Geliebter Teufel
Mörder.«
Um seine Lippen zuckte es verdächtig. »Und Sie, Señorita, sind verantwortlich für das Leiden und den Tod meiner Männer.«
Carly erstarrte. Die Furcht wuchs. Es war sicherlich dumm, ihn zu reizen, und doch konnte sie sich nicht zurückhalten. Er hatte sie zur Närrin gemacht, er hatte sie alle zu Narren gemacht.
»Sie sind dafür verantwortlich, Don Ramon. Sie und Ihre Stehlerei, Ihre Überfälle und Morde. Ich habe nur die Männer meines Onkels gewarnt. Ich habe nur versucht, Sie aufzuhalten ~ und ich würde es jederzeit wieder tun!« Unbändiger Zorn zeichnete sich auf seinem Gesicht ab und verdunkelte seine Augen, so daß er wirklich aussah wie der ge-meine Mensch, der er war. Die Männer um ihn herum regten sich nicht. Sie starrten sie nur mit demselben Haß in den Augen an wie der Don. Der Schlag traf sie rasch und heftig, eine kräftige Ohrfeige, die auf ihrer Wange brannte und durch die sie zu Boden stürzte. Er sah riesig aus, wie er da über ihr stand, zornentbrannt, die Hände zu Fäusten geballt.
Sie schloß die Augen, rechnete mit weiteren Schlägen und wappnete sich innerlich auf die Schmerzen, die sie zur Folge haben mußten. Statt dessen sah sie, als sie die Augen öffnete, wie er sich abwandte. Ein älterer Mann trat auf sie zu, bückte sich und zerschnitt den Strick, mit dem ihre Füße noch gefesselt waren.
Rasch und erzürnt sprach er mit dem Don in Spanisch. Worte, die sie versuchte zu verstehen, aber nicht konnte, so wie sie sich fühlte. Ihr Magen brannte, und alles um sie herum drehte sich.
Er reichte ihr seine Hand und half ihr auf. »Ich bin Sánchez«, sagte er und in einem wesentlich sanfteren Ton. Er war sehnig und stark, wie die übrigen Männer, und das Leben an frischer Luft hatte deutliche Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. »Sie müssen ein bißchen Verständnis aufbringen, Señorita. Don Ramón ist kein unmöglicher Mensch.«
»Er ist ein Ungeheuer.« Mit bebender Hand faßte sie nach dem brennenden roten Flecken auf ihrer Wange.
»Er ist nur ein Mensch - der im Moment nicht klar denken kann. Dafür ist er zu tief in Trauer.«
»Trauer? Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen.« Im ersten Moment dachte sie, er würde es ihr nicht erklären, so aufmerksam, wie er sie musterte.
Dann seufzte er und wirkte plötzlich wesentlich älter. »Bei dem Überfall gestern abend ist Don Ramons jüngerer Bruder Andreas umgekommen. Der Don hat ihn sehr geliebt. Er hätte sein Leben dafür gegeben, ihn zu retten. Doch das war ihm nicht vergönnt.«
Carly bemerkte den Kummer in dem Gesicht des Mannes. »Lieber Gott.« Im ersten Moment verspürte sie Mitgefühl mit ihm, sogar mit allen beiden. Dann fing sie sich jedoch und verdrängte es. »Sein Bruder war ein Bandit. Beide sind Banditen. Was hat der Don anderes erwartet? Erschossen zu werden war vermutlich noch zu gut für ihn.«
»Er hat nur versucht, seinen Besitz zu retten, seine Lebensweise. Vielleicht werden Sie das eines Tages verstehen.«
Carly fröstelte in der kühlen Morgenluft. Solche Männer wie diese hier würde sie nie verstehen, Männer, die stahlen und töteten, die weder Skrupel noch Gnade kannten.
»Mit der Zeit wird er sich davon erholen«, fuhr der alte Vaquero fort. »Bis dahin sollten Sie ihn nicht zu sehr reizen.«
Carly blickte über die Schulter des alten Mannes und sah Don Ramon mit einem seiner Männer sprechen. Er war ein Verbrecher, ein Mörder - und er gab ihr die Schuld am Tod seines Bruders. Eisige Kälte kroch ihr über den Rücken. Gleich darauf empfand sie tiefes Bedauern, daß der gutaussehende spanische Don nicht der war, für den sie ihn gehalten hatte. Der Mann, zu dem sie sich hingezogen gefühlt hatte, hatte nie existiert.
Sie starrte den hochgewachsenen, kräftigen Spanier an und bemühte sich, den hartgesottenen Mann mit dem Charmeur übereinzubringen, der er zuerst zu sein schien. Sie versuchte sich vorzustellen, was in seinem Innern vor sich ging, vermochte aber nicht zu erahnen, zu welchen Grausamkeiten er ihr gegenüber fähig sein mochte. Aber in dem Moment spielte das keine Rolle - Carly war entschlossen, sie durchzustehen.
Er hatte sie einmal zur Närrin gemacht. Das würde nicht wieder passieren.
Wenn sie außerdem lange genug ausharrte, blieb ihrem Onkel Zeit, sie zu finden. Sie zweifelte keine Sekunde daran, daß er käme. Fletcher Austin war ebenso hart und wild entschlossen wie der Mann, der sich El Dragon nannte.
Dieser Gedanke verlieh ihr neue
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