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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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lehnte sie ab – nicht, weil sie obszön waren, sondern weil man sie nie mehr entfernen konnte. Und ein weißbärtiger Seemann mit so einer Schweinerei auf der Brust oder den Armen wirkt lächerlich, wenn er nicht mehr halten kann, was er da tätowiert vorzeigt.
    Joanna bekam bei Madame Palmar ein Zimmerchen unter dem Dach des ›Salons‹. Es war reiner Zufall, denn Joanna war vor dem Schaufenster der Madame stehengeblieben und hatte die Werbefotos betrachtet, als Señora Palmar aus dem Laden kam und sie ansprach.
    »Auch ein Bildchen, Señorita?« fragte sie freundlich. »Auf die linke Hinterbacke ein Täubchen und unterm Nabel einen Kolibri mit extra langem Schwänzchen … Das ist beliebt bei allen Kerlen! Kommen Sie herein! Als Tätowierte können Sie immer den doppelten Preis nehmen!«
    Joanna wurde nicht tätowiert, aber Madame Palmar vermietete ihr aus Mitleid das Kämmerchen unterm Dach.
    »Und womit willst du dich ernähren?« fragte sie später. »Ich meine, wenn die fünfunddreißigtausend weg sind? Soll ich dir das Tätowieren beibringen? Ich könnte eine Assistentin gebrauchen. Und du lernst dabei die Kerle kennen, bis es dir schlecht wird! Die meisten glauben, weil ihnen eine Frau die Haut ritzt, könnten sie alles auf den Tisch legen, was sie haben! Da habe ich immer eine kleine elektrische Nadel bereit. Zisch! geht das. Und die Kerle tanzen durchs Zimmer wie die Mayakrieger!«
    Joanna blieb keine Wahl.
    Sie bezog das winzige Zimmer, in dem ein Bett, ein Schrank und ein Stuhl standen; sie sah Señora Palmar beim Tätowieren zu und lernte es dann selbst, übte an weniger auffälligen Bildern, bis auch sie die Fertigkeit hatte, größere Hautgemälde auszuführen.
    Es war übrigens erstaunlich, wie viele Männer und vor allem junge Frauen sich durch Tätowierungen für immer ihren Körper verändern ließen. Wurde ein Kunde bei Joanna handgreiflich, so kam Madame mit ihrer besonderen Elektronadel …
    Eines Tages kamen zwei Männer in den ›Salon‹ und wurden, da Madame gerade mit künstlerischen Ausführungen einer eigenen Kreation auf dem Bauch eines Vollmatrosen beschäftigt war, an Joanna weitergereicht.
    Der eine war ein zwar vornehm aussehender, aber windiger Bursche mit Menjoubärtchen und bekannte ohne Zögern, daß er von Taschendiebstählen lebe und nichts anderes wünsche, als auf dem linken Unterarm die Tätowierung des griechischen Gottes Hermes.
    »Hermes, meine Schöne«, erklärte er Joanna, »war nicht nur der Gott des Handels, sondern auch der der Diebe! Ich bin abergläubisch, ich glaube daran, daß mir der Flügelstab des Hermes auf dem Arm unschlagbare Fähigkeiten verleiht, in die Taschen meiner Mitmenschen zu greifen!«
    Später, als Joanna das leichte Gebilde in seine Haut einritzte, stellte er sich beiläufig vor: Fernando Dalques …
    Fernando war mit der Arbeit sehr zufrieden, versprach, wiederzukommen und lud Joanna zu einem Fischessen ein. »Wie heißen Sie, schöne Señorita?« fragte er.
    Und zum erstenmal, aus einem Impuls heraus, nannte Joanna einen Namen, den sie nie zuvor gehört hatte und der ihr nur so einfiel: Mary-Anne Tolkins.
    »Amerikanerin?« staunte Dalques und freute sich über seinen Hermes-Flügelstab.
    »Aus Kalifornien. Nahe der Grenze zu Mexiko.«
    »Daher Ihr gutes Spanisch! Ich komme bestimmt wieder und hole Sie zum Fischessen ab.«
    In der nächsten Tätowierkabine hockte ein Riese auf dem Stuhl. Er hatte den Oberkörper schon freigemacht und grinste Joanna breit an. Alles an ihm war rot: das Haar, der Bart, die Brust- und Rückenhaare, die Haut, die Haare auf den Armen, die wie Schiffsmasten aussahen … kurz, ein Monstrum von Mann, überzogen von roter Wolle.
    »Ich heiße Jim McDonald!« sagte der Riese artig. »Zweiter Steuermann auf der ›Stavanger‹. Das ist ein Norweger. Aber ich bin Ire. Habe das Patent für große Fahrt! Und das will ich nicht nur schriftlich in meinen Papieren haben, sondern jeder soll's sehen. Miss, tätowieren Sie mir auf den Rücken ein Stück Meer, in dem die Sonne untergeht! Können Sie das?«
    »Ja«, antwortete Joanna. »Ich entwerfe es selbst.«
    Es wurde ein schönes Bild. Madame Palmar kam herüber und bewunderte es. Sie lobte die Stimmung von Blau und Orange, vor allem, weil es von einem feuerroten Teppich – Jims Rückenhaaren – umgeben war. Dort, wo das Meerbild tätowiert worden war, hatte Joanna die Haare wegrasieren müssen.
    McDonald drehte sich vor dem Spiegel, brüllte vor Freude über das

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