Geisterstadt
dieser Sache richtigliegst. Ich sehe das anders. Aber selbst, wenn ich deiner Meinung wäre, wir haben nichts davon, wenn wir stundenlang ins Blaue hinein spekulieren. Wir müssen uns an die Fakten halten, und die Fakten sagen uns, dass die Lamaru Menschen mit echten, ganz realen Waffen umbringen.«
»Das hier könnte eine Spur ...«
»Genau wie die Leichen. Du weißt schon, die handfesten Beweise, die wir haben. Konzentrieren wir uns darauf, hm?«
Am schlimmsten war, dass Chess Lauren wirklich keinen Vorwurf machen konnte, auch wenn sie es gern gewollt hätte. In Anbetracht der Informationen, die sie hatten - den Informationen, die sie haben durften -, wäre Chess vielleicht zu dem gleichen Schluss gekommen.
Ach, wem wollte sie denn hier was vormachen. Nein, sie wäre nicht zu dem gleichen Schluss gekommen, jedenfalls hoffte sie das. Aber trotzdem konnte sie Lauren nicht richtig böse sein, und das machte sie wütend.
»Na gut«, sagte sie, weil Lauren anscheinend irgendeine Antwort erwartete.
»Gut. Warum treffen wir uns dann nicht einfach in, sagen wir, drei Stunden bei der Kirche. Bis d ahin sollten ein paar neue Berichte eingetrudelt sein. Und wir können auch noch mal runter zu den Docks und uns den Platz angucken, wo dieser tote Lamaru gefunden wurde, wie hieß der doch gleich?«
»Denby«, sagte Chess. »Warum erst in drei Stunden? Warum fahren wir nicht gleich hin?«
»Ich treff mich noch mit meinem Daddy.« Lauren legte die Stirn in Falten und sah auf die Uhr, während Chess sich gerade noch ein Augenrollen verkneifen konnte. »Eigentlich komme ich jetzt schon zu spät. Bist du mit der Akte schon durch? Gestern wolltest du dir ja diese genetische Anomalie noch mal angucken. Bist du damit fertig?«
»Ich bin noch nicht dazu gekommen ...«
»Na, jetzt hast du doch Zeit.«
Chess biss die Zähne zusammen. Darf die Tochter des Großältesten nicht ins Gesicht schlagen. Darf die Tochter des Großältesten nicht ins Gesicht schlagen.
»Ja, sieht so aus.«
Lauren ließ sich schwer in den Autositz fallen. »Gut. Kannst mir ja dann später alles berichten. Bis dann.«
Sie wartete die Antwort nicht ab. Das hatte Chess auch nicht erwartet. Stattdessen sah sie zu, wie der Wagen vom Parkplatz rauschte, und überlegte, was sie als Nächstes tun sollte. Ja, sie konnte zurück zur Kirche und stundenlang im Geheimarchiv rumhocken. Wahrscheinlich sollte sie das sogar. Aber was zum Teufel sollte das bringen? Sie kam der Lösung des Falls keinen Schritt näher, wenn sie herausfand, was für Erbgutschäden die Opfer gehabt hatten. Dieser Fall war erst dann gelöst, wenn sie die Scheiß-Lamaru in die Finger kriegte und herausbekam, was zur Hölle sie da mit Psychopomps trieben und worin die Verbindung zu Menschen mit Gendefekten bestand.
Sie hatten ihren Psychopomp dabei, in der Handtasche. Zum ersten Mal dachte sie mit Unbehagen daran und stellte sich vor, wie der Schädel ohne Vorwarnung zum Leben erwachte und sie angriff. In ihrer Zeit als Debunkerin hatte sie vier oder fünf verschiedene gehabt; sie waren Handwerkszeug, etwas, das man unter Kontrolle hatte. Mehr noch, sie gehörten zum Standardrepertoire der Kirche, ein Symbol ihrer Hoheitsgewalt, und als solches standen sie auch für ihre eigene Macht und Unabhängigkeit. Ihre Freiheit, soweit man davon überhaupt sprechen konnte.
Die Lamaru hatten schon früher versucht, die Kirche zu zerstören. Eigentlich schon seit dem Moment, in dem sie an die Macht gekommen war. Aber sie hatten noch nie so direkt in ihrem Herzen zugeschlagen und ihre eigene Macht so offensichtlich gegen sie gewendet.
Sollte Lauren doch behaupten, die Lamaru und die Psychopomps hätten nichts miteinander zu tun, so viel sie wollte. Es stand ihr ja auch frei zu behaupten, dass die Erde eine Scheibe war. Beides war Blödsinn, und Chess wusste es.
Scheiß aufs Geheimarchiv! Chess hatte harte Beweise. Und harte Drogen. Was sie mit Letzteren anfangen konnte, wusste sie schon, darin hatte sie jahrelange Übung. Jetzt musste sie nur noch rausfinden, was sie mit Ersteren machen sollte, und beides konnte nicht länger warten.
Sie sprang ins Auto und machte sich auf den Weg zum Markt.
14
Familie ist das Wichtigste, was es gibt, und du solltest deinen lieben Gatten ermutigen, so viel Zeit wie möglich mit den Kindern zu verbringen.
Ratschläge für die Damenwelt von Mrs Increase
Ja, okay, sie hatte gehofft, Terrible zu sehen, und ja, okay, ihre Stimmung ging ein bisschen in den Keller,
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