Geliebte des Feuers
vollkommen erledigt. Ihr braucht mehr Ruhe.«
»Ich weiß nicht, ob ich schlafen kann«, antwortete Miri. Es schmerzte Dean, zu hören, wie erschöpft ihre Stimme klang. Er stellte seine Schüssel ab, nahm ihre Hand und hielt sie fest, während Ren und Koni höflich zur Seite sahen. Dann drückte er seine Lippen auf ihre Handfläche und drehte sich um. Wo befanden sie sich eigentlich? Vor der Dunkelheit erhob sich die glitzernde Stadt wie ein Band aus Juwelen. Es war ein atemberaubender Anblick. Er hörte ein Rauschen in seinem Kopf, fühlte den Druck auf seinem Körper, den Zug, der diesmal fast gierig wirkte. Etwas ganz Ähnliches spürte er auch bei seinen Freunden, nur schwächer. Energie, Macht. Miri konnte er sehen ... aber nicht fühlen. Wie Long Nu oder Lysander schien sie wieder so selbstbezogen — was sie als Kind nicht gewesen war. Vor der ... Verletzung. Er fragte sich, was das bedeutete. Es musste eine Verbindung zu alldem haben. Alles war miteinander verflochten, wie er immer mehr feststellte.
»Sieh nur«, sagte er und drehte Miri herum, damit sie die Stadt sehen konnte. »Sieh dir diesen Glanz an, Sweetheart. Es ist immer noch eine wunderschöne Welt.«
»Das macht sie aber nicht weniger angsteinflößend.«
»Seit wann hätte Furcht dich jemals abgeschreckt? Was würde Ni-Ni jetzt tun?«
»Weitermachen«, antwortete sie prompt. »Geradeheraus und entschlossen. Sie würde jemandem mit ihrer Bratpfanne die Scheiße aus dem Leib prügeln.«
»So eine Pfanne hab ich auch«, warf Ren ein.
Miri lächelte. »Vielleicht borg ich sie mir ja mal aus.« Dann sah sie Dean an. »Willst du die Jade jetzt noch einmal lesen?«
»Morgen«, erwiderte er, bedrückt von einem schrecklichen Gefühl der Unausweichlichkeit. Lysander war ganz in der Nähe, und Robert auch. Außerdem vielleicht noch mehr von Kevins Leuten, die immer noch für diese unbekannte Frau arbeiteten, die die Jade so dringlich suchte. Sie alle verhießen Ärger. Es spielte keine Rolle, ob sie sich die Zeit nahmen, zu planen oder zu schlafen. Oder ob sie einen Tag herumspielten und sich wie Narren benahmen. Die Zukunft war hier, war bereits angekommen. Sie wartete nur darauf, sich ihnen zu offenbaren: als Gewalt, als Feuer. Und sie konnten nichts tun, um sie aufzuhalten.
Also ruh dich aus. Sammle deine Kraft. Das hier wird der wichtigste Kampf in deinem Leben, und du musst darauf vorbereitet sein.
Miri protestierte nicht, als er ihr die Teetasse abnahm und auf die Kühlbox stellte. Sie sagte auch kein Wort, als er seine Arme unter ihre Achseln und Beine schlang und sie aus dem Stuhl hob. Es fühlte sich gut an, sie so nah zu spüren, der eine Mann auf der Welt zu sein, dem sie das erlaubte. Schon als sie noch Kinder gewesen waren, hatte Miri immer nur eine einzige Person um Hilfe gebeten, außer ihrer Großmutter nur einen Menschen.
Koni und Ren beobachteten ihn. Dean warf ihnen einen Blick zu, der besagte: Passt auf. Die beiden Männer nickten.
Dann trug er Miri hinunter und brachte sie ins Bett.
Dean duschte in Rens Badezimmer, zog sich einen Trainingsanzug an und betrachtete sich im Spiegel. Seine Augen waren blutunterlaufen und wirkten müde. Er musste sich rasieren. Seine Brust wirkte mit ihren Narben zwar etwas exotisch, aber es war nicht ganz so schlimm, solange die Wunde nicht glühte. Jetzt war das Mal dunkel, alles schien sicher.
Er verließ das Bad und zögerte einen Moment, bevor er zu Miris Zimmer ging. Er klopfte an, hörte ihre Stimme und öffnete die Tür. Sie lag auf der Bettdecke. Die Seidenrobe sah er am Boden ...
»Oh«, sagte er.
»Du hast doch vor, heute Nacht hier zu schlafen, richtig?«, fragte sie. Dean schluckte und schloss hinter sich die Tür. Dann ging er zum Bett und starrte auf ihren nackten Körper.
»Ähm ...«
Miri lächelte. »Zieh deine Hose aus«, sagte sie dann. Er gehorchte, und als sie ihn ansah, ihr Blick sich auf seinen Körper richtete und dort verharrte, war das heißer und schöner als jede Berührung, die er in den letzten zwanzig Jahren gefühlt hatte.
»Nett«, murmelte Miri. Sie streckte die Hand aus und berührte ihn. Zart, sanft. Ihre Fingerspitzen streiften ihn so leicht wie Federn. Dean sah ihr zu und biss dabei die Kiefer so fest zusammen, dass er schon fürchtete, er würde seine Zähne zermahlen.
»Gefällt dir das?«, fragte sie. Er registrierte, wie atemlos ihre Stimme klang. Er packte ihr Handgelenk und setzte sich aufs Bett, küsste ihre Handfläche, ihre Fingerspitzen.
Weitere Kostenlose Bücher