Geliebte Rebellin
Gesellschaft zeigen können? All das dient nur dem Zweck, einem Mörder auf die Schliche zu kommen.«
Sie drehte geistesabwesend den Strohhut in ihren Händen, und ihr Gesichtsausdruck wurde plötzlich nachdenklich. »Und dieser Trick hat sich schon jetzt als äußerst nützlich erwiesen. Überleg es dir doch einmal. Dank deines taktischen Manövers, wie du es nennst, sind wir auf unseren ersten echten Anhaltspunkt gestoßen«
»Von was für einem Anhaltspunkt redest du?«
»Begreifst du es denn nicht?« Ihre Augen funkelten jetzt wieder vor Aufregung. »Als ich sie zur Rede gestellt habe, hat Miss Post gewissermaßen gestanden, sie sei von jemandem engagiert worden, damit sie mir in der Rolle deiner schwangeren ehemaligen Geliebten einen Besuch abstattet. Sie hat mir zwar nicht gesagt, wer ihr Auftraggeber ist, aber ihre Aufgabe hat offensichtlich darin bestanden, mein Vertrauen in dich zu erschüttern.
»Ja, offensichtlich.« Baxter spürte, wie ihm flau im Magen wurde. Die meisten Frauen, die behütet aufgewachsen waren, hätten Miss Post diese befremdliche Geschichte aufs Wort geglaubt.
»Jemand hat sich alle erdenkliche Mühe gegeben, unsere sogenannte Verlobung zu zerrütten«, fuhr Charlotte fort. »Wir müssen uns also fragen, weshalb sich jemand soviel Mühe macht.«
Baxter fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. »Der Teufel soll mich holen.«
»Es scheint ganz so, als wollte jemand unter gar keinen Umständen, dass wir beide eine enge Bindung miteinander eingehen.«
»Beruhige dich, Charlotte. Ich bezweifle sehr, dass diese Episode mit Miss Post etwas mit unseren Bemühungen zu tun hat, einem Mörder auf die Spur zu kommen.«
»Wie meinst du das?«
Er atmete langsam aus. »Ich habe den Verdacht, du bist lediglich einem gehässigen Streich zum Opfer gefallen.«
Charlotte starrte ihn an. »Aber wer hätte sich einen so üblen Scherz mit mir erlauben sollen?«
»Der erste, der mir dazu einfällt, ist mein niederträchtiger Halbbruder.«
»Hamilton? Das ist doch einfach lachhaft.«
»Vor ein paar Tagen hätte ich dir noch zugestimmt. Zwischen Hamilton und mir besteht keine große Zuneigung, aber bis zum heutigen Morgen ist mir nicht klar gewesen, dass er unter Umständen ...« Baxter zögerte, da er seinen Beobachtungen und Schlussfolgerungen noch misstraute. »Er könnte möglicherweise neidisch auf mich sein.«
»Neidisch?«
Baxter erinnerte sich an den erbitterten Ausdruck, den er in Hamiltons Augen gesehen hatte, als er ihm die mutwillige Zerstörung seines Exemplars von Gespräche über die Chemie geschildert hatte. »Ich weiß, dass es nicht einleuchtend klingt, aber ich hatte heute den Eindruck, dass er einen sehr persönlichen Groll gegen mich hegt.«
»Wie kommt das?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, gab Baxter zu. »Seine Mutter muss seine Sichtweise deutlich beeinflusst haben. Allein mein Anblick ist Maryann aus naheliegenden Gründen schon immer ein Gräuel gewesen. Aber ich glaube, dass hinter Hamiltons Abneigung noch mehr stecken könnte. Ich meine, etwas, was über die Beleidigung hinausgeht, die seiner Meinung nach seiner Mutter zugefügt worden ist.«
»Welche Gründe könnte es dafür geben?«
»Seine Abneigung gegen mich könnte etwas mit der Tatsache zu tun haben, dass mein Vater und ich viel Zeit miteinander verbracht und gemeinsam chemische Experimente durchgeführt haben. Vielleicht trägt er mir das nach.« Baxter schnitt eine Grimasse. »Anscheinend ist Vater sogar so weit gegangen, Hamilton von dem kleinen Abenteuer zu berichten, das ich während des Krieges im Namen Englands unternommen habe. Und er hat Hamilton auch gezwungen, ein Buch zu lesen, das ich geschrieben habe. Hamilton schien sich damals darüber zu ärgern, und jetzt hält er es mir vor.«
»Ich verstehe.« Charlottes Augen leuchteten auf. »Ein jüngerer Bruder könnte durchaus eifersüchtig auf seinen älteren Bruder sein, der einen großen Teil der Bewunderung und der Aufmerksamkeit seines Vaters eingeheimst hat.«
Ein noch heftigeres Gefühl machte sich in Baxter breit: die alte vertraute eisige Kälte. Sie wirkte seltsam beruhigend auf ihn, denn dieses Gefühl kannte er nur zu gut. Im Gegensatz zu Wut und innerer Unruhe handelte es sich hierbei um etwas, womit er Erfahrung hatte. Dieses Gefühl konnte er begreifen und meistern. »Hamilton hat den Titel und die Ländereien. Was könnte er sich sonst noch wünschen? Es ist nicht meine Schuld, dass er Vaters Interesse an den
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