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Geheimnisse einer Sommernacht

Geheimnisse einer Sommernacht

Titel: Geheimnisse einer Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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seitlich im Schatten des gebogenen Aufgangs wartete. Sie überlegte, wie sie am nächsten Morgen während ihres Spaziergangs das Gespräch mit Kendall beginnen und wie sie sich, trotz der vielen anderen Mädchen, die ihm in den kommenden Wochen auf den Fersen sein würden, seine Aufmerksamkeit sichern konnte.
    Angenommen, es gelang ihr wirklich, Lord Kendall für sich einzunehmen, und die Mauerblümchen hatten mit ihrem Plan, ihm eine Falle zu stellen, Erfolg – wie sah dann ihr Leben an der Seite eines solchen Mannes aus? Ihr Gefühl sagte ihr, dass jemand wie Kendall für sie niemals die große Liebe sein konnte, aber wenn es wirklich zu einer Ehe kommen sollte, wollte sie ihm auf jeden Fall eine gute Frau sein. Sicherlich würde sie ihn mit der Zeit auch gernhaben. Warum sollte eine Ehe mit Kendall nicht sehr angenehm sein? Sie würde ein sicheres, sorgenfreies Leben führen, sich niemals mehr fragen müssen, ob genug zu essen im Haus war. Und das Wichtigste von allem: Jeremys Zukunft wäre gesichert, und ihre Mutter würde nie mehr die widerwärtigen Aufmerksamkeiten von Lord Hodgeham erdulden müssen.
    Mit schweren Schritten kam jemand die Treppe herunter. Annabelle stand am Treppengeländer und blickte erwartungsvoll nach oben. Doch plötzlich erstarb ihr Lächeln. Es war kaum zu glauben, aber sie sah sich mit einem fleischigen Gesicht konfrontiert, das von einer verrutschten Perücke aus schmutzig grauem Haar umrahmt war.
    Hodgeham? Das konnte, das durfte nicht wahr sein!
    Als er die letzte Treppenstufe erreicht hatte, blieb er stehen, verbeugte sich kurz und musterte Annabelle mit der ihm eigenen unerträglichen Selbstgefälligkeit. Ungläubig starrte Annabelle in die kalten, blauen Augen dieses verhassten Mannes. Fast kam ihr das Abendessen wieder hoch.
    Wieso war er hier? Und warum hatte sie ihn nicht schon eher bemerkt? Wut stieg ihn ihr hoch, als sie daran dachte, dass sich ihre Mutter in Kürze hier einfinden würde. Dieser unverschämte Mensch, der sich als ihr Wohltäter aufspielte und ihre Mutter für eine knauserige Handvoll Münzen mit seinen widerlichen Aufmerksamkeiten verfolgte, dieser Mensch tauchte hier jetzt zum ungünstigsten Zeitpunkt auf. Nicht nur für Philippa würde Hodgehams Anwesenheit auf dieser Gesellschaft zur Qual werden. Wer konnte denn voraussagen, ob und in welchem Augenblick er seine Beziehung zu Philippa preisgeben würde. Er konnte sie so leicht ruinieren, und sie hatten nichts in der Hand, womit sie ihn zum Schweigen bringen konnten.
    „Ach, Miss Peyton“, murmelte Hodgeham, das pausbäckige Gesicht vor gehässiger Freude gerötet. „Was für ein herrlicher Zufall, Ihnen als erstem Gast hier auf Stony Cross Park zu begegnen.“
    Übelkeit stieg in Annabelle auf, aber sie zwang sich, seinem frechen Grinsen standzuhalten. Obwohl sie sich bemühte, Furcht und Abscheu zu unterdrücken, wusste Hodgeham über sie Bescheid. „Nach den Strapazen der Reise von London hierher“, fuhr er fort, „habe ich es vorgezogen, das Abendessen auf meinem Zimmer einzunehmen. Schade, dass ich Sie nicht schon eher getroffen habe. Na ja, in den kommenden Wochen wird sich dazu ja bestimmt noch ausreichend Gelegenheit bieten. Vermutlich ist Ihre charmante Frau Mutter auch hier.“
    Annabelle klopfte das Herz bis zum Hals, sie bekam kaum Luft und rang nach Worten. Liebend gern hätte sie ihm ein Nein an den Kopf geschleudert. „Halten Sie sich von ihr fern! Sprechen Sie sie nicht an!“, sagte sie schließlich zum eigenen Erstaunen mit fester Stimme.
    „Ach, Miss Peyton … Sie verletzen mich …, mich, der ich in diesen schwierigen Zeiten, da alle anderen Sie verlassen haben, doch der einzige Freund Ihrer Familie bin.“
    Sie starrte ihn an, bewegungslos, ohne mit der Wimper zu zucken, als blicke sie einer Giftschlange ins Auge, die zu einem tödlichen Biss ansetzte.
    „Ein köstlicher Zufall, dass wir uns auf derselben Gesellschaft befinden, nicht wahr?“, meinte Hodgeham unbeeindruckt. Er kicherte leise. Dabei löste sich aus dem zur Seite gekämmten Haar eine fettige Strähne und rutschte ihm in die niedrige Stirn. „Das Glück ist mir wirklich hold“, meinte er, während er mit der plumpen Hand die Strähne zurückstrich. „Ich und die Frau, die ich so verehre, so nah beieinander im selben Haus.“
    „Sie werden sich nicht in der Nähe meiner Mutter aufhalten“, erwiderte Annabelle und ballte die Hand zur Faust.
    Sie musste sich beherrschen, um sie ihm nicht in sein hämisch

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