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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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weiterfahren.
    Wir fuhren nicht weit. Wir umrundeten praktisch nur den Riesenkomplex mit der Stufenpyramide, fuhren an mehreren kleinen Pyramiden vorbei und hielten dann schon wieder, und zwar hielten wir vor einer tollen Ansammlung von herumstehenden oder im Sand liegenden Kamelen mitsamt ihren galabejagewandeten Treibern. Letztere stürzten sich sofort auf uns, wie wir aus dem Bus ausstiegen, und versuchten uns jeweils ihr eigenes Kamel schmackhaft zu machen. Naja, Myriam hatte uns während der kurzen Fahrt hierher schon eingeweiht und vorbereitet und dabei auch erwähnt, daß immer je zwei Personen auf einem Kamel reiten und dabei die Frau hinter dem Mann sitzt. Na, war das jetzt ein Hallo! Das Aufsteigen auf die Kamelrücken geriet direkt zur Burleske, und das Aufstehen der Kamele hatte jedesmal eine neue Schrei- und Kreischorgie zur Folge. Ein Kamel steht nämlich äußerst ruckartig auf, und zwar gleich in mehreren Rucken hintereinander, und dabei ist sein Rücken entweder ganz steil nach vorn oder ganz steil nach hinten geneigt, und wenn man das nicht gewohnt ist, kriegt man's tatsächlich leicht mit der Angst zu tun und glaubt im nächsten Moment abzustürzen. Und deshalb soll eben offenbar die Frau hinterm Mann sitzen, damit sie mit ihren Armen seinen Bauch umklammern und sich krampfhaft an diesem festhalten kann. Der Mann hingegen sitzt wie ein Fels in der Brandung vor ihr; außerdem kann er sich an einem Holzgriff, der vor ihm aus dem Sattel herausragt, festhalten. Aber auch nach dem Aufstehen ist der Schrecken noch lange nicht vorbei, denn ein Kamel schwankt beim Gehen fürchterlich. Nicht umsonst heißt es auch Wüstenschiff, und eigentlich sollte man's nennen 'Wüstenschiff bei hohem Seegang'. Und wie, glaubt ihr, geht dann das Niederlegen am Ende dieser Wüstenseefahrt vor sich, damit der arme Reiter wieder absteigen kann?
    Ja, und übrigens kam's beim Aufsteigen noch insofern zu einer leicht grotesken Situation, als es unser lieber Götzi liebend gern gesehen hätte, wenn die liebe Lydia zu ihm aufs Kamel gestiegen wäre. Und die liebe Lydia? Nun, die hätte es offenbar liebend gern gesehen, wenn ich mit ihr zusammen auf ein Kamel gestiegen wäre. Das freute mich zwar, oder sagen wir: ich fühlte mich enorm gebauchpinselt, aber das ging leider nicht, denn ich mußte natürlich mit Myriam zusammen reiten - oder sagen wir genauer: ich wollte mit Myriam zusammen reiten, oder noch genauer: ich fühlte den inneren Drang und so weiter. Naja, da schaute die liebe Lydia halt ein wenig enttäuscht, schlich sich am Götzi, dessen Gesicht dabei immer länger wurde, vorbei und stellte sich dorthin, wo sie offensichtlich von allem Anfang an hingehört hätte, nämlich zur lieben Babsi, und teilte sich mit dieser ein Kamel; verboten dürfte es ja nicht sein, daß zwei Frauen auf einem Kamel sitzen. Naja, jedenfalls mußte unser lieber Götzi schließlich mit der einen Fünfzehnjährigen vorlieb nehmen, die gleich ihm übriggeblieben war; sie hieß übrigens ebenfalls Barbara. Und sobald alle anderen ordentlich verstaut waren, bestiegen also Myriam und ich als letzte ein Kamel. Bei unserem Kamel unterblieb die nun fast schon gewohnte Schrei- und Kreischorgie. Myriam kreischte nicht, denn sowas hatte sie garantiert schon Hunderte Male gemacht, und ich schrie nicht, denn erstens hatte ich sowas schon einmal in Tunesien ausprobiert, und zweitens hab' ich sowieso keine Angst; höchstens, daß ich ein bißchen stöhnte oder ächzte. Und was Myriam betrifft, so kam mir vor, daß sie diese Vorgänge nicht einmal richtig beachtete. Sie hielt sich zwar mit einer Hand an meinem Bauch fest, aber ganz lässig und eben nur mit einer Hand; mit der anderen hielt sie sich wahrscheinlich am hinteren Haltegriff fest; und sie palaverte die ganze Zeit mit unserem Kameltreiber, statt sich mit mir zu unterhalten, wie sich's gehört hätte. Wenn sie wenigstens vor mir gesessen wäre! Dann hätte ich zumindest ihren Kopf vor mir gehabt und hie und da ihr Profil gesehen! Aber so!
    Schließlich wurde es mir zu blöd, und ich versuchte sie auf mich aufmerksam zu machen. 'Du, Myriam?' sagte ich.
    Und es funktionierte! 'Ja?' hörte ich sie von hinten sagen.
    'Weißt du, was mir eigentlich leid tut?'
    'Nein?'
    'Daß du nicht doch vor mir sitzt! Da könnte ich wenigstens hie und da was von deinem Profil sehen! Aber so sehe ich nur hie und da das Profil des Kamels und des Kameltreibers.'
    'Ach, du Schmeichler!'
    'Ich schmeichle überhaupt nicht!

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