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Geliebter Boss

Geliebter Boss

Titel: Geliebter Boss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Hanns Roesler
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den prominentesten Hotels der Lagunenstadt. Es hat eine alte Tradition, der auch sein moderner Umbau nichts anzuhaben vermochte. Große Glasfenster und Glastüren und eine langgestreckte Halle, die das Hotel in seiner ganzen Breite durchmißt, mit einem leuchtendroten zweiundzwanzig Meter langen und sechs Meter breiten Teppich, alte Tradition im Luxus unserer Zeit — es verschlägt einem beim Eintreten schon ein wenig die Rede, und ich kann mir vorstellen, daß sich keines Touristen Fuß in dieses Hotel verirrt. Es ist ein alter venezianischer Palast, der die Menschen in seine Ruhe aufnimmt nach dem vielfältigen Lärm der engen Gassen und der um diese Reisezeit dichtbefahrenen Kanäle, auf denen sich die Insassen von Gondel zu Gondel jubelnd zurufen und aus ihren Chiantiflaschen zutrinken.
    Selbst um die Mittagszeit sind die schwarzgetönten Gondeln überfüllt, zu sechst, zu siebt sitzen sie, fröhliche Urständ feiernd, darin; selten, daß man noch ein verträumtes stilles Paar erblickt.
    Aber auch die Gondolieri sind anders geworden als vor zwanzig Jahren, kein Wunder, wenn an den Anlegeplätzen die Rundfahrtlustigen, die Gondelhungrigen in Schlangen anstehen, um die Mittagshitze herum.
    Die Gondolieri sind empört und beleidigt, was man aus ihrer schönen Stadt, der schönsten Stadt der Welt, gemacht hat. J Sie haben längst das spanische Sprichwort übernommen, daß um die Mittagszeit »nur die Schweine und die Ausländer« unterwegs sind. Venedig ist in den Urlaubszeiten zu einem Rummelplatz geworden, das Geld liegt auf der Straße, und halbwüchsige Kinder kommen kaum nach, den Fremden ihre falschen Schildpattkämme aufzudrängen. Vor den Ständen, in denen es Reiseandenken zu kaufen gibt, stehen die Touristen zuhauf, sie kaufen den Schiefen Turm von Pisa in Gips und den Campanile in gleicher Weise wie venezianische Gläser, rotgetönte Goldfische aus Glas und weiße Spitzen. Schon am Vormittag drängen sich die Halbwüchsigen an die Fremden heran.
    » Puella , puella , quintici anni , quartici anni !« Auf der Seufzerbrücke stehen sie, auf der Rialtobrücke, vor dem Dom San Marco, vor der Kirche Santa Maria della Salute stehen sie, zupfen den Fremden am Rock, umringen ihn zu dritt, bieten Postkarten an, » bella Venezia!« und » bellissima puella !«
    Dann kommt man plötzlich in dieses Hotel, und tiefer Frieden umfängt einen, kein lautes Wort, kein lauter Schritt, die Glastüren öffnen sich von selbst, ohne menschliches Zutun.
    »Ich habe von Wien aus zwei Zimmer bestellt.«
    »Für Herrn Saussen«, bestätigt der Portier auf deutsch, »Zimmer 204 und 205. Mit einem durchgehenden Balkon zum Canal Grande hinaus. Für die Dame ist bereits eine Depesche eingetroffen.«
    »Für mich?« fragt Birke erschrocken.
    Was hat das zu bedeuten? Hat man ihre Spur bereits gefunden? Sie eilt mit der Depesche zu einem der kleinen Schreibtische, der Portiersloge gegenüber, und während Zanders den Fremdenzettel ausfüllt, reißt sie mit zitternder Hand die Depesche auf.
    Sie liest:
    »Willkommen in Venedig! Glückliche Tage! Ich liebe Dich. Peter.«
    Die Worte tanzen vor ihren Augen.
    Ihre Knie zittern.
    Sie läßt sich auf einen Stuhl fallen.
    Sie wagt nicht aufzustehen und zu Peter hinüberzugehen. Er soll sie hier abholen. Zu sehr sitzt ihr der Schreck noch in den Gliedern, und dann dieser zärtliche Unfug!
    Zanders hat in einer Ecke der Halle einen Blumenstand entdeckt. Als er zu Birke tritt, hält er einundzwanzig Rosen in der Hand.
    »Für jedes deiner Jahre eine rote Rose!«
    »Ich bin sechsundzwanzig.«
    »Das war mir zu teuer.«
    »Du sollst mich nicht so verwöhnen.«
    »Wir haben’s ja!« sagt der Boß und hängt sich bei ihr ein.
    Sie will ihm ihren Arm entziehen.
    »Tut man das bei seiner Sekretärin?«
    »In Venedig bist du nicht meine Sekretärin.«
    Sie blickt auf.
    »Als was hast du mich angemeldet?«
    Er lacht.
    »Als Begleitung!«
    Man sagt, alle Hotelzimmer in London, Paris, Wien, Rom und Venedig gleichen einander. In Wien sieht man aus dem Fenster den Stephansdom, in Paris Notre-Dame, in London die Westminsterabtei, in Rom die Dächer des Vatikans und die Peterskirche, und in Venedig blickt man vom Hotel Grünwald-Bauer auf die Kirche San Giorgio Maggiore. Wenn Liebende sich aus dem Fenster beugen und sich küssend umfangen, schaut Gott ihnen bei ihrem Tun von seinen Kathedralen aus zu, und wehe, wenn sie es nicht ernst mit der Liebe nehmen.
    »Und jetzt?« fragt Birke.
    »Wir nehmen uns eine

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