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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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und strich sich das Haar hinters Ohr.„Und ich glaubte immer, Straßenräuber würden ihren Feinden tapfer Widerstand leisten.“
    „Nicht immer. Und niemals mit Damen im Schlepptau.“ Zwar hatte er seinen Freunden und auch sich selbst gegenüber großspurig immer so getan, als läge ihm nichts am Leben. Doch im Augenblick erschien es ihm vielversprechender, am Leben zu bleiben.
    „Ach ja, im Schlepptau. So, wie man einen alten Kohlenkahn im Schlepptau hat.“ Sie schniefte empört und beugte sich vor, um an ihm vorbei in die Dunkelheit spähen zu können. „Genau genommen verstecken wir uns auch gar nicht vor ihnen, Harry. Sie wissen bereits, dass wir hier sind, sonst hätten sie sich doch nicht die Mühe gemacht, sofort auf uns zu schießen. Und außerdem, selbst wenn sie un s nicht gesehen haben, so haben sie in der Zwischenzeit in deinem magischen Mondlicht die Pferde gesehen.“
    „Zum Teufel noch mal, wieso kannst du nicht etwas weniger vernünftig sein?“, fragte Harry, während auch er jetzt zu den Pferden hinschaute. „Wieso kannst du nicht ein bisschen weniger logisch denken und wie jede andere Frau einfach nur Angst haben?“
    „Weil ich nicht wie andere Frauen bin, Harry“, sagte sie und bestätigte damit, ohne es zu wissen, seine Meinung. „Weil ich nun einmal so bin, und ich kann nicht …“
    „Im Namen der Obrigkeit dieser Grafschaft, kommt heraus da!“, brüllte ein Mann von der Straße her. „Zeigt eure Gesichter, feige Bastarde, bevor wir euch holen kommen!“
    „Diese verfluchte Obrigkeit“, knurrte Harry verdrossen. „Ich glaube, ich muss hingehen.“
    „Warte!“ Ängstlich griff Sophie nach seinem Arm. „Woher weißt du, dass er wirklich zur Obrigkeit gehört? Woher willst du wissen, dass er nicht lügt?“
    „Ich weiß es nicht“, gab Harry zu und steckte die Pistole in den Gürtel zurück. „Aber lieber gehe ich zu ihm, als dass er herkommt und auch dich noch findet.“
    „Dann komme ich mit dir“, erklärte sie und nahm seinen Arm. „Ich lasse dich nicht allein gehen, Harry.“
    „Du bleibst hier“, sagte er entschlossen und machte sich frei.
    „Und das meine ich auch so, Sophie. Bleib, wo du sicher bist. Wie soll denn Sir William ohne eine Gouvernante für seine Söhne zurechtkommen?“
    „Ach, der verflixte Sir William“, fauchte sie und reckte sich, um Harry rasch auf die Wange zu küssen. War sie vielleicht am Ende doch wie alle anderen Frauen? Es hätte Sophie ähnlich gesehen, wenn sie es fertiggebracht hätte, beides zu sein: praktisch und empfindsam. „Bring alles in Ordnung mit ihnen und komm dann zu mir zurück. Aber sei bitte vorsichtig, Harry! Denk daran: Versuche nicht, um meinetwillen den Helden zu spielen, ja?“
    Versuche nicht, um meinetwillen den Helden zu spielen. Hatte er nicht genau das zu George gesagt, als der mit seinem Regiment aufgebrochen war? Und wie viel Leid hatte diese Warnung heraufbeschworen …
    „ Ich werde schnell machen , mein Schatz“, erwiderte er. Und dann hätte er ihr beinahe noch gestanden, dass er sie liebte. Aber im letzten Moment hielt er sich zurück. Mit trockenem Mund und klopfendem Herzen trat er unter dem Brückenbogen hervor ins Mondlicht.
    Ach, Sophie, Sophie, ich liebe dich, auch wenn ich nicht den Mut habe, es dir zu sagen.
    Er war nie ein Held gewesen. George gegenüber war er keiner gewesen, und er bezweifelte, ob er bei Sophie einer gewesen war. Er hatte nur sein trauriges Selbst zu bieten.
    Hoffentlich würde das dieses Mal genügen.

6. KAPITEL
    Sophie presste den Rücken fest an die Unterseite der Brücke und lehnte sich weit zu einer Seite, damit sie sehen konnte, wie Harry die Uferböschung hinaufkletterte. Er hielt die Hände hoch, um zu zeigen, dass die Pistolen in seinem Gürtel steckten. Natürlich trug er das schwarze Tuch nicht mehr, und da Sophie seinen Hut ins Gras hatte segeln lassen, war sein Gesicht völlig unverdeckt. Das würde sicher genügen, um jeder Obrigkeit – wenn es denn tatsächlich die Obrigkeit war, die da oben auf der Straße wartete – zu zeigen, dass er nichts Böses im Schilde führ te und dass keinerlei Notwenigkeit bestand zu schießen.
    Bitte, bitte, bitte, Harry, verlier nicht die Beherrschung und bleibe vernünftig!
    Sophie vermochte nicht zu sagen, ob er nun das Ufer hinaufschlenderte oder stolzierte, doch sie bemerkte, dass seine ganze Haltung völlige Sorglosigkeit auszudrücken schien.
    Ach, Harry, du großer, tapferer adliger Teufelskerl, sei vorsichtig, sei

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