Geklont
das an, was Rocher gesagt hatte. Die Reporter drängten sich auf den Treppen und in den Bürotüren wie Raubtiere, die zwischen Felsen hervorsprangen, mit laufenden Schreibautomaten vorstießen, um jeden Zentristen im Rat und Senat zu fragen: »Glauben Sie, daß es eine Verschwörung gab?«, und: »Was denken Sie nach Rochers Rede?«
Was für manche Zentristen ein schmaler Grat war, auf dem sie gehen mußten.
Er hoffte inständig, etwas davon entschärft zu haben. Daß er zitierbar gewesen war.
Man sollte nie sagen, daß die Nachrichtendienste fürs Amt für Information tätig waren, deren gewählte Rätin Catherine Lao war, Ariane Emorys zuverlässiger Widerhall im Rat: Man sollte nie sagen, daß Beförderungen erreicht und Karrieren gemacht wurden - wenn Reporter Material beibrachten, das das Obere Management zufriedenstellte. Man konnte es den Reportern nicht zum Vorwurf machen, wenn sie merkten, daß das Obere Management mehr und immer mehr über die Verschwörungstheorie hören wollte: Es war mit Sicherheit eine gute Show.
Corain schwitzte jedesmal, wenn er einen Schreibautomaten in der Nähe von jemandem aus seiner Partei sah. Er hatte mit jedem einzelnen von ihnen persönlich zu sprechen versucht, um auf Umsicht und Anstand zu drängen. Aber die Kameras waren ein Rauschmittel, der Zeitplan der Zusammenkunft um die Bestattung war gedrängt und stand unter hohem Druck, und nicht jeder Rat und nicht alle Angehörigen des Personals in der Partei stimmten mit der Parteilinie überein.
Die Kameras fingen Gesichter ein, die nie zuvor zur Verfügung gestanden hatten: der Direktor von Reseune, Giraud Nye, um nur einen zu nennen. Die Reporter nahmen endlose Mühen auf sich, um der zusehenden Öffentlichkeit zu erklären, daß Ariane Emory entgegen der allgemeinen Annahme nicht die Administratorin von Reseune gewesen war, ja bis kurz nach ihrem fünfzigsten Lebensjahr überhaupt keinen administrativen Posten in Reseune innegehabt hatte. Es gab neue Namen zu lernen. Giraud Nye. Petros Ivanov. Yanni Schwartz.
Dieser verdammte Nye hatte eine gewisse Ausstrahlung in Interviews.
Und wenn ein Ratssitz frei wurde und der fragliche Rat keinen Nachfolger benannt hatte, dann benannte der Amtsminister der jeweiligen Wahlvertretung einen Nachfolger. Das war in diesem Fall Giraud Nye.
Dem durchaus zuzutrauen war, seinen Posten in Reseune aufzugeben, um sich um Emorys Sitz zu bemühen.
Das bedeutete, dachte Corain düster, daß Nye gewinnen würde. Es sei denn, Jordan Warricks Prozeß brächte etwas Explosives ans Tageslicht. Es sei denn, Warrick nutzte den Prozeß als Podium und entkräftete die Vorwürfe. Aber Corains eigene Informanten im Amt für Innere Angelegenheiten sagten, daß Warrick weiterhin unter Hausarrest stand; Merild in Novgorod, gegen den selbst vom Amt als möglicher Mittäter ermittelt wurde, war nicht der Anwalt, der Warricks Verteidigung übernehmen würde, und, o Gott, ein Anwalt der Abolitionisten hatte versucht, mit Warrick Kontakt aufzunehmen. Warrick hatte vernünftigerweise abgelehnt, aber vom Amt für Innere Angelegenheiten verlangt, ihm einen zuzuweisen, der ihn beraten sollte - was in den Nachrichten für einige Aufregung sorgte: ein Mann mit Warricks Rücklagen, eine Sonderperson, der mit einem vom Amt gestellten Anwalt zur Vernehmung vor dem Rat erschien, als sei er praktisch mittellos, weil all seine Kreditkonten in Reseune gesperrt waren und Reseune, um irgendwie den Anstand zu bewahren, nicht sowohl die Strafverfolgung als auch die Verteidigung von seiner eigenen Rechtsabteilung erledigen lassen konnte.
Ernste Musik erklang. Die Familienmitglieder versammelten sich zu einem letzten Gruß um den Sarg. Dann verschlossen und versiegelten ihn die militärischen Ehrenwachen. Das militärische Geleit und der Sicherheitsdienst von Reseune warteten draußen.
Ariane Emory würde in den Weltraum verschwinden. Keine Grabmäler, hatte sie gesagt. Einäscherung und Abtransport in den Weltraum, wo der Träger Gallant, der sich gerade in Cyteens System aufhielt, eines seiner Geschosse benutzen würde, um Emorys Asche in die Sonne zu befördern. Was die letzte Extravaganz war, um die sie die Regierung der Union gebeten hatte.
Das verdammte Weibsbild wollte unbedingt sichergehen, daß niemand sich mit einer Gewebeprobe davonmachte, das steckte dahinter. Und wählte sich eine ganze Sonne zum Grabmahl.
VII
Ein Attentat erforderte eine zu kurzfristig angesetzte Bestattung, um den ganzen Rat zu
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