Geliebter Fremder
an Gefängnisverwaltungen schreiben und nachfragen soll, ob Kinder von Häftlingen dort leben, aber selbst wenn das so sein sollte, werden sie es wahrscheinlich nicht zugeben. Besonders wenn die Person, die anfragt, eine Frau ist.« Sie schwieg und blickte ihn erwartungsvoll an.
»Du willst, dass ich es herausfinde«, entgegnete Hunter stirnrunzelnd. »Verdammt, Lara, ich habe genug mit meinen Angelegenheiten hier zu tun.«
»Du hattest früher viele bedeutende politische Verbindungen«, beharrte Lara. »Wenn du irgendjemanden aus der Regierung oder irgendwelche Inspektoren um mögliche Informationen bittest … Oder vielleicht gibt es eine Reformgesellschaft, die …«
»Es gibt mindestens dreihundert Gefängnisse in England. Angenommen, wir finden heraus, dass es tatsächlich Kinder gibt, die dort mit ihren verurteilten Eltern leben – zehn, zwanzig, vielleicht hundert. Was, zum Teufel, könntest du schon für sie tun? Sie alle adoptieren?« Hunter lachte freudlos und schüttelte den Kopf. »Schlag es dir aus dem Kopf, Lara.«
»Das kann ich nicht«, erwiderte sie leidenschaftlich.
»Ich kann nicht so hartherzig sein wie du. Ich werde nicht ruhen, bis ich herausfinde, was ich wissen will. Wenn es nötig sein sollte, fahre ich selbst in jedes Gefängnis, das ich finden kann.«
»Ich will verdammt sein, wenn du auch nur in ein einziges deinen Fuß setzt.«
»Du kannst mich nicht aufhalten!«
Sie funkelten einander wütend an und Lara spürte, wie eine Wut in ihr aufstieg, die der Situation nicht angemessen war. Wenn sie doch nur nie erfahren hätte, wie es war, ohne Ehemann zu leben, wenn sie doch nur nie das gute Gefühl kennen gelernt hätte, ihre eigenen Entscheidungen treffen zu können, nachdem er nach Indien gefahren war, dann hätte sie vielleicht jetzt sein Urteil annehmen können. Aber die Vorstellung, kontrolliert und bevormundet zu werden, etwas verboten zu bekommen, machte sie rasend. Entsetzliche Worte drängten sich ihr auf die Zunge – sie wünschte, er wäre wieder in Indien oder auf dem Grund des Meeres, oder irgendwo anders, nur nicht im selben Zimmer wie sie. Irgendwie schaffte sie es, sie zu zurückzudrängen und nicht auszusprechen, aber Tränen der Wut traten ihr in die Augen.
Sie hörte Hunters leise Stimme. »Lara, du bist mir viel zu kostbar, als dass ich dich irgendeiner Gefahr aussetzen könnte. Also, anstatt dich am Bettpfosten festzubinden, damit du nicht irgendein verdammtes Gefängnis betrittst … habe ich dir einen Vorschlag zu machen.«
Verwirrt über seine plötzliche Zärtlichkeit senkte Lara den Kopf. »Wie auch immer dein Vorschlag lautet, ich werde dieses Negligee nicht wieder anziehen.«
Er kniff sie in die Wange. »Ich schlage dir folgenden Handel vor, mein Liebes … Ich besorge die Informationen, die du brauchst, aber in der Zwischenzeit gehst du weder nach Holbeach noch an irgendeinen ähnlichen Ort. Und wenn ich herausfinde, was du wissen willst, unternimmst du nichts, ohne vorher mit mir darüber zu sprechen.«
Lara blickte auf und öffnete den Mund, um zu widersprechen.
»Ich hatte keine Einwände, als du mir gesagt hast, dass Johnny bei uns wohnen würde«, erinnerte er sie. »Du hast die Angelegenheit selbst in die Hand genommen, ohne mir etwas davon zu sagen. Ich wollte dir nicht im Weg stehen, weil ich verstanden habe, warum du den Jungen so unbedingt behalten wolltest. In Zukunft jedoch handeln wir als Partner. Einverstanden?«
Lara konnte kaum glauben, dass Hunter Cameron Crossland, der sechste Earl of Hawksworth, ihr vorgeschlagen hatte, dass sie Partner sein sollten. Er hatte ihr immer ganz klar gemacht, dass sie nichts als ein Anhängsel… ein Besitz war.
»Einverstanden«, murmelte sie und warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Worüber lächelst du?«
»Über dich.« Er blickte sie mit männlichem Interesse an, das ihr beinahe schon vertraut war. Das träge Lächeln blieb auf seinen Zügen. »Ich wette, jeder, der dich kennt, glaubt, du seist sanft, süß und leicht zu haben. Aber das bist du nicht.«
»Was bin ich denn?«
Hunters Hand glitt um ihren Nacken und er zog sie zu sich heran, bis sich ihre Lippen beinahe berührten. Lara spürte seinen warmen Atem und ihr Magen zog sich vor Erregung zusammen. »Du bist eine Löwin«, sagte er und ließ sie los, ohne sie küssen … und sie kämpfte mit einem absurden Gefühl der Enttäuschung.
Der Flur hallte wider von den Lauten eines Kindes, das verzweifelt wimmerte. Hunter
Weitere Kostenlose Bücher