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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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häßlich. „Ihr haltet mich wohl für einen ausgemach-ten Narren, nicht wahr? Einen Augenblick allein - damit Ihr fliehen könnt?" Er lachte weiter. „Das kommt überhaupt nicht in Frage."
    Kathryn zupfte an ihrem Rock. Sie wurde blutrot. „Ich muß ... ein natürliches Bedürfnis, Herr."
    „Noch einmal: Ihr werdet nicht allein gehen!"
    Dieser Mensch zertrampelte ihre Würde wie die Krieger die Felder zertrampelten. Nicht einmal zu diesem bestimmten Zweck gewährte er ihr das Alleinsein! Elend und furchtbar verlegen blickte sie ihn an.
    „Ich fliehe nicht, Herr. Das schwöre ich!"
    Er hielt ihren Arm noch fester. Es lag ihm auf der Zunge zu sagen, daß ein Schwur, der von Richard of Ashburys Nichte ausgesprochen wurde, für ihn keinen Wert hatte.
    „Bitte", flüsterte sie.
    Er sah es ihrem verzweifelten Gesicht an, wie viel es sie kostete, sich dieses eine Wort abzuringen. Verdammt, dieses Weibs-stück wußte genau seine Schwäche auszunutzen!
    „Also fort mit Euch", sagte er scharf. „Doch beeilt Euch und versucht nicht zu fliehen." Ein teuflisches Lächeln zog sich um seine Lippen. „Ihr könntet einem wilden Tier begegnen, das Hunger auf Euer appetitliches Fleisch hat." Damit drehte er sich um und kehrte zu seinen Leuten zurück.
    Kathryn raffte die Röcke und lief zu einem kleinen Buschdik-kicht. Pah, dachte sie, das einzige wilde Tier, das sich in diesem Wald herumtreibt, ist höchstwahrscheinlich Guy de Marche, der Earl of Sedgewick! Nur wenige Minuten später kehrte sie zu der Lichtung zurück.
    Die Männer waren inzwischen damit beschäftigt, ein Zelt aufzurichten. Sie hatten bereits ein Lagerfeuer gemacht, über dem sich ein Spieß drehte. Köstlicher Bratenduft wehte zu Kathryn heran, die indessen viel zu müde war, um ans Essen zu denken. Sie ging zu einer stattlichen Eiche, setzte sich dort ins weiche Moos, lehnte sich gegen den dicken Baumstamm und schloß die Augen. Nur für einen kleinen Moment wollte sie sich ausruhen.
    Einige Zeit später stellte Guy fest, daß sie fest schlief. Sie hatte den Kopf in einem recht unbequemen Winkel gegen den Baumstamm gelehnt. Die Arme vor der Brust verschränkt, kauerte sie unter dem elend fadenscheinigen Umhang.
    Guy erschien sie jetzt sehr verletzlich und sehr jung. Er spürte so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Er hatte heute ein mörderisches Reisetempo vorgegeben und nur einmal halten lassen, um die Pferde zu tränken. Den Männern sah man die Erschöpfung deutlich an, und trotzdem hatte sich Kathryn nicht ein einziges Mal beklagt. Zu einer anderen Zeit hätte er sie dafür wahrscheinlich bewundert.
    Sollte er sie jetzt einfach schlafen lassen? Nein, sie mußte etwas essen, schon ihrem ungeborenen Kind zuliebe. Er faßte sie bei den Schultern und rüttelte sie. Langsam schlug sie die Lider auf, und Augen so grün wie Frühlingslaub schauten verwirrt zu ihm hoch.
    Kathryns Schönheit traf ihn wie ein Blitzschlag. Guy sah ihre leicht geöffneten Lippen, ihre vom Schlaf rosenroten Wangen und das sanfte Heben und Senken ihrer Brüste. Er mußte sich mahnen, daß ihr Liebreiz nur etwas Äußerliches war. Hatte sie nicht bereits bewiesen, was für ein hinterhältiges Geschöpf sie war? Und sie würde es ohne jeden Zweifel immer wieder aufs neue beweisen.
    „Zeit zum Essen. Hier." Guy drückte ihr ein kleines Holzbrett mit Wildbret und knusprigem Brot darauf in die Hände. Er ging wieder, um einen Augenblick später mit seinem eigenen Speise-brett zurückzukehren. Mit untergeschlagenen Beinen ließ er sich neben ihr nieder.
    Die Krieger saßen näher beim Feuer. Ihr lautes Lachen und ihre Gespräche wurden immer übermütiger. Verstohlen riskierte Kathryn einen Blick zu Guy de Marche hinüber, doch dessen strenger Gesichtsausdruck entmutigte sie, eine Unterhaltung anzufangen.
    Nicht daß sie unbedingt mit dem Earl hätte plaudern wollen, nur hatte sie während des ganzen langen Tages mit niemandem sprechen können . . . Gleichwohl, sie würde ein ganzes Jahr lang schweigen, bevor sie sich zu einer Unterhaltung mit diesem Menschen herabließ.
    Nachdem das Mahl beendet war, bemerkte sie, daß die Männer sich verteilten und sich zur Nachtruhe zurückzogen. Der Earl stand jetzt ein paar Schritte hinter ihr neben dem Zelt.
    Sie erhob sich vom Boden. „Wo soll ich schlafen?"
    Er schlug die Zeltklappe zurück. „Dies ist selbstverständlich ein bescheidenes Quartier für den Geschmack einer edlen Da-me", meinte er spöttisch, „doch ich habe es immer als recht

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