protestierte der Mitbewohner.
»PJ darf beim Essen nicht gestört werden«, erklärte ich.
Zumindest nicht von seinem Mitbewohner.
Die San Ysidro Ranch liegt in den grü nen Hügeln von Montecito. Schon als ich vorfuhr, wurde mir klar, dass ich völlig falsch angezogen war. Jeans, Cowboystiefel und ein altes Jeanshemd, das ich mir von Jesse geliehen hatte: Jippie!
Aber auf dieser Ranch wird schon seit Ende des 19. Jahrhunderts kein Vieh mehr gezüchtet, stattdessen geben sich
Promi nente und Entscheidungsträger die Klinke in die Hand. Hier haben Vivien Leigh und Laurence Olivier gehei ratet und JFK und Jackie ihre Flitterwochen verbracht. Die Gäste können sich auf Foie gras und Ayurveda-Massagen freuen. Das Stonehouse Restau rant gilt als ei nes der besten Kali forniens. Das Lokal hat Klasse. Deswegen ließ sich die Hostess auch nichts anmerken, obwohl ich aussah wie eine Statistin aus ei nem John-Ford-Western, als ich mit zerschlagenem Gesicht und dem Arm in der Schlinge hereinspazierte.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
»Ich bin mit Mr. Blackburn verabredet.«
Mitleidiges Verständnis lag in ihrem Blick, als sie mich ins Restaurant führte.
Am anderen Ende des überfüllten Raumes saß PJ an einem Ecktisch am Fenster mit dem Rücken zu mir. Sykomoren beschatteten die Landschaft draußen. Die junge Frau ihm gegenüber kannte ich nicht. Sie besaß einen kräftigen Knochenbau, Engelslocken und munter funkelnde Augen. Dafür erkannte ich den
Weitere Kostenlose Bücher