Geisterlicht: Roman (German Edition)
behaupten denn, dass Padraig sich so besonders nett um sie gekümmert hat?« Die eisgrauen Augen wurden noch schmaler.
Fiona verkniff sich ein Grinsen und verzichtete darauf, die Eifersucht der Frau noch weiter zu schüren. »Das tut nichts zur Sache«, bemerkte sie knapp. »Darf ich nun bitte Pastor Fergusson eine wichtige Frage stellen?«
Die Pastorenfrau schien immer noch nicht gewillt zu sein, Fiona zu ihrem Mann zu lassen. Energisch schüttelte sie den Kopf und wollte gerade etwas sagen, als Fiona beschloss, dass es jetzt reichte. Obwohl sie vor wenigen Minuten erst gemeint hatte, dass sie noch nicht bereit für das Zaubern war, hob sie nun demonstrativ schnuppernd die Nase in die herbstliche Luft und deutete über Mrs Fergusson hinweg ins Haus.
»Es riecht hier irgendwie verbrannt. Haben Sie vielleicht etwas auf dem Herd vergessen?«
Gelassen schüttelte die Frau den Kopf. »Die Platte unter dem Porridge ist ausgeschaltet.«
Fiona stellte sich einen Topf vor, aus dem beißender Rauch aufstieg, und im selben Moment zog eine Qualmwolke durch den Flur.
Mrs Fergusson fuhr herum, stieß einen Schrei aus und stürzte davon, ohne sich weiter um Fiona zu kümmern.
Vor sich hin lächelnd, stellte Fiona im Stillen fest, dass es doch manchmal durchaus von Vorteil sein konnte, eine Hexe zu sein. Während von irgendwoher die schrillen Entsetzensschreie der Pastorenfrau ertönten, ging Fiona auf eine offene Tür am Ende des Ganges zu. Hier saß ein Mann um die sechzig Pfeife rauchend hinter einem Schreibtisch und las Zeitung. Offenbar handelte es sich um den viel beschäftigten Pastor Fergusson. Obwohl auch hier das Geschrei aus der Küche deutlich zu hören war, hob er nicht einmal den Kopf.
Fiona klopfte an den Türrahmen und trat gleichzeitig ein. Sie hatte nicht vor, sich abwimmeln zu lassen.
Der Pastor hob den Kopf und sah sie nur unwesentlich freundlicher an, als es eben seine Frau getan hatte.
»Wie kommen Sie hier herein?«
»Durch die Tür«, erwiderte Fiona wahrheitsgemäß. »Ich muss dringend einen Blick in die Kirchenbücher werfen. Es geht um eine meiner Vorfahrinnen. Catriona Abercrombie.«
»Abercrombie?« Der Pastor betrachtete sie misstrauisch von Kopf bis Fuß. »Sind Sie etwa mit Noreen Abercrombie verwandt?«
Fiona nickte stolz. »Ich bin ihre Tochter.«
»Sind Sie nicht! Ich habe Noreen Abercrombie vor drei Monaten beerdigt. Ihre Tochter hat rote Haare und ist wesentlich kleiner als Sie.«
»Das war Noreens jüngste Tochter. Ich bin die Älteste.«
»Noreen hatte nur eine Tochter. Eine sehr verzogene, muss ich sagen. Der Gedanke, dass sie nun Lehrerin an unserer Schule ist, macht mich nicht sonderlich glücklich.«
»Dawn ist eine wunderbare Lehrerin«, erklärte Fiona und warf den Kopf in den Nacken. »Die Kinder lieben sie.«
Pastor Fergusson schnaubte verächtlich durch die Nase.
»Soweit ich weiß, leben die Abercrombies seit mehreren Hundert Jahren hier in der Gegend. Also müssen ihre Geburts- und Todestage in den alten Kirchenbüchern verzeichnet sein«, erklärte Fiona, ohne sich um Fergussons spöttische Laute zu kümmern.
Offenbar begriff der Pastor langsam, dass sie sich nicht abwimmeln lassen würde, denn er legte die Pfeife in den Aschenbecher und stemmte sich widerwillig aus seinem Stuhl hoch. Dann führte er Fiona durch den Flur in ein muffiges, fensterloses Kabuff, an dessen Wänden auf wurmstichigen Holzregalen zahlreiche Folianten und Schachteln mit Papieren aufgereiht waren. Eine nackte Glühbirne verbreitete ein trübes Licht.
»Hier.« Mit einer unbestimmten Handbewegung deutete Pastor Fergusson auf die Regale.
»Wo?« Suchend schaute Fiona sich um. Sie sah Dutzende von großformatigen ledergebundenen Büchern, bei denen es sich um Tauf- und Sterberegister handeln konnte.
»Da müssen Sie schon selber suchen. Ich habe zu tun.« Eilig verschwand Fergusson im Flur.
Durch die offene Tür hörte Fiona die Pastorenfrau in der Küche lärmen. Wahrscheinlich war sie immer noch damit beschäftigt, den angebrannten Haferschleim aus dem Topf zu kratzen. »Padraig?«, kreischte sie, als sie die Schritte des Pastors hörte. »Hast du etwa den Herd eingeschaltet?«
Lächelnd hörte Fiona zu, wie das Pastorenpaar sich gegenseitig beschuldigte, an dem Malheur in der Küche schuld zu sein. Dann zog sie auf gut Glück einen der Folianten aus dem Regal und begann mit der Suche nach einem Eintrag unter Catrionas Namen.
Aidan fuhr vom Einkaufen nach Hause. Vor ihm wirbelte der
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