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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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Er schien
aber nicht beleidigt. Die Art und Weise, wie er daraufhin Blumberg bedroht hatte,
mit teilweise authentischen Parolen aus dem Ersten Weltkrieg, legte nahe, dass
er sich hervorragend amüsiert hatte.

    Â»In Ordnung. Ja, vielleicht ein andermal«, sagte Blumberg
und beendete das Gespräch. Seine Schritte hatten erheblich an Elan eingebüßt,
als er wieder zu uns kam.

    Â»Schlechte Nachrichten?«, fragte ich.

    Â»Ja. Aber eigentlich auch wieder nicht. So kann ich umso
mehr schreiben.«

    Ich glaubte ihm, dass er den frei gewordenen Abend zum
Schreiben nutzen würde. Ich dachte an Dr. Klein und fragte mich, was er wohl
dazu sagen würde. Es schien mir aber auch ohne Konsultation ziemlich sicher,
dass Marcel Blumberg einige Verhaltensweisen pflegte, die nicht gesundheitsfördernd
waren.

    Ich tauschte einen Blick mit Nina. Sie hatte offenbar ebenfalls
keine neuen Erkenntnisse aus dem Ordner gewonnen.

    Nina zückte ihren Stick und Blumberg spielte, ohne zu
zögern, seine gesamten E-Mails darauf.

    Â»Ich hoffe nur, Sie geben die nicht weiter«, sagte er mit
einem bemühten Augenzwinkern. »Das könnte den Ausgang der Deutschen
Meisterschaft beeinflussen.«

    Und erst bei diesem Kommentar wurde mir bewusst, dass
wahrscheinlich alle Spieler ihre Daten mit einem gewissen Unbehagen
preisgegeben hatten. Umso mehr konnte man vielleicht aus ihrer Hilfsbereitschaft
darauf schließen, dass sie nichts zu verbergen hatten.

    Â»Wie werden Sie weiterspielen?«, fragte ich.

    Â»Im Detail kann ich das noch nicht sagen, dafür ist zu
viel in Bewegung. Erst werde ich die britische Insel besetzen. Dann vermutlich
Frankreich angreifen. Österreich wird ziemlich stark werden, ich muss also
immer auf der Hut sein vor einem österreichisch-russischen Bündnis. Deutschland
zu spielen, kann ziemlich kompliziert werden.«

    Â»Vergleichbar mit Österreich?«

    Â»Absolut. Ein kleiner Vorteil besteht gegenüber Österreich.
Deutschland ist meistens zu Beginn als Verbündeter gefragt. Gegen England,
gegen Frankreich. Mit Österreich kann es passieren, dass sich gleich im ersten
Zug alle gegen einen wenden.«

    Â»Das ist dann wohl persönliches Pech.«

    Blumberg sagte ruhig und vollkommen ernst: »Bei Dominanz spielt weder Glück noch Pech
eine Rolle, Herr Wegener. Ein wirklich starker Spieler führt auch Deutschland
oder Österreich zum Sieg.«

    Dieses Statement kam mir bekannt vor. Ich stimmte ihm
immer noch nicht zu. Niemand konnte – und dazu noch per E-Mail – einen anderen
so genau einschätzen, wie es nötig gewesen wäre, um den Zufall in Dominanz auszuschalten.

    Â»Meinen Sie, Sie können die Partie für sich entscheiden?«

    Â»Wir haben erst drei Züge abgegeben. Es ist noch zu früh
für Prognosen. Sogar über England oder die Türkei. Totgesagte leben länger,
auch bei Dominanz. Aber ich bin mit
meinem Start bei dieser Partie sehr zufrieden.«

    Ich rätselte, ob Marcel Blumberg wirklich so war oder ob
er nur den distanziert unterkühlten Herrscher mit Understatement gab. Sicher
war ich mir darin, dass Deutschland überhaupt nicht besser in eine Partie
starten konnte, als er es gemacht hatte.

    Dann kam mir eine Idee. »Haben Sie schon mal darüber nachgedacht,
ein Buch über Dominanz zu schreiben?«

    Er verkrampfte bei meiner Frage, als hätte ich ihn körperlich
angegriffen. »Wie meinen Sie das? Strategische Ratgeber gibt es schon recht
viele. Sogar eine eigene Zeitschrift.«

    Das war mir neu, aber es überraschte mich nicht. »Nein,
einen Roman meine ich.«

    Doch Blumberg winkte nur müde ab. »Am Ende noch einen
Krimi, was? Das will doch kein Mensch lesen.«

    Â»Ich dachte nur, Sie wären dafür bestimmt prädestiniert.«

    Â»Ja, sicher«, sagte er gedehnt. Er schien resistent gegen
Anregungen oder neue Ideen.

    Blumberg wartete mit demselben Alibi auf wie die meisten
anderen Personen. Er war zu Hause gewesen, als Tobias ermordet wurde, hatte an
seinem Manuskript gearbeitet und ein paar E-Mails verschickt. Wir bedankten
uns, dann überließen wir ihn seinem Archiv voller Erinnerungen.

    Â 
    Â»Bei dem scheint nicht besonders viel glatt zu laufen«,
sagte Nina, als wir im Fahrstuhl nach unten fuhren.

    Â»Bis auf seine aktuelle Partie Dominanz «, sagte ich.

    Â»Ja, da ist er gut dabei. Nur kann man davon nicht leben.«

    Für

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