Geheimnisse einer Sommernacht
Arm genommen und sie, begleitet vom Applaus der lachenden Gäste, aus dem Raum getragen. Auf dem Weg nach draußen waren sie dem Diener begegnet, der die Flasche Champagner brachte. „Die nehmen wir mit“, hatte Simon gesagt, und der verblüffte Diener hatte Annabelle die eisgekühlte Flasche gereicht. Einen Arm hatte sie um seinen Nacken gelegt und mit der anderen die Flasche gehalten, während er seine Frau zur Kusche getragen hatte. „Wenn das so weitergeht, wirst du mich noch ein Vermögen an Schuhwerk kosten“, hatte er gesagt.
Ihre Augen hatten spitzbübisch gestrahlt. „Ich habe noch mehr Schuhe im Hotel. Willst du den Champagner daraus trinken?“, hatte sie ihn geneckt.
„Nein, mein Liebes. Den trinke ich aus dir.“
Erst hatte sie ihn verständnislos angesehen. Als es ihr dann aber dämmerte, hatte sie ihr Gesicht an seine Schulter gedrückt und ihre Ohren waren blutrot geworden.
Während Simon sich an die folgenden glücklichen Stunden erinnerte, schaute er auf die Frau, die er im Arm hielt.
Das flackernde Licht der acht Kandelaber reflektierte in ihren Augen, auf der blauen Iris tanzten winzige Funken wie an einem sommerlichen Sternenhimmel. Sie strahlte ihn an, so gefühlvoll wie nie zuvor, als ob sie sich nach etwas sehnte, was er ihr nie geben konnte. Der Blick beunruhigte ihn, bedenkenlos hätte er ihr in diesem Moment jeden Wunsch erfüllt.
Wie sie so träumend dahinschwebten, waren sie zweifellos zur Gefahr für jedes andere Paar auf der Tanzfläche geworden. Simon ließ sich treiben. Er tanzte, obwohl die Leute rüde Bemerkungen machten, dass es ein ziemlich linkisches Verhalten für ein Ehepaar auf einem Ball sei und dass sie schon bald nach ihrer Hochzeitsreise getrennte Wege gehen würden. Über solche Kommentare grinste Simon nur. „Bereust du nun, dass du nie mit mir getanzt hast“, flüsterte er ihr ins Ohr.
„Nein“, flüsterte sie zurück. „Wenn ich keine Herausforderung für dich gewesen wäre, dann hättest du doch das Interesse an mir verloren.“
Mit einem leisen Lachen legte er seinen Arm um ihre Taille und führte Annabelle in eine Ecke des Ballsaals.
„Niemals. Mich hat alles interessiert und mich wird immer alles interessieren, was du tust und sagst.“
„Wirklich?“, fragte sie skeptisch. „Und was ist mit Lord Westcliffs Behauptung, ich sei oberflächlich und egoistisch?“
Simon stützte eine Hand gegen die Wand neben ihrem Kopf und beugte sich schützend über sie. „Er kennt dich nicht.“ Seine Stimme war ganz weich.
„Und du kennst mich?“
„Ja.“ Er griff nach einer Locke, die auf ihrem feuchten Nacken klebte. „Du bist sehr vorsichtig. Bist nicht gern abhängig. Du hast einen starken Willen und feste Ansichten, man könnte sagen, du bist störrisch. Aber niemals egoistisch. Und eine so intelligente Frau wie du könnte man auch niemals als oberflächlich bezeichnen.“ Sein Finger strich über die dünnen Härchen hinter ihrem Ohr. „Und du lässt dich so herrlich leicht verführen“, fügte er mit einem erotischen Glanz in den Augen hinzu.
Mit einem aufreizenden Lachen hob Annabelle die Faust, als wolle sie ihn verprügeln. „Aber nur von dir.“
Leise lachend hielt er ihre kleine Faust in seiner großen Hand und küsste ihre Handknöchel. „Jetzt, da du meine Frau bist, soll Westcliff es ja nicht wagen, sich ablehnend gegen dich oder die Heirat zu äußern. Das wäre unweigerlich das Ende unserer Freundschaft.“
„Oh …, ich möchte aber nicht, dass ich …“ Sie stockte und sah ihn seltsam berührt an. „Das würdest du meinetwegen tun?“
Simon verfolgte mit dem Finger eine goldene Strähne in ihren honigbraunen Locken. „Es gibt nichts, was ich nicht für dich tun würde“, schwor er, und sie wusste, dass er es ernst meinte. Simon war kein Mann der halben Sachen.
Sie hatte ihm ihr Jawort gegeben, und dafür erhielt sie seine uneingeschränkte Loyalität und Unterstützung.
Eine ganze Weile war Annabelle ungewöhnlich still, sodass Simon glaubte, sie sei müde. Aber als sie in ihr Zimmer im Coeur de Paris kamen, gab sie sich ihm mit neuem Feuer hin und versuchte, ihm mit ihrem Körper für das zu danken, was sie mit Worten nicht ausdrücken konnte.
22. KAPITEL
Wie er es versprochen hatte, zeigte sich Simon als großzügiger Ehemann. Er zahlte die Rechnungen der französischen Schneiderin für die riesige Menge Kleider, die Annabelle gekauft hatte und die, sobald sie fertig waren, nach London geschickt werden
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