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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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Römer!
    Schließlich kamen wir doch wieder in ein etwas gepflegteres Viertel, aber auch dort sah man vereinzelt Leute im Nachthemd. Und dann erreichten wir zwei Brücken, zuerst eine recht kurze und dann eine irrsinnslange, und überquerten auf ihnen zwei Flüsse oder Flußarme, zuerst eben einen recht schmalen und dann einen irrsinnig breiten. Was das für Flüsse oder Flußarme sind, verriet uns natürlich kein Schwein, aber die Donau mit Donauarm war's bestimmt nicht! Bald danach bogen wir auf eine breite Straße mit Mittelstreifen ein. Und dieser Mittelstreifen wies, wie mir bald auffiel, eine Besonderheit auf: auf ihm standen nämlich in regelmäßigen Abständen süße kleine Bäumchen, und deren Kronen waren alle in Form von Pyramiden zugeschnitten. Hatte das vielleicht was zu bedeuten? Offenbar ja, denn ratet einmal, was nach geraumer Zeit direkt vor uns auftauchte! Die Pyramiden! Na, da verlor ich auf einmal meine ganze schöne Beherrschung, und ich sprang auf und brüllte nach hinten: 'Die Pyramiden! Die Pyramiden!' Und dabei fuchtelte ich wie wild mit den Armen und zeigte nach vorne. Und die Leute beugten sich in alle Richtungen, um was sehen zu können, und dann ging ein vielstimmiges 'Ah!' durch das Businnere. Für diese Aktion handelte ich mir zwar einen strafenden Blick von seiten Salams ein, aber das war mir jetzt bald schon egal.
    Immer größer wurden sie, die Pyramiden vor uns, ganz besonders die eine im Vordergrund; und wenn mich nicht alles täuschte, war das doch die größte und berühmteste von allen, nämlich die Cheopspyramide! Und wie wir dann schon ganz nah waren und uns einem gelben Wüstenhügel mit der Cheopspyramide in voller Größe gegenübersahen, da machte der Bus einen plötzlichen Schwenk nach rechts, ein Schranken ging vor uns auf, und wir fuhren in einen großen, gepflegten Hof ein. Der Transfer war zu Ende. Wir hatten unser Hotel erreicht: das altehrwürdige Mena House Hotel. Jetzt griff Salam doch tatsächlich wieder zum Mikrophon und erklärte freundlicherweise, daß wir soeben in unserem Hotel angekommen seien, und erklärte weiters, daß für heute kein Programm mehr vorgesehen sei und daß morgen früh um halb neun zur Besichtigung Kairos abgefahren werde. Und damit war er auch schon wieder fertig.
    Naja, was soll ich sagen? Bei der anschließenden Schlüsselverteilung mußte ich mich dann noch von dem einen älteren Ehepaar beschimpfen lassen, weil heute überhaupt kein Programm mehr sei; und warum sei morgen erst so spät Abfahrt? Und warum werde nie was erklärt? Sowas seien sie von den Reisen des Katholischen Bildungswerks überhaupt nicht gewohnt, und sie würden sich beim Bischof beschweren; und dergleichen mehr. Ich wußte darauf nicht gerade viel zu entgegnen und machte vermutlich eine reichlich jämmerliche Figur. Aber anschließend nahm ich mir vor, in Hinkunft weniger Rücksicht auf Salam und mehr Rücksicht auf meine Leute zu nehmen. Zuletzt war ich in der Rezeption allein mit meinem Koffer und den beiden Riesenkoffern für die Müllmenschen zurückgeblieben; nur Salam stand noch in der Nähe und tratschte offenbar äußerst angeregt mit einem Bärtigen und zeigte mehrere Male mit dem nackten Zeigefinger auf mich. Angenehm, was? Da kam mir eine Idee: soll er mir doch wenigstens beim Abliefern dieser Koffer helfen! Schließlich sind das lauter Spenden für seine Landsleute. Und ich trat auf ihn zu, entschuldigte mich für die Störung, wies auf die zwei Spendenkoffer, die für die Schwester Sara und ihre Müllmenschen bestimmt seien, und fragte ihn, ob er mir vielleicht irgendwie behilflich sein könne; ich sei ja zum ersten Mal in Kairo und kenne mich hier überhaupt nicht aus.
    Da blickte er erst auf die Koffer, dann auf mich und zuletzt auf den Bärtigen, grinste, und zwar, so kam mir vor, ziemlich maliziös, und antwortete schließlich sinngemäß, damit wolle er nichts zu tun haben, und außerdem habe er jetzt frei, und überdies gehöre das in keiner Weise zu seinen Pflichten als Reiseleiter.
    Na gut, dann eben nicht! Ich werde mich schon irgendwie allein zurechtfinden! Nur - was meinte er mit den Worten 'damit wolle er nichts zu tun haben'? Womit wollte er nichts zu tun haben? Mit den Spenden? Mit den Müllmenschen? Mit der Schwester Sara? Nachdenklich schlenderte ich ein bißchen herum und machte auch noch einen Sprung ins Freie, weil das nämlich so lustig ist und einem so ein Gefühl von Würde gibt, wenn da ein uniformierter Türsteher einem mit

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