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Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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baumelnd, durch die Posträume schlurfte und dazu ständig in breitestem Bayrisch vor sich her grummelte, dann konnte man ihm einfach nicht böse sein – und man hätte oft Grund dazu gehabt. Sehr oft…
    Denn der liebe Xaver hatte neben einem großen Rauchwaren-Vorrat auch stets einen gut gefüllten Küh lschrank – und in dem war selten bis nie Wasser oder ähnliches zu finden. Nein – was anderes als Gerstensaft kam dem Xaver da nicht rein. Man musste ja irgendwie über den Tag kommen. Und der begann für den Alpen-Postler öfters mal bereits um 5 Uhr.
    „Jo mei, schau hoalt a moal – du koannst doach soa Doag ned duarchstehn oahne a Floaschn Biar!“ So oder ähnlich hörte sich das dann an, wenn der Plattner Xaver am frühen Morgen den Moment kommentierte, in dem der erste Kronkorken zischte.
    Ich hätte ja regelmäßig kotzen können – Bier zum Frühstück, das war für einen katholisch erzogenen Sechzehnjährigen undenkbar! Aber die Anderen, inklusive des Betriebsleiters, dem Herrn Grothe, fanden das normal – was sollte ich da sagen? Ich guckte mir das Spiel halt an und musste auch bald schon mit den Konsequenzen der morgendlichen Saufgelage klar kommen …
    Denn dummerweise stand beim Xaver auch ein Mikrofon auf dem Schreibtisch. Gedacht war das Teil für das Aufsichtspersonal, das morgens guckte, dass die Kolleginnen Postverteilfrauen auch schön alle Sendungen zügig und richtig in die Fächer sortierten. Und wenn diese Arbeit gegen halb neun erledigt war, dann erschallte über die Lautsprecheranlage, die im ganzen Postamt – außer im Schalterraum  - angebracht war, das magische Wort „Rundgang“. Und das war das Zeichen für die Briefträger, dass sie jetzt schnell die letzten Briefe aus den Fächern einsammeln konnten und dann ging es ab aufs Rad.
    Und nach diesem einen einzigen Wort wurde besagtes Mikro eigentlich den lieben langen Rest-Tag nicht mehr gebraucht. Es stand halt, vermutlich aus rein technischen Gründen, auf dem Tisch des Kollegen aus dem südlichsten Bundesland und dort dann eben „nur so rum“, jedenfalls die meiste Zeit.
    Was den Xaver nun an jenem schicksalshaften wie denkwürdigen  Tag genau geritten hatte, das weiß man bis heute nicht. Aber er meinte wohl, dass die Kosten für Mikrofon und Boxen sich erst amortisieren würden, wenn er das Ding einer besseren Auslastung unterziehen würde.
    Es war mehr als wahrscheinlich, dass Kollege Plattner seinen halben Kühlschrankinhalt bereits intus hatte, als es geschah. Vermutlich hatte er auch schon mehrmals das Waschbecken in der hinteren Ecke des Briefverteilraums als Urinal zweckentfremdet, weil ihm der Weg aufs WC im Keller immer ein bisschen zu anstrengend war – der Mann war immerhin um die 60! Sehr gut möglich, dass er dabei auch wiederholt die beiden Verteildamen, die Nachmittagsdienst hatten, gleichermaßen erschreckt wie verstört hatte, als sie im entscheidenden Augenblick Wasser für ihren Kaffee holen wollten.
    All diese Umstände waren nicht mehr nachvollziehbar – aber das Ergebnis dieses Nachmittags, das hatten alle noch lange in ihren Köpfen.
    Zur Erinnerung noch einmal die Feststellung, dass im Schalterraum aus naheliegenden Gründen keine Boxen der Lautsprecheranlage installiert waren. Man musste sich schon sehr laut artikulieren, wenn man wollte, dass Kunden und Schalterkräfte etwas von dem verstanden, was durch jenes eigentlich im Dornröschenschlaf befindliche Mikrofon gesagt wurde.
    Xaver Plattner tat genau das. Er tat es ausreichend um nicht zu sagen unüberhörbar laut…
    „ Oachtung, glei gibt’s a Gwitter!“ hörten alle, wirklich alle, die sich zu dieser Zeit vor und hinter den Scheiben der vier Postschalter befanden, in nicht mehr zu überbietender Deutlichkeit und Lautstärke. Vielleicht gab es auch einen bis dato unbekannten Lautsprecher – ich weiß es bis heute wirklich nicht. Aber was sich bis zum heutigen Tag unlöschbar in meine innere Festplatte eingebrannt hat, das war das, was auf jenen Satz folgte.
    Zuerst war es nur dieses angesäuselte Lachen. Es sorgte für Aufmerksamkeit in der Schalterhalle. Man konnte Xaver ja für etwas einfältig halten – einen ausgeprägten Sinn für Dramaturgie hatte er aber. Denn erst auf dieses Lachen folgte es: „das Gewitter“ – in Form eines der mächtigsten Fürze, die die Menschheit je gehört hat!
    PRÖÖÖÖT!!!
    Blankes Entsetzen in allen Gesichtern, man verfiel in kollektive Schockstarre. Vor allem meine Kollegen und ich, denn: Wie

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