Geisterstadt
bei der Feuerwehr angerufen. Sie sind schon auf dem Weg. Gab es bei dir eine Feuertreppe? Wo hast du denn gesteckt?«
»Im Psychopompraum. Da gibt es eine Feuertreppe ... Scheiße, vielleicht zünden sie da auch gleich eine Bombe. Wir müssen uns beeilen.«
Verdammt. Zuerst mussten sie mit den Geistern fertigwerden. Chess konnte sie über Laurens Schulter hinweg sehen, wie sie durch die Wände glitten. Zwar mussten sie dafür die Waffen draußen zurücklassen, aber sie würden bestimmt keine Schwierigkeiten haben, sich hier drinnen neu auszurüsten. »Scheiße!«
Sie wühlte in ihrer Tasche nach dem Rest Teufelsdreck, der Friedhofserde und dem Notvorrat an Eisenspänen. Wenn die Lamaru auch noch die andere Feuertreppe sprengten, gäbe es für sie keinen Weg hinaus mehr, nicht wenn die Bürotür wirklich versperrt war. Gut, Lauren hatte die Feuerwehr gerufen. Es bestand sogar die geringe Chance, dass jemand aus der Nachbarschaft des Schlachthofs sie schon früher alarmiert hatte, obwohl es wahrscheinlicher war, dass man dort mit der Jagd auf die Tiere oder der Planung von Plünderungen beschäftigt war.
Aber Downside hatte gar keine Feuerwache, worauf also hoffen? Es würde noch mindestens eine Viertelstunde dauern, bis ein Feuerwehrauto eintraf, und dann war sowieso schon alles zu spät. Das Feuer fraß sich durch den Schlachthof und kroch Zentimeter für Zentimeter über Holz und Mörtel wie ein hungriges Tier, das nur aus einem Maul bestand. Schon drang Rauch durch die Bürowand. Ihnen blieben vielleicht fünf Minuten, höchstens zehn, wenn sie nicht in der Stadt der Ewigkeit landen wollten.
Ihre Lebenserwartung verkürzte sich natürlich noch einmal drastisch, wenn es ihnen nicht gelang, mit den fünf Geistern fertigzuwerden, die sich zwischen ihnen und der Tür materialisierten.
Lauren duckte sich, zog die Rabenschädel aus der Tasche und legte sie auf den Boden. Ihre blutigen Hände hinterließen bei der leichten Berührung auf jedem Knochen einen roten Fleck.
Chess kämpfte die Panik nieder, die bei diesem Anblick in ihr aufstieg, und zog ihren Plastikbeutel mit dem Salz hervor. Psychopomps waren sicher nicht die tollste Idee, aber sie hatten schließlich keine große Wahl, oder? Nur weil es ein paar Unfälle gegeben hatte und nur weil sie recht behalten hatte, was die Pläne der Lamaru anging, hieß das ja nicht, dass Lauren ihre Raben nicht unter Kontrolle hatte.
Natürlich hätte sie eigentlich sowieso nicht in der Lage sein sollen, die Raben zu kontrollieren, aber na gut.
Und einfach nur hier rumstehen und Maulaffen feilhalten nützte eh keinem was. Chess griff zum Ektoplasmarker und schnickte die Kappe ab, während sie Lauren mit der anderen Hand auf die Schulter tippte. Energie schoss ihr den Arm entlang, und zum ersten Mal, seit sie denken konnte, beunruhigte sie das Gefühl. Zu viel Stress, zu viel Wut und Angst mischten sich in diesen Energiestoß. Was auch immer Lauren in diesem Raum zugestoßen war, es war nichts Gutes gewesen.
Doch in Laurens Augen zeigte sich keine Spur von diesen Gefühlen. Sie senkte den Blick und nickte zu dem Häufchen Kräuter, das sie auf dem Boden aufgeschichtet hatte. Chess sali zu, wie sie es anzündete und dann mehr in die Hand nahm.
»Los!«
Die Geister stürmten zugleich mit Chess vor, genau, wie sie es erwartet hatte. Sie sprang beiseite und ließ etwas Salz aus ihrem Säckchen zu Boden rieseln. Wenn es ihr bloß gelänge, sie abzulenken, sie mit den Augen festzuhalten ...
Eiseskälte durchzuckte ihr Hirn. Eine Geisterhand. Für eine Sekunde war sie blind; Schmerz spaltete ihr den Schädel. Nur ihr Instinkt und die Kirchenausbildung bewahrten ihr einen Rest Konzentration. Sie duckte sich, bereit für den nächsten eisigen Schwinger und eine entsprechende Ausweichbewegung.
Sie waren jetzt hinter ihnen. Anhaltende Kälte, als ihre
Hände durch sie hindurchglitten, versuchten, sie zu packen, sie zu schlagen. Ihre Wut steckte sie an und beschleunigte ihren ohnehin galoppierenden Puls, bis sie sich fühlte, als hätte sie einen ganzen Beutel Nips geschluckt und stünde jetzt kurz vor dem Herzinfarkt.
Aber sie hatte den Kreis fast geschlossen.
Laurens Stimme erhob sich hinter ihr, hinter den Geistern. Scheiße, warum fing sie denn schon mit der Beschwörung an, der Kreis war doch noch gar nicht ...
Glas splitterte. Schmerz flackerte an ihren Nervenenden auf wie Tausende von kleinen Flammen, als sich die Splitter in ihr Fleisch gruben. Die Fenster oben in
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