Geliebte Schwindlerin
meine Mutter waren sehr gut befreundet und beschlossen, mich mit Olive, seiner Tochter, zu verkuppeln.“ Sein Gesicht verdüsterte sich noch mehr, und seine Stimme bekam einen schneidenden Klang. „Es war eine Falle, und ich bin plump hineingetappt wie ein Anfänger!“
„Eine Falle?“ wiederholte Minella verständnislos. „Wieso?“
„Ich hätte von Anfang an Verdacht schöpfen müssen“, fuhr er aus seinen Gedanken heraus fort. „Alle möglichen Vorwände wurden gefunden, um die Hochzeit sofort und in Nizza stattfinden zu lassen, ohne den üblichen glanzvollen Rahmen mit Brautjungfern und Olives engsten Freunden aus London.“
Vielleicht scheute sie das ganze Drum und Dran, dachte Minella, sprach es aber nicht aus.
„Eine Woche nach der Hochzeit“, fuhr der Graf in bitterem Ton fort, „teilte mir meine Frau mit, daß sie ein Baby erwarte und brannte mit einem Italiener durch, den sie seit zwei Jahren liebte, aber nicht hatte heiraten dürfen, weil ihr Vater ihr den Umgang mit ihrem Liebsten streng verboten hatte.“
„O nein!“ entfuhr es Minella.
„Sie können sich vorstellen, wie mir zumute war“, sagte der Graf düster, „aber ich war fest entschlossen, meine Demütigung als gehörnter Ehemann, der auf den ältesten Trick der Welt hereingefallen ist, vor aller Welt geheimzuhalten.“
Obwohl Minella nicht alles verstand, empfand sie doch tiefes Mitleid mit dem Mann, der durch das schändliche Benehmen seiner Frau in seiner Ehre verletzt worden war.
„Wie haben Sie das gemacht?“ fragte sie leise.
„Ich kehrte nach England zurück, entschlossen, mich von niemandem bemitleiden oder hinter dem Rücken belächeln zu lassen.“ Seine Stimme klang wieder zynisch, als er hinzufügte: „Offen ins Gesicht hätten sie es sicher nicht getan.“
„Nein, bestimmt nicht, aber wußte denn niemand, daß Sie geheiratet hatten?“
„Natürlich wußten es alle!“ erklärte der Graf ungeduldig, als hätte sie eine dumme Frage gestellt. „Der Botschafter ließ nicht nur in allen englischen Zeitungen eine Anzeige veröffentlichen, sondern auch in den französischen. Als ich zurückkehrte, fand ich körbeweise Glückwunschschreiben und eine Unmenge Hochzeitsgeschenke vor.“
„Das muß für Sie entsetzlich gewesen sein!“ sagte Minella leise.
„Was ich Ihnen da erzählt habe“, betonte der Graf noch einmal, „ist nur meiner Mutter und dem Vater meiner Frau bekannt.“
„Ich … ich verstehe nicht ganz?“
„Meinen Freunden habe ich weisgemacht, meine Frau müsse ihren Vater in Südfrankreich pflegen, der schwer krank sei. Jedesmal, wenn ich verreise, teile ich aller Welt mit, daß ich meine Frau in Frankreich besuche und sie nach England zurückkehren werde, sobald es ihrem Vater besser gehe.“
„Und das glaubt man Ihnen?“
Der Graf verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln. „Nur wenige Leute haben den Mut, mich einen Lügner zu nennen.“
„Wo befindet sich Ihre Frau jetzt?“
„Bei Ihrem Liebsten in Italien“, antwortete der Graf. „Sie hat mich schriftlich gebeten, in die Scheidung einzuwilligen.“
Minella sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an. „Sie haben sich geweigert?“
„Natürlich! Warum sollte ich zum Opfer eines Riesenskandals werden? Warum sollte ich es zulassen, daß die ganze scheußliche Geschichte nicht nur meinen Freunden und Feinden bekannt wurde, sondern auch allen sensationsgierigen Typen, die eine Tageszeitung beziehen?“
„Ich kann mir vorstellen, daß das sehr … demütigend wäre“, sagte Minella, „aber bedeutet das nicht auch, daß Sie nie wieder heiraten und keinen eigenen Sohn haben können, der einmal Ihr wunderschönes Schloß erbt.“
„Das ist mir völlig klar“, erwiderte er scharf, als mißbillige er ihren Einwand.
„Tut mir leid.“
„Genau da kommen Sie ins Spiel.“
„Ich?“
„Vor zwei Tagen bekam ich in London eine Einladung, Ihre Majestät, Königin Viktoria, auf dem Empfang, der anläßlich der Rückkehr von General Kitchener nach seinem großen Sieg im Sudan am 6. Oktober in Kairo stattfindet, zu vertreten.“
„Sie meinen die Schlacht von Omdurman, nicht wahr?“
„Sie lesen offenbar Zeitung“, stellte der Graf fest. „Ja, er ist der Held der Stunde. Er soll in Ägypten gefeiert und in England, wie man mir vertraulich mitteilte, geadelt werden.“
„Das freut mich ungemein!“ rief Minella lebhaft aus. „Ich fand seinen Kampf gegen die Derwische einfach brillant, und dann hat er auch noch den Tod
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