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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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Trippers : Da waren Geschäftsleute und junge, aufstrebende Politiker, einer der Letztgenannten war der frisch gewählte Generalsekretär seiner Partei. Da waren angehende Diplomaten, und da stand so mancher Jüngling, dessen größtes Verdienst darin bestand, der Sohn eines Herrn Direktor oder sogar Konzernchefs zu sein. Da waren Stewardessen und Mannequins, eins hübscher und langbeiniger als das andere. Da waren zwei Modeschöpferinnen, da waren erfolgreiche Schauspielerinnen, da waren Schulmädchen, die jüngere Schwestern irgendwelcher männlichen Gäste waren, und da war die Sängerin Marica, die Kult war und in neun verschiedenen Sprachen sang. Da waren junge Zeitungsmacher, die für Erneuerung und Offenheit standen, da waren einige der Männer, die die Lappo-Oper aufgeführt hatten, und sogar ein bärtiger Schriftsteller, der kürzlich bei Präsident Kekkonen in die Sauna gegangen war, ein Ereignis, das der Autor nicht für sich behielt. In einem der Zimmer saß eine Clique von Jazzmusikern und stritt sich über John Coltrane, in einem anderen Zimmer stolzierte eine Traube von Teenagerinnen vor einigen Popredakteuren der Magazine Stump und Suosikki , und in einer Ecke der Küche stand der Fotograf Sam Karnow, hielt Hof und trug denselben straffen schwarzen Teryleneanzug wie zuletzt.
    »Ich gehe Stenka suchen«, sagte Adriana und war im nächsten Moment verschwunden. Jouni und Ariel blieben in der Zimmerecke stehen, in der sie sich verschanzt hatten. Beide waren eingeschüchtert. Ariel konnte seine Unsicherheit nicht verbergen, sein Elfengesicht war völlig offen und drückte Sorge, sogar Angst aus. Jouni verbarg seine Gefühle desto besser. Er verschränkte die Arme auf dem Rücken und lehnte sich nonchalant gegen das Fensterbrett, an dem er stand: Er war einer der größten Männer in der ganzen Wohnung, und das wusste er.
    »Hast du gesehen, dass Karjagin von Instinct hier ist?«, sagte er zu Ariel und fuhr aus dem Mundwinkel fort: »Bescheuerte Koteletten hat er sich wachsen lassen. Es sieht aus, als hätte er auf jeder Wange eine Möse. Und als Sänger macht er auch nicht viel her.«
    »K-Karjagin ist nicht schlecht«, widersprach Ariel, »als Bluessänger ist er echt gut.« Er sah Jouni an und ergänzte: »Ich habe auch schon über Koteletten nachgedacht.«
    »Warum, zum Teufel?«, fragte Jouni. »Das macht einen doch hässlich wie die Nacht.«
    »Und vielleicht einen größeren Bart«, murmelte Ariel. Jounis Kommentar schien er nicht gehört zu haben. »Ich habe es satt, dass die Leute mich hinter meinem Rücken sch-schwul und Troll nennen.«
    Jouni blieb für Sekunden die Sprache weg, dann sagte er: »Mir war nicht klar, dass du das weißt.«
    Ariel zuckte mit den Schultern und lächelte schief. »Natürlich weiß ich das«, sagte er traurig. »Ich bin ja nicht blöd.«
    Ihr Gespräch wurde von Adriana unterbrochen, die ohne Begleitung zurückkehrte.
    »Hast du Stenka nicht gefunden?«, erkundigte sich Jouni.
    »Doch«, antwortete Adriana. »Aber er unterhielt sich gerade mit Jörn Donner und Lenita, da wollte ich nicht stören.«
    Ariel sah Adriana an und schien verwirrt. »Welcher Donner? Welche Lenita?«, erkundigte er sich.
    »Macht er Witze?« Adriana sah Jouni an.
    »Nee, macht er nicht«, antwortete Jouni. »Er weiß nicht, wer die sind, jedenfalls im Moment nicht.«
    »Mein armer kleiner Ari«, sagte Adriana bekümmert, »für dich zählen nur Musiker.« Dann fiel ihr Sam Karnow ins Auge, der seinen Hofstaat verlassen hatte, in der Küchentür stand und den Blick über den Raum schweifen ließ. »Seht mal, da ist ja Sam!«, rief sie, hob die Arme und winkte eifrig. »Sam! SAM !« Als Karnow Adriana sah, verzog sich sein Gesicht zu einem gutmütigen Lächeln. Adriana erwiderte sein Lächeln mit einer Kusshand. Jouni sah, dass sie ganz in ihrem Element war. Adriana war verrückt nach Partys, sie liebte es, unter Menschen zu sein. Je größer die Fete, desto glücklicher war sie. Und je informeller und chaotischer die Stimmung wurde, desto geschmeidiger bewegte sie sich von Raum zu Raum, von Gruppe zu Gruppe, sie bewegte sich in einer Art Gleitflug durch alles, weltgewandt und sicher wie ein schöner Vogel in einem nächtlichen, allein für sie erschaffenen Zauberwald. Gleichzeitig: all das Unschuldige in Adriana, die Zärtlichkeit, das Vertrauen, die direkten Worte. Und die Unsicherheit, die aufflackerte, der dunkle Schmetterling, der in ihr flatterte, ihre Augen dann: schwarz, gequält. Adriana

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