Geliebter Feind
müssen, war ein Akt reiner Brutalität."
Er drückte ihre Hand ein wenig fester. „Elizabeth, ich schwö-
re Euch bei allem, was heilig ist - nicht alle Männer sind wie diese Dreckskerle, und was zwischen Mann und Frau geschieht, ist nicht immer so häßlich. Wenn einem Mann an einer Frau wirklich etwas liegt, dann zeigt er ihr Sanftheit und Zuneigung.
Er möchte für sie sorgen und sie beschützen. Nie, niemals würde er sie verletzen oder entehren."
Er sah sich um, wie sie es zuvor getan hatte. „Ja, hier wurde wahrhaft Böses vollbracht, doch ist dieser Ort selbst auch so bö-
se? Ich verlange von Euch nicht, zu vergessen, was hier geschehen ist, nur ist es vielleicht jetzt an der Zeit, die Erinnerung daran durch eine andere zu ersetzen."
Elizabeth zitterte. Sie wünschte sich so sehr, sie könnte ihm glauben. „Wie das?" fragte sie leise.
„Ich will es Euch gern zeigen", antwortete er sanft, und dann trat er so nahe zu ihr heran, daß sein Atem ihre Wange streifte.
O ja, ihr war vollkommen klar, was er nun beabsichtigte!
Wahrscheinlich wußte sie es schon seit langem, nur jetzt, da der Moment gekommen war, plagten sie die Zweifel. Sie legte ihre geballten Hände an seine Brust - nicht direkt abwehrend, doch auch nicht einladend. Sie senkte den Kopf und schloß die Augen vor Scham.
„Hugh, ich fürchte mich so sehr", gestand sie.
„Nicht doch." Er legte seine Hand unter ihr Kinn. „Vor mir habt Ihr doch keine Angst. Und ich möchte Euch auch nur küssen, nur eine sanfte Berührung Eurer Lippen mit meinen." Und im nächsten Augenblick lag sein Mund an ihrem, sanft, zart und viel weicher, als er aussah.
In Elizabeths Kopf drehte sich alles. Das ist doch mehr als nur die Berührung der Lippen, dachte sie. Ihr Herz klopfte wild, und eine Wärme durchströmte sie, die von Hughs Körper auf ihren überzugehen schien. Oder war es umgekehrt?
Ohne zu versuchen, den Kuß zu unterbrechen, öffnete sie langsam ihre Hände an seiner Brust. Durch die weiche Wolle seiner Tunika hindurch konnte sie unter ihren Fingerspitzen das Schlagen seines Herzens fühlen. Seine Lippen preßten sich ein wenig fester gegen ihre, und dann schien die Welt aufzuhö-
ren, sich zu drehen.
Nach einer scheinbar endlosen Zeit gab Hugh ihren Mund nur widerstrebend frei. Ihren Körper so weich und schmiegsam an seinem zu fühlen, hatte einen Sturm der Empfindungen in ihm ausgelöst. Jetzt schlug Elizabeth langsam die Augen auf. Ihr Blick war verträumt und verschleiert. Hugh hätte am liebsten einen Triumphschrei ausgestoßen. Das wagte er freilich besser nicht.
Zärtlich rieb er seine Nase an Elizabeths Schläfe. „Wir sollten jetzt wohl zur Burg zurückkehren", empfahl er. Zu seiner un-bändigen Freude schlang Elizabeth ihre Arme um seinen Nak-ken.
„Ja", stimmte sie mit sehr leiser Stimme zu, und dann riskierte sie einen Blick unter ihren Wimpern hervor. „Würde es Euch sehr viel Mühe machen, wenn Ihr mich bitte vorher noch einmal küßt. . . nur ein einziges Mal noch?"
Hugh mußte herzlich lachen. Er senkte schon den Kopf, um dem Wunsch umgehend nachzukommen. „Das würde mir nicht die geringste Mühe machen - überhaupt gar keine Mühe."
Und so war es auch.
Kathryn versuchte, nicht an ihre Schwangerschaft zu denken.
Angesichts dessen, wie kalt der Earl damals reagiert hatte, als er entdeckte, daß sie kein Kind erwartete, konnte man nicht einmal auch nur ahnen, wie er es aufnehmen würde, daß dies jetzt der Fall war.
Kathryn selbst würde am liebsten abgestritten haben, daß sie in anderen Umständen war, wenn ihr Körper sie nicht verraten hätte. Ihre Brüste wurden voller und schwerer, ihre Taille wurde dicker, und ihr Bauch begann sich zu runden. Es würde nicht mehr lange dauern, und ihr Zustand wäre für jedermann deutlich sichtbar.
Die Tage schienen miteinander zu verfließen. Zum erstenmal in ihrem Leben fürchtete sich Kathryn vor der Zukunft. Der Earl hatte sie vor einer Flucht nach Ashbury gewarnt, und wenn sie daran dachte, wie er sie bestrafen würde, falls sie trotzdem floh, dann lief ihr ein Schauder über den Rücken. Außer seinem Verlangen hegte er ja keinerlei Gefühle für sie, und wenn er erst einmal merkte, daß sie schwanger war, würde er sie auch nicht mehr begehren.
Gerda schien ihre melancholische Gemütsverfassung zu teilen. Vom Fenster aus sah Kathryn sie eines Tages mit Sir Michael im Burghof leise sprechen. Dieser legte ihr eine Hand auf die Schulter, und unterdessen
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