Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
war bedrückt, offensichtlich war sie zwischen ihrer Schwester und ihrer Pflicht Kathryn gegenüber hin und her gerissen.
„Lasst Euch ein paar Tage Zeit bei Eurer Schwester“, sagte Kathryn und küsste sie auf die Wange. „Geht jetzt und fühlt Euch bitte nicht schuldig. Ich werde sehr gut alleine zurechtkommen.“
Sie lächelte, als die ältere Frau davoneilte. Sie mochte die liebenswürdige Französin, doch sie würde nicht einsam sein. Maria und Elizabeta würden ihr Gesellschaft leisten, bis Lorenzo zurückkehrte. Außerdem hatte sie viele neue Bücher zu lesen und genoss es, im Garten spazieren zu gehen.
Kathryn saß noch immer in dem Salon, von dem aus man in den Garten hinausblicken konnte, als Maria etwas später zu ihr kam. Sie blickte Kathryn unbehaglich an, auf dem schönen Gesicht lag ein reumütiger Ausdruck, ihre Hände waren gefaltet.
„Ich bin gekommen, um Euch um Vergebung zu bitten“, sagte Maria. „Was ich vorhin zu Euch sagte, war unverzeihlich. Ihr müsst wissen, dass ich es nicht ernst meinte.“
„Das weiß ich doch“, erwiderte Kathryn mit einem nachsichtigen Lächeln. Sie wusste, was es bedeutete, unglücklich zu sein, und konnte Marias Leid nachempfinden. „Manchmal sagen wir alle Dinge, die wir nicht wirklich meinen. Es tut mir leid, dass Ihr nach Spanien zurückkehren müsst, Maria, aber ich bin mir sicher, dass Ihr viel glücklicher sein werdet, wenn Ihr erst einmal zu Hause seid. Euer Vater wird sich nicht für Euch schämen – warum sollte er das auch?“
Maria blickte hinunter auf ihre Schuhspitzen. „Er ist so streng und nicht immer nett zu mir, Kathryn. Ich war noch nie so glücklich wie hier bei Euch. Bitte schickt mich nicht fort. Wenn Ihr ihn darum bittet, wird Lorenzo mich nicht zwingen, nach Hause zu gehen.“
„Mein Gemahl weiß, was er tut“, sagte Kathryn im Bewusstsein, dass sie hart bleiben musste. Maria konnte nicht für immer bei ihnen leben. „Es wäre nicht richtig, wenn Ihr bei uns bleiben würdet. Wenn Ihr nach Granada zurückkehrt, werdet Ihr einen Ehemann finden, den Ihr …“
„Ich habe nicht den Wunsch zu heiraten!“ Marias Kopf schoss hoch, und ihre Augen blitzten kurz vor Wut auf. „Aber wenn Ihr sagt, dass ich Euch verlassen muss, bleibt mir keine Wahl.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Schickt mich aber nicht gleich nach dem Christfest weg – ich flehe Euch an!“
„Ich werde Lorenzo darum bitten, dass Ihr noch ein wenig länger bei uns sein könnt. Aber ich kann Euch nicht versprechen, dass er nachgeben wird. Jetzt setzt Euch zu mir, ich werde für uns beide Erfrischungen bringen lassen. Es ist ein herrlicher Tag, und wir sollten ihn nicht mit Streitereien verschwenden.“
„Erlaubt mir, dass ich mich darum kümmere“, bat Maria. „Wenn ich mir mehr Mühe gebe, Euch gefällig zu sein, gibt es vielleicht doch eine Möglichkeit, nicht fort zu müssen.“
Auf Kathryns Stirn wurden ein paar kleine Falten sichtbar. War es grausam von ihr zuzulassen, dass Lorenzo das Mädchen zu seinem Vater zurückbringen wird? Falls er sehr streng war, könnte er Maria das Leben zur Hölle machen. Doch hätte er sich so darum bemüht, sie zurückzubekommen, nur um sie dann in ein Kloster zu stecken? Es erschien unwahrscheinlich, und Kathryn konnte nicht wirklich verstehen, warum Maria nicht heimkehren wollte. Wäre sie an Marias Stelle gewesen, so hätte sie sich danach gesehnt, wieder mit ihrer Familie vereint zu werden.
Lady Mary und Lord Mountfitchet fielen ihr in diesem Moment ein. Bislang gab es immer noch keine Nachrichten von ihnen, und Kathryn musste inzwischen befürchten, dass sie möglicherweise bei der türkischen Invasion getötet worden waren. Wenn sie am Leben wären, hätten sie doch sicherlich einen Weg gefunden, es Lorenzo wissen zu lassen? Doch sie wollte sich noch ein bisschen länger an die Hoffnung klammern, dass sie hatten fliehen können. Hatte Lorenzo nicht gemeint, in diesen gefährlichen Zeiten würde es lange dauern, bis Briefe ihr Ziel erreichten?
Sie blickte auf, als Maria mit einem Tablett mit Getränken und den kleinen Mandelkeksen zurückkehrte, die Kathryn mit Vorliebe aß. Das Mädchen setzte das Tablett ab, schenkte Getränke für sie beide ein und reichte Kathryn den Teller mit den Süßigkeiten.
„Ich liebe diese Kekse“, sagte Maria. Sie nahm sich zwei, einen steckte sie davon sofort in den Mund. „Wir hatten sie auch im Harem, oder jedenfalls sehr ähnliche, und sie waren immer so
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