Geheime Spiel
nicht, das ist ein bisschen übertrieben?«, entgegnete Teddy, und Hannah empfand eine Welle der Zuneigung für ihn. »Mr Hunter ist doch ein harmloser Bursche. Ein Bohemien, sicher, aber doch harmlos. Wenn
er seine Besuche ankündigt, werden die Bediensteten sicherlich …«
»Es gibt noch einige andere Umstände, die wir berücksichtigen müssen«, fuhr Deborah gereizt fort. »Wir wollen doch nicht riskieren, dass irgendjemand falsche Schlüsse zieht, oder, Teddy?«
»Falsche Schlüsse?« Teddy runzelte die Stirn. Dann musste er lachen. »Gott, Deb, du glaubst doch nicht im Ernst, irgendeiner könnte auf die Idee kommen, Hannah und Mr Hunter … Dass meine Frau mit einem Kerl wie dem …?«
Hannah senkte die Lider.
»Selbstverständlich nicht«, erwiderte Deborah spitz. »Aber die Leute reden gern, und Klatsch ist schlecht fürs Geschäft. Und für die Politik.«
»Politik?«, fragte Teddy.
»Mutter sagt, du willst es noch einmal versuchen«, antwortete Deborah. »Wie sollen die Leute dir zutrauen, dass du deinen Wahlkreis unter Kontrolle hast, wenn du nicht mal deine eigene Frau unter Kontrolle hast?« Triumphierend schob sie sich ein Stück Fisch in den Mund, wobei sie sorgfältig darauf achtete, ihre geschminkten Mundwinkel nicht zu berühren.
Teddy machte ein besorgtes Gesicht. »Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.«
»Und das solltest du auch nicht«, sagte Hannah leise. »Mr Hunter war der beste Freund meines Bruders. Er kommt zu Besuch, um mit mir über meinen Bruder zu sprechen.«
»Das weiß ich doch, meine Liebe«, erwiderte Teddy mit einem bedauernden Lächeln. Er zuckte hilflos mit den Schultern. »Aber Deb hat recht. Das verstehst du doch, oder? Wir können nicht riskieren, dass die Leute auf falsche Gedanken kommen.«
Danach hing Deborah an Hannah wie eine Klette. Sie wollte sich vergewissern, dass Robbie die Quittung dafür bekam, dass er sie so schnöde hatte abblitzen lassen. Und so saß sie wieder mit Hannah auf dem Sofa im Wintergarten, als Robbie das nächste Mal zu Besuch kam.
»Guten Morgen, Mr Hunter«, sagte sie mit einem breiten Lächeln, während sie ihre silbergraue Katze Bunty streichelte. »Wie schön, Sie zu sehen. Ich hoffe, es geht Ihnen gut?«
Robbie nickte. »Und Ihnen?«
»Oh, ich bin in Topform«, sagte Deborah.
Robbie lächelte Hannah an. »Wie hat es Ihnen gefallen? «
Hannah presste die Lippen zusammen. Das Leseexemplar von T.S. Eliots Das wüste Land lag neben ihr. Sie reichte ihm das Buch. »Sehr gut, Mr Hunter. Es hat mich tief berührt.«
Er lächelte. »Ich wusste, dass es das tun würde.«
Hannah warf einen Blick zu Deborah hinüber, die sie mit geweiteten Augen durchdringend anfunkelte. »Mr Hunter«, sagte Hannah und biss sich auf die Unterlippe. »Es gibt etwas, das ich mit Ihnen besprechen muss.« Sie deutete auf Teddys Sessel.
Robbie setzte sich und schaute sie aus seinen dunklen Augen an.
»Mein Mann«, setzte Hannah an, wusste jedoch nicht, wie sie es formulieren sollte. »Mein Mann …«
Sie drehte sich zu Deborah um, die sich räusperte und so tat, als sei sie mit dem Fell ihrer Katze beschäftigt. Eine Weile sah Hannah ihr zu, wie gebannt von Deborahs langen, dünnen Fingern, ihren lackierten Nägeln …
Robbie folgte ihrem Blick. »Ihr Mann, Mrs Luxton?«
Leise antwortete Hannah: »Mein Mann würde es begrüßen, wenn Sie uns nicht mehr ohne triftigen Anlass besuchen würden.«
Deborah schob Bunty von ihrem Schoß und klopfte ihr Kleid ab. »Das werden Sie doch hoffentlich verstehen, nicht wahr, Mr Hunter?«
In dem Augenblick kam Boyle mit dem Teetablett. Er stellte es auf dem Tisch ab, nickte Deborah zu und zog sich wieder zurück.
»Sie bleiben doch zum Tee, nicht wahr?«, gurrte sie mit einer falschen Liebenswürdigkeit, die Hannah einen Schauer über den Rücken jagte. »Ein letztes Mal?« Sie schenkte Tee ein und reichte Robbie eine Tasse.
Unter Deborahs Regie führten sie ein stockendes Gespräch über den Zusammenbruch der Regierungskoalition und das Attentat auf Michael Collins. Hannah hörte kaum zu. Sie wollte nur ein paar Minuten allein sein mit Robbie, um die Situation zu erklären. Und wusste gleichzeitig, dass Deborah das auf jeden Fall verhindern würde.
Während sie sich fragte, ob sie je wieder eine Gelegenheit haben würde, sich mit Robbie zu unterhalten, und ihr bewusst wurde, wie überaus wichtig ihr seine Gesellschaft geworden war, flog die Tür auf, und Emmeline, die gerade von einem Mittagessen mit ihren
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