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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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al les nur Schau gewesen, vielleicht auch nicht. Vielleicht steckten wirklich zwei Menschen in ihm. Vielleicht war er dieser nette Typ, der Englischvorlesungen für Studienanfänger gab - er war ja wirklich sympathisch, wenn auch ein kleines bisschen trottelig -, bis ihm die Vergangenheit auf die Schulter klopfte und er sich in den knallharten, berechnenden Radikalen verwandelte, der er einmal Vollzeit gewesen war und der vor allem von dem Instinkt getrieben wurde zu überleben. Wer würde sich in seiner Lage nicht so verhalten? Ihr blieb nichts anderes übrig, als rumzusitzen und Däumchen zu drehen. Und zu versuchen, sich nicht auf zuregen. Zu versuchen, die Ruhe und einen klaren Kopf zu bewahren. Und bereit zu sein zu fliehen.
    Wieder einmal. Sie beruhigte sich, atmete langsam und gleichmäßig, rieb sich den Hinterkopf direkt unter der Schädelbasis und beschwor ihre Adrenaldrüsen, während sie den
Druckpunkt massierte, verdammt noch mal noch ein bisschen zu warten, bis sie das Adrenalin in ihren Blutkreislauf spritzten. Im Moment hatte sie noch keine Verwendung dafür.
    Gail hörte, wie Diane es sich auf dem Betonboden bequem mach te, und fühl te, dass Tom sich neben ihr nie derließ. Er schlang einen Arm um ihre Taille. Sie fragte sich, ob sie ein Stück wegrücken und ein bisschen Distanz zwischen sich und ihm schaffen sollte. Aber sie wollte es nicht. All die Jahre, in denen sie eingesperrt gewesen war, in denen ihr die menschlichen Grundbedürfnisse, wie jemanden zu lieben oder berührt oder geliebt zu werden, versagt gewesen waren. All die Nächte, in denen sie an ihn gedacht und gewusst hatte, warum er sich nicht bei ihr gemeldet hatte, gleichzeitig aber auch nicht gewusst hatte, warum er sich nicht bei ihr gemeldet hatte. Tom zog sie zu sich heran, drückte ihren Kopf an seine Brust, beugte sich vor und küsste ihr Haar.
    »Es ist kein einziger Tag vergangen, an dem ich nicht an dich gedacht habe«, flüsterte er ihr ins Ohr und strich mit den Lippen über ihr Ohrläppchen. Er sprach so leise, dass sie nicht sicher war, ob sie ihn richtig verstanden hatte. Und als sie sicher war, was er gesagt hatte, wollte sie ihm un bedingt glauben.
    Ein langer, ärgerlicher Seufzer kam aus der Dunkelheit.
    »Ganz cool bleiben!«, sagte Gail leise.
    »Kein Problem«, entgegnete Diane. »Ich bin so cool, dass ich eine Gänsehaut habe.«
    Gail fragte sich, ob sich so alleinerziehende Mütter fühlten, wenn sie end lich ein mal zu ei nem Date eingeladen wurden und sich mit einem quengeligen Kind herumschlagen mussten. Doch Diane musste wissen, dass Gail es sich alles andere als leicht machen würde, sosehr sie sich auch nach ei ner Familie sehnte. Sie konnte sich Toms Verführungskünsten hingeben, das wäre leicht. Aber es sich leicht zu machen, war ein
Weg, der Gail völlig fremd war. Wie irgendein Pfad, der unter wild wucherndem Unkraut verborgen war. Sie konnte diesen Pfad nicht se hen und war auch nicht so beschaffen, nach ihm zu suchen. Doch selbst wenn sie versuchte, ihn zu nehmen, würde sie stolpern und hin fallen. Sie wusste sehr wohl, dass Tom die Situation auszunutzen versuchte und wiedergutmachen wollte, was er ihr angetan hatte. Sie wusste aber auch, dass er das nicht so sah. Er verscheißerte niemanden, jedenfalls nicht bewusst. Er konnte sich so geschickt in die Tasche lügen wie der beste, ausgebuffte Politiker.
    Und sie konnte in der Dunkelheit dasitzen und sich all das sagen, doch ihr Körper war so angespannt wie ein Nylonseil beim Tauziehen, ihre Haut glühte vor Vorfreude auf seine Berührung. Sie war bereit, sich ihm zu entziehen, doch gleichzeitig sträubte sich alles in ihr dagegen, die wohltuende Wärme von Toms Armen zu verlassen. Sie spürte ein weiteres Mal die Geborgenheit, die von seiner Kraft ausging, und ihre Gedanken schweiften ab und wirbelten unkontrolliert in ihrem Kopf herum, so schnell, dass sie den Drang verspürte, an einem einzigen festzuhalten und ihn nicht mehr loszulassen, bis sie ihn ausreichend durchdacht hatte und er einen Sinn ergab.
    Auf dem Fußboden über ihnen stapften Stiefel, mehr als ein Paar, dann war eine Autorität ausstrahlende, tiefe Männerstimme zu hören, gefolgt von einer leicht erregten Antwort von Chris. Es folgten weitere Fragen und weitere Antworten in Keine-Ahnung-Stimmlage. Gail atmete tief ein und ließ die Luft leise wieder entweichen. Sie rückte von Tom ab, nur ein kleines Stückchen, und ließ die kühle Kellerluft zwischen ihre Körper. So war

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