Gehetzt - Thriller
heilige Scheiße!«
»Und im Internet. Wir sind im Internet zur Fahndung ausgeschrieben. Ich habe das gottverdammte Internet noch nie gesehen.«
»Na super.« Diane ging auf und ab, drei Schritte vor, drei zurück, sie lief fast gegen die Wände. »Einen Internetzugang haben ja auch nur Abermillionen von Menschen. Wir sind so dermaßen am Arsch.«
»Sag nicht so etwas. Wir sind nicht am Arsch. Jetzt setz
dich, bitte. Wir müssen nur unseren Grips benutzen. Ich meine, unser Äußeres haben wir schon mal total verändert. Und glaub mir, unsere Identitäten sind absolut sauber. Mel hat beste Verbindungen. Allerbeste.«
»Was steht noch drin?« Diane ließ sich wieder neben ihr nieder und starrte auf die Zeitung.
»Wie es aussieht, konnten sie keine Verwandten für irgendwelche Kommentare ausfindig machen. Außerdem heißt es, dass du deine Unschuld beteuert hast. Und dass ich der Gewalt abgeschworen habe.«
»Ist ja klasse.« Diane stützte die Ellbogen auf ihre Knie und ließ ihren Kopf nach vorne fallen, sodass Gail ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte. »Und? Hast du?«
»Ja, Diane, ich habe.«
»Wenn du an meiner Stelle wärst, hättest du der Gewalt nicht abgeschworen.«
»Vielleicht nicht. Ich weiß es nicht, wirklich nicht.« Gail sah Tränen auf Dianes Hände fallen, ganz langsam, durchsichtige Kullertränen. Sie strich Diane über den Rücken. Sie wusste nicht, was sie zu dieser Geste veranlasste, sie wusste nur, dass sie das Leid ihrer Freundin lindern wollte.
»Wir sind so dermaßen geliefert, ich würde diese Arschlöcher am liebsten umbringen«, flüsterte Diane. »Genau das sagt mir mein Herz.«
Gail nahm die Hand weg und spürte, wie ihr ein kalter Schauer den Nacken herunterlief, während der winzige Raum zwischen ihr und Diane sich mit Mordabsichten füllte. Sie war unter Mördern gewesen. Eine Zeit lang hatte sie sich sogar mit ei ner Mörderin die Zelle geteilt. Die Mörder, die sie kennengelernt hatte, waren absolut sanftmütige Menschen gewesen, als ob die Tat in ih nen eine rie sige Höhle geöffnet hätte, in die ein konstanter Strom von Traurigkeit hineinflösse, der sie jedoch nie komplett füllte. Und niemals würde
füllen können. Aber das hier war etwas anderes. Das hier war ein Gestalt annehmender Mordvorsatz, eine von Wut gespeiste Energie, die hasserfüllt genug war, Diane zum Töten zu treiben.
Es war eine entsetzliche Verzweiflung.
Gail ließ sich auf dem Sofa zurückfallen und sah zu, wie Diane sich aufrichtete, sich die Tränen aus dem Gesicht wischte, die nassen Hände an ihrer Hose trocken rieb und aufstand. Sie lehnte sich gegen die Arme gebeugt ans Fenster und starrte hinaus auf die vorbeirauschende Landschaft. Es waren jetzt Häuser zu se hen, in ver blichenen Farben, verwittert. Stadtrandgebiet.
»Sieht aus, als ob wir Cleveland erreichen«, sagte Diane schließlich. »Das müsste es zumindest sein. In Chicago trennen wir uns. Ich gehe meine Wege und du deine.«
»Du machst einen Fehler. Du kannst doch noch warten. Alles genau durchdenken.«
»Es gibt nichts zu durchdenken. Ich muss sie finden und zwingen, einem Richter zu erzählen, was sie mir angetan haben.«
»Mit vorgehaltener Waffe? Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein so erzwungenes Geständnis vor Gericht Bestand hat.« Ein Glucksen oder Kichern, Gail wusste nicht, was für ein Geräusch es war, das da aus ihr kam, sie wusste nur, dass es der Versuch war zu lachen. »Jedenfalls nicht, wenn der Richter davon Wind bekommt.«
»Es muss nicht zwangsläufig so laufen. Ich weiß noch nicht, wie ich es anstelle.«
»Dann solltest du auch noch nicht hin fahren. Nicht, bevor du einen Plan hast.«
»Das klingt wirk lich gut, Gail - ich mei ne, Liz -, aber es gibt keinen idiotensicheren Plan. Ich könnte mit dem besten Plan der Welt dort auf kreuzen und mich trotzdem wegen irgendeines
dummen Unfalls tief in die Scheiße reiten. Ich meine, ich hatte auch den Plan, Jura zu studieren und bin auf totale Abwege geraten. Und ich kann nicht ein mal über ei nen Plan nachdenken, bevor ich nicht zurück bin und ver suchen kann, ein paar Dinge zusammenzufügen.«
»Hast du schon mal was von Ferngesprächen gehört?«
»Hast du schon mal was davon gehört, dass man Anrufe zurückverfolgen kann?«
»Hast du schon mal was von Münztelefonen gehört?«
»Ich fahre auf jeden Fall hin. Du musst nicht mitkommen. Du bist nicht verpflichtet, mich zu begleiten.«
»Woher weiß ich denn, dass du mich nicht hochgehen lässt? Du
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