Gehetzt
General.«
»Stimmt, Sie haben natürlich recht. Die Überholung der Fahrzeuge hat Vorrang – muß diese Nacht noch über die Bühne gehen.«
»Aber wir haben nur eine Notmannschaft im Einsatz.«
»Dann trommeln Sie die Mechaniker zusammen, Meyer.
Setzen Sie jeden Mann ein, den Sie kriegen können. Und holen Sie die Kranken aus den Betten, sofern sie in der Lage sind, auf ihren Füßen zu stehen.«
»Die Männer sind…«
»Und ich wünsche, daß Sie die Arbeiten persönlich überwachen – die ganze Nacht hindurch«, fügte der General maliziös hinzu.
Meyer klemmte sich das Monokel vors Auge. Sein Gesicht war ausdruckslos. Storch wußte genau, daß er fast die ganze letzte Nacht auf den Beinen gewesen war, und Meyer gehörte zu den Menschen, die täglich ihre acht Stunden Schlaf brauchten. ›Er bestraft mich‹, dachte der Oberst, ›weil ich gewagt habe, mich über den Befehl zum Stoppen zu freuen.‹
Er blieb steif stehen, denn ihm war klar, daß Storch noch nicht mit ihm fertig war. Der General nahm den Zettel mit dem Funkspruch wieder in die Hand.
»Ich glaube, wir haben den Sinn dieses Funkspruchs nicht richtig gedeutet, Meyer. Er endet mit den Worten: Weitere Befehle abwarten. Ich will mich mal als Wahrsager betätigen und behaupten, daß diese Formulierung nur unseren weiteren Vormarsch betreffen kann. Es ist daher ungemein wichtig, daß wir jeden Augenblick marschbereit sind. Stimmen Sie mir da zu, Meyer?«
»Natürlich, Herr General.«
»Wir sind fast bis zur Lebensader des britischen Expeditionskorps vorgerückt – fast bis zu den Kanalhäfen.
Wenn wir in Richtung Norden stoßen, haben wir Boulogne, Calais und Dünkirchen in zwei Tagen überrollt – vielleicht sogar in einem. Dann sind die Tommies am Ende.«
»In zwei Tagen?«
Meyer war wie gelähmt.
»Im äußersten Fall. Und nun beeilen Sie sich.«
Storch ging zur Tür und drehte sich, bevor er den Raum verließ, noch einmal um.
»Und vergessen Sie den Funkspruch nicht. Sie wissen ja: Weg nach Boulogne frei. Division bereit zum Vormarsch.«
Der Bauer hieß Mandel. Ohne zu zögern, lud er die Panzerbesatzung in sein Haus ein, nachdem er ihnen vorher eine Außenscheune, etwa fünfhundert Meter von der Straße nach Cambrai entfernt, als Versteck für Bert zugewiesen hatte.
Bevor sie Bert wegfuhren, hoben Barnes und Reynolds Penn aus dem Turm, brachten ihn in die Küche des Hauses und setzten ihn dort in einen Sessel. Barnes war völlig außer Atem von der Anstrengung. Er warnte Mandel, daß seine Hilfsbereitschaft ihm das Leben kosten könnte, wenn die Deutschen dahinterkamen.
»Machen Sie sich deswegen keine Gedanken«, winkte der Bauer ab. »Wenn der Panzer im Schuppen verschwunden ist, werden die Deutschen ihn niemals finden. Außerdem wird mein Neffe Etienne Wache stehen. Wir können die Straße nach beiden Richtungen weit genug einsehen, um rechtzeitig gewarnt zu sein. Sie können sich dann in einem Graben nicht weit von hier verstecken.«
Es war die zweite glückliche Fügung nach der freundlichen Aufnahme, daß Mandel ausgezeichnet Englisch sprach. Barnes fragte ihn, wo er das gelernt hatte.
»In Ihrer Heimat natürlich. Ich arbeitete mehrere Jahre als Zwiebelverkäufer für das Syndikat in Brest. Mit dem Fahrrad stieg ich immer an Bord der Fähre nach Southampton, holte dort meine Zwiebeln aus der Markthalle und fuhr dann mit dem Rad durch Hampshire und Surrey. Auf diese Weise lernt man schnell Englisch.«
»Wir bringen jetzt den Panzer weg.«
»Etienne zeigt Ihnen den Weg. Folgen Sie dem Feldweg – ach was, Etienne weiß Bescheid.«
Barnes hatte sich verstohlen umgeschaut. Soweit er gesehen hatte, gab es kein Telefon. Mandel konnte also nicht die Deutschen anrufen und ihnen die Ankunft der Engländer verraten. Barnes glaubte auch nicht ernsthaft an diese Möglichkeit, denn Mandel machte auf ihn einen vertrauenerweckenden Eindruck. Doch war immer Vorsicht geboten.
Der Bauer war etwas über fünfzig, ein untersetzter, kräftiger Mann mit einem stark geröteten Gesicht und einem buschigen grauen Schnurrbart in der gleichen Farbe wie sein dicht gewelltes Haar. Auch seine Frau Marianne zeigte sich in keiner Weise durch die gefährlichen Besucher beunruhigt. Sie war im gleichen Alter wie ihr Mann und trug die Haare streng zu einem Knoten gebunden. Sie strahlte Ruhe und Entschlossenheit aus. Ehe Barnes sie daran hindern konnte, verschwand sie mit der Bemerkung, sie würde etwas zu essen machen. Die beiden Bauersleute
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