Geheimnummer. Kein Sex nach Plan
dass er sich an Tina, den Sex oder sonst irgendetwas in dieser Nacht erinnern konnte. Vermutlich würde er bald ahnungslos aufwachen und kleinlaut angekrochen kommen, weil er nicht wusste, wie er in Tinas Bett gelandet war. Tina würde sich entschuldigen, und alles wäre wieder in Ordnung.
Wer mit wem?
Es dauerte lange, bis Tim angekrochen kam. Und er kam auch nicht wirklich angekrochen, sondern stand plötzlich fit und frisch geduscht bei mir in der Küche. Ich hatte ihn nicht gehört, weil ich den ganzen Vormittag über meine Wohnung auf Vordermann gebracht hatte und gerade dabei war, die Nudelreste von den Tellern zu spülen. Er trat hinter mich an die Spüle, legte sein Kinn auf meine Schulter und schlang die Arme um meinen Bauch. Ich musste mir Mühe geben, ihn zu ignorieren, um wenigstens noch eine Weile die Betrogene spielen zu können. Wortlos tröpfelte ich mit dem Schwamm etwas Schaum über einen Teller.
Er gab mir einen Kuss auf die Wange. »Was ist, Karina? Hast du was?«
»Ich nicht, du?«
Ich schwankte zwischen meiner Pflicht, als eifersüchtige Freundin seine Hände wegzuschieben und ihn wegen Tina zur Rede zu stellen, und dem Wunsch, alles zu vergessen und seine Umarmung zu erwidern. Deswegen schrubbte ich weiter stur vor mich hin.
»Also, ich habe den schlimmsten Kater, den ich jemals hatte«, raunte Tim mir ins Ohr, als wäre es eine Liebeserklärung. Ich konnte den Restalkohol in seinem Atem riechen und sagte schnippisch: »Dann war es also auch ohne mich gut.«
»Nein, überhaupt nicht. Es war schlimm. Du hast mir gefehlt, und deswegen musste ich mich an der Bierflasche festhalten. Aber eine Flasche konnte dich nun mal nicht ersetzen, und dann sind es immer mehr geworden.«
Er drückte mir noch einen Kuss auf die Schläfe. Seine Hände wanderten weiter nach unten und schoben sich unter den Bund meiner Jogginghose. Ich entschied mich nun doch dafür, großzügig über seine Nacht mit Tina hinwegzusehen, und drehte meinen Kopf zur Seite, um seinen Kuss zu erwidern. Aber mitten im Kuss sagte Tim plötzlich: »Kann es sein, dass dein Schreibtischjob langsam Spuren hinterlässt? Vielleicht solltest du nicht immer nur über Sport schreiben, sondern ihn auch mal selbst treiben?«
»Äh, was?« Ich schob erschrocken seine Hände von meinem Bauch. »Ach so, ja, nein. Ich … ähm, Tim, wir müssten da noch etwas Dringendes besprechen, bevor wir weitermachen.«
Ich war plötzlich nervös, obwohl ich allmählich genug Zeit gehabt hatte, mich auf dieses Gespräch vorzubereiten. Tim sah mich irritiert an, dann winkte er überraschend ab.
»Ach so, ja, das hatte ich ganz vergessen. Tina hat mir alles erzählt. Tut mir leid, Karina, wenn ich das gewusst hätte, dann …«
»Tina hat dir alles erzählt?« Dabei wusste Tina doch selbst noch gar nichts von meiner Schwangerschaft.
»Mona und ich treffen uns wirklich nur für diese Gymnastik-Hausarbeit. Wir haben keine Affäre oder so. Und falls es dich beruhigt, sie ist sowieso lesbisch.«
»Ja, ich weiß. Ähm, ich meine, ich hab mir schon gedacht, dass ihr … dass du … Hättest du denn gerne eine?«
»Eine was?«
»Eine Affäre. Mit ihr. Ich meine, wenn sie nicht lesbisch wäre.«
»Blödsinn. Das hat doch damit gar nichts zu tun. Ich liebe dich, und zwar nur dich, das weißt du hoffentlich.«
Er setzte sich auf die Tischkante und griff nach meinen Händen. Ich schaute auf unsere Finger, die sich ineinander verhakten, und murmelte leise: »Ich wollte ja auch nur sagen, dass ich es nicht so schlimm fände, wenn du gerne mal eine Affäre hättest.«
Tim ließ meine Hände los und sah mich erstaunt an: »Warum? Weil du dann auch wieder eine Affäre haben könntest?«
»Wieso sollte ich eine Affäre haben wollen?«
»Ich weiß nicht. Hast du?«, bohrte Tim weiter nach, und langsam hatte ich das Gefühl, auf der falschen Seite der Anklagebank zu stehen.
»Habe ich was?«
»Eine Affäre. Mit Daniel.«
Der Name allerdings verfehlte seine Wirkung nicht, und ich antwortete schneller, als es angebracht war: »Nein, wieso? Wie kommst du darauf?«
Tim atmete tief durch und zögerte, ob er weiterreden sollte. Ich hatte uns in ein gefährliches Fahrwasser gebracht, und er musste uns da jetzt wieder hinausmanövrieren.
Tat er aber nicht. Er fuhr uns direkt ins nächste Sturmtief.
»Karina, ich bin echt nicht der Typ, der dir hinterherspionieren würde«, fing Tim schließlich schwerfällig an. »Aber gestern hast du dich wirklich nicht besonders
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