Gehetzte Uhrmacher
Ruf.«
»Hierbei kommt es nicht auf den Ruf, sondern auf die Erfahrung an. Nichts für ungut.«
»Kein Problem«, entgegnete Sachs kühl.
»Das ist ein sehr sensibles Terrain. Überaus heikel.«
Aber Wallace mochte seine Idee. »Der Bürgermeister wäre begeistert. Sie hat mit Rhyme zu tun, und der bedeutet gute Presse. Und er ist Zivilist. Die Leute werden Detective Sachs eher als eine Art unabhängige Instanz ansehen.«
Mit den »Leuten« waren die Medien gemeint, begriff Sachs.
»Ich möchte keine große, ausufernde Kampagne starten«, sagte Flaherty.
»Dazu wird es nicht kommen«, warf Sachs sofort ein. »Nur ein einziger Kollege arbeitet mit mir an der Sache.«
»Wer?«
»Ein Streifenbeamter. Ronald Pulaski. Er ist ein guter Mann. Jung, aber gut.«
Flaherty dachte nach. »Wie würden Sie vorgehen?«, fragte sie dann.
»Zunächst möchte ich mehr über Creeleys Verbindung zum Eins Eins Acht und zur St. James Tavern erfahren. Und über sein Leben
– es könnte ja einen weiteren Grund für den Mord an ihm gegeben haben. Ich will mit seinem Geschäftspartner reden. Vielleicht gab es ein Problem mit einem Kunden oder einem Projekt, an dem er gearbeitet hat. Und wir müssen mehr über Creeley und die Drogen herausfinden.«
Flaherty war nicht vollständig überzeugt, doch sie sagte: »Na gut, wir versuchen es auf Ihre Art. Aber Sie halten mich auf dem Laufenden. Mich und niemanden sonst.«
Sachs fiel ein riesiger Stein vom Herzen. »Selbstverständlich.«
»Sie erstatten mir telefonisch oder persönlich Bericht. Keine E-Mails oder Memos...« Flaherty runzelte die Stirn. »Ach ja. Sind Sie derzeit noch an anderen Fällen dran?«
Man erreicht einen solchen Rang nicht ohne ein ausgeprägtes Gespür. Die Frau hatte die eine Frage gestellt, die Sachs nicht hatte hören wollen.
»Ich unterstütze Rhyme bei einem Mordfall – der Uhrmacher.«
Flahertys Stirnrunzeln vertiefte sich. »Oh, daran arbeiten Sie? Das wusste ich nicht... Verglichen mit einem Serientäter ist diese St.-James-Geschichte längst nicht so wichtig.«
Rhymes Worte hallten in Amelias Ohren wider: Dein Fall ist weniger dringlich als der des Uhrmachers ...
Wallace dachte angestrengt nach. Dann sah er Flaherty an. »Wir sind alle erwachsen. Was stünde der Stadt schlimmer zu Gesicht? Ein Mann, der ein paar Leute umbringt, oder ein Polizeiskandal, der Schlagzeilen macht, bevor wir ihn kontrollieren können? Reporter stürzen sich auf kriminelle Cops wie Haie auf eine blutende Beute. Nein, ich will die Sache vorantreiben. Nachdrücklich.«
Sachs ärgerte sich über Wallaces Bemerkung – ein Mann, der ein paar Leute umbringt -, aber es ließ sich nicht leugnen, dass er und sie das gleiche Ziel verfolgten. Sie wollten den Fall Creeley unbedingt aufklären.
»Ich komme mit beiden Fällen zurecht«, versicherte sie nun zum zweiten Mal an jenem Tag. »Ich verspreche, es wird kein Problem sein.«
In ihrem Kopf hörte sie eine skeptische Stimme sagen: Hoffen wir’s, Sachs.
... Neun
Amelia Sachs entführte Ron Pulaski aus Rhymes Haus, worüber der Kriminalist bestimmt alles andere als erfreut war, wenngleich der Neuling im Moment nicht allzu beschäftigt zu sein schien.
»Wie schnell ist die Kiste, wenn Sie richtig Gas geben?« Pulaski berührte das Armaturenbrett ihres 1969er Camaro SS. Dann fügte er hastig hinzu: »Ich meine natürlich ›der Wagen‹.«
»Sie brauchen nicht politisch korrekt zu sein, Ron. Laut der letzten Messung sind es fast dreihundert Kilometer pro Stunde.«
»Wow.«
»Mögen Sie Autos?«
»Wissen Sie, eigentlich eher Motorräder. Als wir auf der Highschool waren, hatten mein Bruder und ich jeder eines.«
»Gleiche?«
»Was?«
»Die Maschinen.«
»Oh, weil wir Zwillinge sind, meinen Sie. Nein, das haben wir nie gemacht. Uns gleich angezogen und so’n Zeug. Mom wollte das, aber wir waren auch so schon bescheuert genug. Heute muss sie jedes Mal lachen, wenn sie uns in unseren Uniformen sieht. Wie dem auch sei, damals konnten wir ja nicht einfach losgehen und uns kaufen, was wir wollten, zwei passende 850er Hondas oder so. Wir haben genommen, was wir kriegen konnten, aus zweiter oder dritter Hand.« Er grinste verschlagen. »Eines Nachts, als Tony geschlafen hat, habe ich mich in die Garage geschlichen und die Motoren getauscht. Er hat es nie gemerkt.«
»Fahren Sie immer noch?«
»Gott stellt Sie vor eine Wahl: Kinder oder Motorräder. Eine Woche nachdem Jenny schwanger wurde, hat ein Glückspilz in Queens
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