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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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das Feuerzeug heraus, hielt die Zweige fest und entzündete die Blätter.
    »Bei dieser ...« Ein Hustenanfall unterbrach sie. Sie schluckte krampfhaft und beugte sich vor, um etwas frische Luft zu bekommen - so frisch, wie es eben ging -, und versuchte es noch mal. Dieses Mal kam sie bis zum Ende und ließ die Blätter auf Laurens Feuer fallen, während sie sprach.
    »Bei dieser Macht befehle ich den Wächtern der Toten. Bei meiner Macht gebiete ich den Wächtern der Toten. Hört mich, Wächter! Ich binde euch. Ornithramii mordreus. Ich binde euch.«
    Scheiße. Nicht genug Macht. Vielleicht waren die Mistelzweige auch schon zu schwach; nach der Verwendung in einer Fetischbombe und dem anschließenden Salzbad waren sie wahrscheinlich schon ziemlich ausgelaugt. Und sie selbst hatte definitiv auch nicht mehr genug Power. Irgendwie konnte sie sich nicht richtig erden und sich auf den Energiefluss konzentrieren, der sie durchströmte. Stattdessen spürte sie die Hitze, das Feuer, das immer näher kam, den anhaltenden ziehenden Schmerz in den Augen und das Wummern im Kopf, während das Gehirn nach mehr Sauerstoff schrie. Die Zeit lief ihnen davon. Sie wollte hier nicht sterben, nicht so.
    Die Raben aus den Augen zu lassen und die ohrenbetäubenden Schüsse auszublenden kostete sie unglaubliche Überwindung, aber sie hatte keine andere Wahl. Sie schloss die Augen und holte tief Luft. Sie versenkte sich, so gut sie konnte, in sich und versuchte, den Dreck, den Schleim und die Angst hinter sich zu lassen, die rasende Wut zu vergessen. Endlich fand sie den versteckten Funken Macht in sich. Und ließ ihn frei.
    »Wächter, ich gebiete euch. Ich binde euch! Ornithramii mordreus, ich binde euch!«
    Der Rückstoß ihrer Energie, die sich mit den Mistelzweigen verband und den Vögeln entgegensauste, durchlief sie als Schockwelle. Es hatte nicht ganz funktioniert. Die Mistelzweige waren zu sehr von dunkler Energie befleckt, zu stark mit dem verbunden, was die Raben von Werkzeugen in Mordwaffen verwandelt hatte.
    Aber ein kleines bisschen war noch da. Ein Fünkchen der wahren Macht der Mistelzweige schlummerte noch immer unter dem Dreck und vereinigte sich mit ihrer. Leider galt das auch für den Dreck. Ihr Magen rebellierte, und saurer Speichel sammelte sich in ihrem Mund. Nicht gut. Keine gute Energie. Faulige, kranke, verdrehte Energie machte sich in ihr breit.
    Es würde nicht anhalten, so viel war ihr klar; sobald sie die Raben ziehen ließ, würde auch die Energie sie wieder verlassen, genau wie bei jedem anderen Zauber. Aber jetzt im Moment war sie da, und das war schon schlimm genug.
    Die Raben verstummten und landeten auf dem knapp einen halben Meter entfernten Schreibtisch. Äußerlich waren sie reglos, aber Chess spürte, wie sie innerlich tobten. Die Bindung wankte bereits und wurde schwächer.
    »Wir müssen auf der Stelle hier raus. Das hält sie nicht lange auf.«
    Lauren wollte etwas sagen, bekam stattdessen aber einen Hustenanfall. Gemeinsam schlüpften sie hinter den Schreibtisch und krochen zur Tür. Wenn sie überhaupt irgendwie noch Luft bekommen wollten, mussten sie den Kopf unten halten. Und das wollte Chess unbedingt.
    Ihr nasser Ärmel schützte sie nicht im Geringsten vor der Hitze des Tiirknaufs, aber sie drehte ihn trotzdem herum und wappnete sich innerlich gegen einen Anblick, auf den sie nichts in der Welt vorbereiten konnte.
    Wie konnte das Dach bloß immer noch stehen? Warum war die Metallrampe noch nicht längst zusammengebrochen? Sie standen inmitten eines Albtraums. Bis auf das schauerliche, hungrige Prasseln des Feuers war es jetzt ganz still.
    Geister huschten noch immer um die Säulen aus brennendem Holz und schmelzendem Stahl. Bis jetzt schienen sie Lauren und Chess noch nicht bemerkt zu haben; vermutlich überlagerte die mörderische Hitze die schwache Energie, die von ihren Körpern ausging. Für den Moment jedenfalls. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie entdeckt wurden, und längst nicht alle Geister trieben sich im unteren Stockwerk herum. Das Ganze konnte sich als Falle erweisen, eine Rampe aus Feuer, die genauso sicher in den Tod führte wie die metallenen Viehrampen unter ihnen. Der Gedanke ließ sie erschaudern und zwang sie, die schweren Füße in Bewegung zu setzen.
    Ihre Lungen brannten. Jeder Atemzug kostete Kraft. Die dünne, trockene Luft schien nicht ein Quäntchen Sauerstoff mehr herzugeben. Jede Sekunde rechnete sie damit, in Flammen aufzugehen; die Hitze dörrte sie

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