Geister der Vergangenheit
genannt. Ich denke aber, dass dies zu wenig ist. Sie müssen mir schon Einzelheiten nennen.«
»Sie werden mich auslachen.«
»Bestimmt nicht.«
Fiona Rush trank Wasser. Sie musste sich erst sammeln und so etwas wie eine innere Sperre überspringen. Mit monotoner Stimme fing sie an zu reden und erzählte, was ihr zuerst am Morgen im Bett passiert war und später in der Dusche. »Sie können mich totschlagen, Inspektor, aber was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe, das habe ich gesehen. Da stimmte alles, auch wenn es noch so unerklärlich ist.«
»Ja, da sagen Sie was.«
»Und?«
Suko fragte mit sehr ruhiger Stimme: »Können Sie sich denn einen Grund für diesen ungewöhnlichen Besuch vorstellen?«
»Ganz und gar nicht.«
»Sie haben auch nie zuvor mit Skeletten zu tun gehabt?«
»Weder mit lebenden noch mit Toten, Inspektor«, versicherte Fiona Rush. »Darauf kann man mich nicht festnageln. Ich arbeite nicht als Ärztin oder Biologin. Ich verkaufe Möbel, und das hat mit Skeletten nichts zu tun.«
»Das haben Sie recht.«
Fiona Rush schauderte. »Und trotzdem hat mich ein Skelett verfolgt. Es hat sogar in meinem Bett gelegen. Ich habe sein Gebein berühren können. Das ist grauenhaft gewesen. Im Dunkeln habe ich den blanken und verdammten Kopf ertastet.« Sie schloss für einen Moment die Augen. Dabei fragte sie: »Können Sie sich vorstellen wie mir zumute gewesen ist? Können Sie das?«
»Nicht wirklich.«
»Danke für Ihre Ehrlichkeit. Es war einfach grauenhaft.« Sie korrigierte sich. »Nein, noch schlimmer. Ich finde keinen passenden Ausdruck für so etwas.«
»Ja, das muss schlimm gewesen sein.« Suko wechselte das Thema. »Man kann also davon ausgehen, dass Sie verfolgt werden?«
»Seit heute Morgen.«
»Vorher ist Ihnen das noch nie passiert?«
»Genau.«
»Leben Sie allein?«
»Ja.« Sie strich durch ihr Haar. »Meine Partnerschaft ist in die Brüche gegangen. Sie dauerte knapp zehn Jahre. Dann war es vorbei. Aber ich komme ganz gut allein zurecht. Bis jetzt zumindest.«
»Ja, das ist wohl wahr.« Suko lehnte sich zurück. »Können Sie sich vorstellen, warum das Skelett gerade Sie besucht hat?«
»Das kann ich nicht.«
»Haben Sie denn daran gedacht, dass es einen Grund geben könnte?«
»Welchen?«, wollte sie wissen.
»Ich weiß es nicht.«
»Außerdem habe ich nie an lebende Skelette geglaubt. Ich nähme es ihnen auch nicht übel, wenn Sie mich für eine Spinnerin halten. Ich selbst frage mich, ob ich mir nichts eingebildet habe. Dann halte ich wieder dagegen, denn wenn ich daran denke, dann spüre ich noch den blanken Schädel unter meiner Handfläche. Sie glauben gar nicht, was das bedeutet, wenn man im Dunkeln liegt und plötzlich mit einer so grausamen Überraschung konfrontiert wird.«
»Ja, das kann ich nachvollziehen«, sagte Suko. »Ich habe in meinem Beruf schon einiges anfassen müssen, auch Skelette.«
»Für mich war es das erste Mal.«
»Das ist natürlich schlimm. Aber wir sollten uns darüber Gedanken machen, warum das passiert. Welchen Grund könnte das Skelett haben, in Ihre Wohnung zu kommen?«
»Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, ob es sich bewegt oder läuft wie ein Mensch. Ich habe es nicht kommen und nicht gehen sehen. Zuletzt sah ich es in der Dusche, die zudem noch von Dampfschwaden gefüllt war. Das ist auch nicht nachvollziehbar.«
»Und wie verschwand es?«
Fiona Rush hob die Schultern. »Da fragen Sie mich was, Inspektor. Wie ist es verschwunden?« Sie leckte sich über die trocken gewordenen Lippen. »Ich kann es Ihnen nicht genau sagen. Ich habe nicht mehr hingeguckt, verstehen Sie.«
»Das ist schon okay.« Suko hatte leise gesprochen und fügte auch nichts mehr hinzu. Seine Gedanken waren abgewanderte. Er dachte daran, dass John Sinclair und Bill unterwegs waren und sich dabei um einen Fall kümmerten, der ebenfalls mehr als rätselhaft war. Da war einem Mann ein Mönch erschienen, Lind er war ebenso schnell wieder verschwunden wie das Skelett der Fiona Rush.
Das hatte sich auch unwahrscheinlich angehört. Aber es war nun mal passiert, und Suko suchte nach Parallelen zwischen den beiden Fällen, die sich seiner Ansicht nach durchaus auftaten.
Fiona Rush rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her.
Suko konzentrierte sich wieder auf seine Gesprächspartnerin. »Sie haben vorher nie etwas mit solchen Dingen zu tun gehabt, wie Sie sagten.«
»So ist es.«
»Kennen Sie denn andere Menschen, die das nicht von sich
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