Geliebte Teufelin
Teil der Einrichtung stammte offensichtlich aus einem bekannten schwedischen Möbelhaus. Auffällig war aber der ungewöhnliche Farbgeschmack der Bewohnerin. An mehreren Stellen gab es äußerst gewagte Farbkontraste, welche die meisten anderen Menschen wahrscheinlich für zu krass gehalten hätten. In Luzias Schlafzimmer waren die Wände in unterschiedlichen Grüntönen gestrichen. Die T a gesdecke auf dem Bett war dagegen feuerwehrrot und leuchtete förmlich ins Auge. Im Wohnzimmer hatten ebenfalls die Wände unterschiedliche Farben. Zwei waren violett, die anderen gelb, dazu gab es rote Vorhänge an den Fenstern. Sofa und zwei Sessel waren dagegen dezent schwarz. Ein Glück , dachte Hollmann, wären die auch noch farbig, könnte ich es hier keine fünf Minuten aushalten, ohne wahnsinnig zu werden. Dann könnten sie mich wieder in die Anstalt sperren, aber diesmal mit gutem Grund.
In allen Zimmern gab es eine Unmenge unterschiedlicher Deko-Elemente. Luzia schien alles Mögliche zu sammeln: Puppen, Stofftiere, Tassen, Vasen, Kugelschreiber, Spielzeugautos, Spardosen, Fingerhüte, Porzellanschweinchen und wahrscheinlich auch Bilderrahmen. In der Wohnung hingen weit über hundert Bilder an den Wänden, jedes war anders gerahmt. Die Motive waren genauso unterschiedlich, ein einheitl i ches Thema war nicht auszumachen. Hollmann kam sich vor wie in einem Museum, wobei er sich fragte, wie wohl der T itel der Ausstellung lauten müss te. Ihm fiel kein passender Oberbegriff ein, unter den alle Objekte passen könnten.
Etwas war äußerst bemerkenswert: Es gab nirgendwo auch nur das kleinste Stäu b chen, die ganze Wohnung war fast klinisch sauber. Er überlegte gerade, ob sie neben ihrem Sammel- auch einen Putz -T ick haben könnte, als er aus der Küche Luzias Stimme hörte.
„Es ist angerichtet, darf ich den Herrn zu Tisch bitten.“
Das Essen war ausgezeichnet, Luzia war wirklich eine gute Köchin. Die Spaghetti-Soße war ein Gedicht und wurde nur noch übertroffen vom selbstgemachten Eis zum Nachtisch. Hollmann hatte so viel gegessen, dass ihm fast schlecht wurde. Er lehnte sich zurück und konnte nur mühsam einen Rülpser unterdrücken.
Luzia bemerkte seinen leicht gequälten Gesichtsausdruck. „Lass ihn ruh ig raus, fr ü her gehörte es zum guten Ton, zu rülpsen.“
„Ich weiß, man zeigte damit, dass es einem geschmeckt hat. Ich finde es aber unhö f lich, in Anwesenheit einer Dame zu rülpsen.“ Als er das letzte Wort aussprach, en t fuhr ihm dann aber doch das Geräusch, das er eigentlich vermeiden wollte. „En t schuldigung, ich konnte es nicht mehr zurückhalten.“
„Ach, schon gut, das war doch höchstens ein Rülpserchen. Ich kann das besser.“ Nachdem sie sich so lauthals erleichtert hatte, dass Hollmann sich die Ohren zuhielt, fühlte auch Luzia sich besser.
„Bekomm bitte keinen schlechten Eindruck von mir, ich kann mich auch benehmen wie eine Dame. Aber nur, wenn‘s unbedingt sein muss.“
Sie klopfte sich mit der Faust auf die Brust. „Da sitzt noch einer quer.“
Hollmann hielt sich vorsichtshalber wieder die Hände an die Ohren.
„O . k . , ich schluck ihn runter, ich will ja nicht, dass dir die Ohren platzen. Möchtest du noch einen Kaffee zum Abschluss?“
Hollmann hob abwehrend die Hände: „Nein danke, ich würde mich lieber eine Stunde aufs Ohr legen. Habe ich mir in der Klinik angewöhnt, früher hatte ich keine Zeit für einen Mittagsschlaf.“
Luzia sah auf die Uhr. „Mittagsschlaf ist gut, es ist schon fast 18 Uhr, aber leg dich ruhig hin. Ich gehe noch schnell einkaufen. Du isst ja für zwei, o . k. war nur ein Scherz, ich muss sowieso einkaufen. Und mach keine Dummheiten, wenn ich weg bin. Vor allem, lauf nicht weg. Du weißt ja, ich brauche dich noch und zwar dri n gend.“
„Keine Angst, mit meinem vollen Magen käme ich keine zehn Meter weit.“ Hol l mann erhob sich schwerfällig.
„ Wie gut, dass meine Wohnung nicht so lang ist, da kommst du ja noch gerade bis ins Bett. Soll ich dir helfen, oder schaffst du es alleine?“
„Danke, es geht schon.“ Er setzte sich langsam in Bewegung.
Als Luzia zurückkam, hörte sie laute Schnarch -G eräusche. Hollmann schlief durch bis zum nächsten Morgen. Um 8 . 15 Uhr wachte er auf und wusste zunächst nicht, wo er war. Irgendetwas war falsch, es sah so anders aus als sonst. Er brauchte eine We i le, bis er begriff, dass er nicht mehr in der Klinik, sondern in Luzias Wohnung war. In seinem Schädel brummte und
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