Geliebter Feind
und rannte schreiend in Kathryns ausgebreitete Arme. Liebevoll drückte sie ihn an sich, tröstete ihn und schickte ihn dann aufmunternd aufs Eis und zu Gerda zurück.
Die scharfe Winterluft ermüdete den kleinen Jungen. Kathryn brauchte eine solche Entschuldigung für sich nicht, als sie sich an diesem Abend zurückzog.
Der Earl war eben erst nach einer Abwesenheit von mehreren Tagen heimgekehrt, und sie gestand sich insgeheim ein, daß sie ihn sehr vermißt hatte. Sie erhob sich vom Tisch, äußerte die passenden Bemerkungen und legte dann ihre Fingerspitzen auf seine Schultern.
„Werdet Ihr noch lange ausbleiben, Herr?" erkundigte sie sich flüsternd.
Er schüttelte den Kopf, drehte sich dann halb um und führte sich ihre Hand an die Lippen. Sein Blick sprach eine deutliche Sprache, denn in diesen silbergrauen Augen war ein Glühen, das viel versprach.
Oben im gemeinsamen Herrengemach wollte sich Kathryn rasch entkleiden und Guy im Bett erwarten, denn sie geriet stets in Verlegenheit, wenn er sie in ihrem gegenwärtigen Zustand nackt betrachtete.
Kaum hatte sie ihr Haar gelöst und ausgeschüttelt, als der Earl auch schon in den Raum trat. Kathryn stand gerade vor dem hell brennenden Herdfeuer und konnte ihn nicht sehen.
Trotzdem nahm sie ihn schon mit allen ihren Sinnen wahr, bevor er bereits im nächsten Augenblick von hinten die Arme um sie schlang. Tastend ließ er die Hände über ihren angeschwollenen Leib gleiten.
„Guy!" Wies sie ihn halbherzig zurecht. „Es ist nicht schicklich, daß ein Mann eine Frau so berührt."
Er legte seine Hände absichtlich besitzergreifend um ihre jetzt so herrlich vollen Brüste und lächelte frech. „Doch, wenn die betreffende Frau seine Gemahlin ist", widersprach er.
„Nicht wenn sie schwanger ist und aussieht wie eine fette Kuh", murrte sie und drehte sich zu ihm um.
Guy lachte mit männlichem Stolz. „Trotz dieser kostbaren Bürde, die Ihr in Euch tragt, seid Ihr so liebreizend wie eh und je, und das wißt Ihr auch."
Bevor sie es sich versah, streifte er ihr das Kleid über den Kopf, so daß sie nun nur noch ihr dünnes leinenes Hemdgewand trug. Er zog sie zum Bett, setzte sie sich auf den Schoß und muß-
te dann über ihr hochrotes Gesicht lachen. Gern hätte er sie völlig entkleidet. Er ließ es indessen bleiben, weil er ihr eine Spur von Angst ansah. So legte er ihr nur die Finger streichelnd auf den Bauch, und lachte dann leise, als er einen deutlichen Stoß unter seiner Hand fühlte.
Behutsam betastete er die winzige Erhebung. „Was mag das wohl sein?" überlegte er laut. „Ein Fuß? Ein Ellbogen? Was meint Ihr?" Der Stoß wiederholte sich, und diesmal fiel er sogar noch kräftiger aus.
Guy grinste respektlos. „Ah, und hier steht etwas hervor ...
vielleicht der Beweis, daß das Kind ein Knabe wird und nach dem Vater kommt."
Vor Verlegenheit wußte Kathryn nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie entschied sich dafür, ihr Gesicht an Guys Schulter zu verstecken.
Sanft strich er ihr das Haar zurück, legte die Finger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. Obwohl er lächelte, neckte er sie jetzt nicht mehr.
„Ich will Euch nicht verlegen machen, Liebste. Dieses ist jedoch auch mein Kind, und alles das ist so neu für mich wie für Euch." Er sprach leise und mit viel Gefühl. „Ich möchte mein Kind schon vor seiner Geburt so wachsen fühlen, wie Ihr es ja auch tut."
„Wie kann das neu für Euch sein, wenn Ihr doch schon einen Sohn habt?" fragte sie, ohne vorher nachzudenken. „Bevor Peter auf die Welt kam, habt Ihr doch sicherlich auch . . . " Sie unterbrach sich, als sie Guys plötzlich versteinerten Gesichtsausdruck sah.
„Als Peter geboren wurde, befand ich mich auf dem Weg ins Heilige Land, Kathryn. Von seiner Existenz erfuhr ich erst ein Jahr später, während ich in einem jämmerlichen Kerkerverlies in Toulouse saß."
Bestürzt schaute Kathryn ihn an. „Dann wart Ihr also nicht mit Elaine zusammen, während sie mit Peter schwanger ging?"
Guy schwieg, und sie sah ihm deutlich an, daß sie etwas falsch gemacht hatte. Nur was? Als er schließlich den Kopf schüttelte, wußte sie es: Zum erstenmal hatte sie Elaines Namen erwähnt.
Leider wurde ihr dieser Fehler erst zu spät bewußt.
Guy schob sie vorsichtig von seinem Schoß aufs Bett. Obwohl er keinesfalls rauh oder unfreundlich wurde, war seine Zärtlichkeit verschwunden.
Kathryn empfand das wie einen körperlichen Schlag. Sie schlüpfte unter die Pelzjacke, rollte
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