Geheimnis Um Mitternacht
gewesen, die diese Dinge zum Juwelier oder Silberschmied gebracht hatte. Von allen Menschen auf der Welt war es Maisie, die sie am besten kannte und der sie am meisten vertraute. Nur wenige Jahre älter als Francesca, war sie seit ihrer Hochzeit mit Lord Haughston ihre Zofe und mit ihr durch alle Höhen und Tiefen gegangen. Maisie war die Einzige, die Francesca nie geraten hatte, ihre jetzige Situation zu verbessern, indem sie endlich den Antrag eines ihrer zahlreichen Verehrer annahm.
In den letzten Jahren hatte Francesca sich sehr geschickt damit finanziert, junge Mädchen in die Gesellschaft einzuführen und ihnen zu helfen, einen Ehemann zu finden. Mit der harten Realität konfrontiert, dass sie bald keine Gegenstände mehr zum Verkaufen oder Versetzen haben würde und es außer Heirat oder Prostitution kaum eine andere Möglichkeit für eine Frau wie sie gab, ihren Unterhalt zu verdienen, hatte sie sich hingesetzt und überlegt, was sie konnte. Und es gab eine Sache, in der sie wirklich Expertin war: Männer zu Verehrern zu machen.
Sie hatte einige natürliche Vorteile in dieser Beziehung. Ihre Figur, schlank und elegant, ihr Haar goldblond und die großen Augen von einem strahlenden dunklen Blau. Aber es hatte immer sehr viel mehr hinter Francescas Erfolg in der Welt der guten Gesellschaft gesteckt als nur ihre körperlichen Attribute. Genau wie die lange und angesehene Ahnenlinie ihrer Familie ihr zwar einen Platz in der obersten Schicht der Gesellschaft garantierte, sie aber nicht zu einer tonangebenden Person machte, so war auch ihr Aussehen nur ein Teil ihrer Anziehungskraft.
Francesca hatte Stil. Sie hatte Persönlichkeit. Sie wusste, wie sie lächeln musste, um ein Grübchen in ihrer Wange aufblitzen zu lassen, wie man einem Mann über den Rand eines Fächers zublinzelte, sodass sich sein Herzschlag beschleunigte, oder ihm auf eine Art in die Augen sah, die selbst das härteste Herz zum Schmelzen brachte. Sie konnte sich über fast jedes Thema angeregt und geistreich unterhalten und ein Lächeln auf fast alle Lippen zaubern.
Sie wusste bei jeder Gelegenheit, wie man sich kleidete, und hatte, was noch wichtiger war, ein untrügliches Gespür für Farben und Schnitte, das sie fast nie im Stich ließ. Gesellschaftliche Anlässe waren ihr natürlicher Lebensraum, und sie veranstaltete nicht nur unvergessliche Feste, sondern konnte selbst der langweiligsten Feier Leben einhauchen.
Ihr ganzes Leben lang hatte sie ihre Freundinnen in Fragen des Stils und guten Geschmacks beraten. Als sie die Tochter eines der Verwandten ihres verstorbenen Mannes durch die trügerischen gesellschaftlichen Wasser einer Saison leitete und von den dankbaren Eltern mit dem Geschenk eines großen Tafelaufsatzes belohnt wurde, hatte sie endlich eine Möglichkeit gefunden, ihren Lebensstil beizubehalten - ohne den Anschein zu erwecken, sie würde sich mit dem Objekt des größten Schreckens eines jeden englischen Aristokraten auseinandersetzen: bezahlter Arbeit.
Sie hatte den silbernen Tafelaufsatz versetzt und damit ihre Dienerschaft und viele ihrer Haushaltsrechnungen bezahlt. Dann hatte sie sich daran gemacht, wie zufällig das Gespräch mit Müttern von Töchtern im heiratsfähigen Alter zu suchen, vor allem solchen, deren Töchter nicht gut angekommen waren. Ein Vorschlag hier, ein Angebot dort, und schnell hatte sie einen ständigen Strom junger Mädchen, denen sie half, in der Gesellschaft Fuß zu fassen und einen geeigneten Ehemann zu finden.
Ihr letztes Projekt war das Ergebnis einer Wette mit dem Duke of Rochford gewesen. Der Duke hatte ihr ein Armband versprochen, wenn sie ihn bei einem Besuch bei seiner Furcht einflößenden Großtante Odelia begleiten würde. Es war absurd gewesen, und sie hatte nur zugestimmt, weil er sie über alle Maßen gereizt hatte. Doch zu Francescas Überraschung hatte die ganze Sache dazu geführt, dass ihr Bruder sich in Miss Constance Woodley verliebt und sie geheiratet hatte. Das war kaum das gewesen, was ihr vorgeschwebt hatte, aber am Ende hatte es sich als etwas viel Besseres herausgestellt.
Zudem hatte der Duke ihr tatsächlich ein Armband geschenkt - einen Reif aus perfekten tiefblauen Saphiren, die mit glitzernden Diamanten verbunden waren. Der Armreif lag im untersten Fkch ihrer Schmuckschatulle, neben einem Paar Saphir-Ohrringen, die ihr vor langer Zeit geschenkt worden waren und die sie nie verkauft hatte.
Jetzt sah sie zu ihrer Zofe hoch, die sie gespannt beobachtete.
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