Geister der Vergangenheit
die folgende Nacht auch nicht.«
»Dann rechnen Sie mit einem erneuten Auftauchen des Mönchs.«
»Allerdings.«
»Und jetzt ist er Ihnen entkommen?«
»Leider.«
Phil Granger grinste kurz. »Auch die Polizei besteht nur aus Menschen. Das beruhigt mich.«
»Klar, wir sind keine Superhelden«, sagte ich. »Aber wie ist es Ihnen ergangen, nachdem wir Sie verlassen haben?«
Granger setzte sich erst mal hin. »Das war ein Schreck. Dabei habe ich gedacht, dass alles vorbei ist. Aber ich habe mich geirrt, verflucht noch mal. Er war plötzlich hier. Ich habe ihn nicht mal richtig gesehen, weil ich aus dem Fenster schaute.«
»Stimmt. Dafür sahen wir ihn. Wir konnten ihn bis zum Dach verfolgen. Da ist er dann verschwunden.«
»Wie denn?«
»Er löste sich auf, Mr. Granger, aber das kennen Sie ja.«
»Natürlich.«
»Aber mich wundert«, sagte ich, »dass dieser Mönch wieder zu Ihnen zurückgekehrt ist. Da könnte man meinen, dass er etwas vergessen hatte.«
Phil Granger schaute uns starr an. Er bewegte sich auch sonst nicht. »Ja, das ist es, Mr. Sinclair. Er...«
»Was?«
»Er hat mir eine Nachricht hinterlassen.«
Das waren völlig neue Töne, über die wir uns wunderten. Wir hakten zunächst nicht nach und ließen Phil machen. Er bewegte sich sehr schnell und irgendwie hektisch. Dabei brauchte er nur ein zusammengefaltetes Blatt Papier an sich zu nehmen.
»Das ist es. Das hat er hinterlassen!« Er reichte es mir. »Hier, lesen Sie selbst.«
Das taten wir, wobei Bill Conolly mir dabei über die Schulter schaute.
Ich las den einen Satz mit leiser Stimme. »Heute Abend am Richtplatz!«
Das war alles. Kein weiteres Wort mehr. Keine Erklärung, nichts.
»Und was bedeutet das?«, fragte Bill.
Granger musste lachen und schlug dabei in die Hände. »Ich habe gedacht, dass Sie mir Auskunft geben können, denn ich bin mit dieser Botschaft überfordert.« Er hob die Schultern. »Tut mir leid. Da komme ich beim besten Willen nicht mit.«
Das glaubten wir ihm, denn Granger war alles andere als ein Schauspieler. Aber die Botschaft existierte. Die Worte waren in einer altertümlichen Handschrift hinterlassen worden. Mein Freund Bill hatte die gleiche Idee wie ich.
»Das muss was mit der Vergangenheit zu tun haben«, erklärte er. »Wo gibt es heute noch Richtplätze?«
»Das weiß ich auch nicht«, sagte Granger. »Mit dieser Botschaft kann ich nichts anfangen. Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll. Das ist viel zu diffus.«
»Möglicherweise meldete sich der Mönch noch mal«, sagte Bill.
»Lieber nicht.«
»Aber die Botschaft ist ein Hinweis, den wir nicht so einfach abtun können«, sagte ich. »Und ich denke, dass wir versuchen sollten, diesen Richtplatz zu finden.«
»Wo denn.« Granger hob die Schultern. »Sie können mich fragen, was Sie wollen. Ich weiß mir keinen Rat.« Er zündete sich wieder eine Zigarette an und inhalierte tief.
»Wie sieht es bei dir aus, John?«, fragte mein Freund.
»Nicht besser.«
»Bei mir auch nicht«, gab Bill zu. »Unternehmen müssen wir trotzdem etwas und vor allen Dingen unsere Kreativität auspacken. Der Richtplatz ist ein guter Hinweis.«
»Und wo sollen wir deiner Meinung nach suchen ?«
»In der Vergangenheit.«
Ich schüttelte leicht den Kopf. »Geht es nicht etwas präziser, Herr Reporter?«
»ja, schon. Ich denke da an den Großraum London. Richtplätze oder Orte, wo man Menschen getötet hat, gibt es genug. Oder gab es genug. Da kannst du auch die damaligen Zuchthäuser mit dazu nehmen, abgesehen von den öffentlichen Plätzen im Mittelalter. Da können wir tagelang suchen und überprüfen. Ob wir dann zu einem Resultat kommen, das ist mehr als fraglich.«
Ich stimmte ihm zu. »Besonders gut sieht es nicht aus. Ich glaube auch nicht daran, dass wir bis zum Abend die Lösung gefunden haben. So müssen wir uns auf den Mönch und auf hoffentlich eine weitere Botschaft verlassen. Mal sehen wie es läuft.«
Im Moment lief nichts. Dafür erlebte ich das Vibrieren meines Handys, das sich meldete.
Ich klappte es auf und sagte: »Ja?«
»Kannst du reden?«
»Du bist es, Suko. Ja, ich kann reden. Die Aktion haben wir hinter uns. Bill und ich befinden uns noch in der Wohnung von Phil Granger.«
Suko stutzte einen Augenblick, bevor er sagte: »Gut, dann hör mal zu, was mir passiert ist. Und ich bin froh, dass ich hier im Büro geblieben bin.«
»Hört sich spannend an.«
»Das ist es auch.«
Sehr bald erfuhr ich, dass Suko mit seiner letzten Bemerkung
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