Geliebter Tyrann
am Arm, und ihr wäre bei seinem Anblick fast schlecht geworden. Dieser schreckliche Mann forderte Geld von ihr, damit er aus Virginia fliehen konnte, um Clays Rache zu entgehen. Bianca hatte eine Kassette in der Bibliothek aufsprengen müssen, um ihm ein paar Silberstücke geben zu können.
Sie hatte ihm gesagt, er müsse in der Nähe bleiben, weil sie vielleicht seine Dienste noch einmal brauchte. Er hatte nur gelacht, als sie ein Stück Tuch um seinen Arm band, und ihr vorgeworfen, daß er ihretwegen seine Familie und sein Erbe verlieren würde. Dann hatte er ihr etwas sehr Unverschämtes gesagt, was sie und ihre zukünftigen Pläne betraf.
Bianca wußte sehr wohl, daß sie keinen anderen Helfershelfer hatte. Zwar hatte sie Clay erzählt, ihr stünden noch andere Verwandte zur Seite; doch das war eine leere Drohung. Wenn er sie auf ein Schiff warf, würde sich niemand dieser Nicole bemächtigen, wie sie Clay erzählt hatte. Nichts würde geschehen. Bianca würde weggeschafft werden, und niemand, absolut niemand, würde das bedauern.
Sie schloß die Tür zu ihrem Schlafzimmer und sah aus dem Fenster in den dunklen Garten hinaus. Der Neuschnee machte ihn wunderschön. Würde sie das aufgeben müssen? Bisher hatte sie sich sicher gefühlt; doch nun fingen die Sorgen von neuem an.
Sie mußte etwas tun - und rasch. Sie mußte Nicole loswerden, ehe diese französische Schlampe ihr alles wegnahm. Abe stand ihr nicht mehr zur Verfügung, so daß sie ihre Drohung nicht wahrmachen konnte, Nicole nach Frankreich zurückzuschicken. Doch das wußte Clay natürlich nicht- noch nicht Bianca zweifelte nicht daran, daß er früher oder später die Wahrheit entdecken würde.
Sie griff nach dem Vorhang und zerknüllte die rosenfarbene Seide zwischen den Fingern. Ein Wunder, daß Nicole nicht schon schwanger geworden war. Nachdem sie Clay mit den Zwillingen beobachtet hatte, war sie überzeugt, daß keine Macht der Erde Clay mehr von Nicole trennen konnte, wenn sie ein Baby - sein Baby - bekäme.
Plötzlich ließ Bianca den Vorhang fallen und strich die Seide wieder glatt. Und wenn nun jemand anderes Clays Baby empfing? Würde das dieser kleinen französischen Dirne nicht einen Strich durch die Rechnung machen? Undwas passierte, wenn Clay glaubte, Nicole würde mit einem anderen Mann schlafen? Das würde sie natürlich tun, dachte Bianca. Sie ist viel zu geil auf Männer, hatte wahrscheinlich auch mit Isaac auf der Insel! geschlafen. Oder mit Wesley!
Bianca lächelte und liebkoste ihren Bauch. Das Denken machte sie immer hungrig. Sie ging auf die Tür zu. Sie hatte eine Menge zu überlegen und sie brauchte ihre Mahlzeit.
»Fröhliche Weihnachten!« trompetete Travis, als Clay und Bianca Nicoles kleines Haus betraten. Bianca zog ein mürrisches, feindseliges Gesicht. Sie ignorierte Travis und betrachtete die Eßwaren, die sich auf dem großen Tisch im Mittelrund des Raumes türmten. Sie riß sich von Clays Griff los und ging zum Tisch.
»So was ziehst du Nicole vor?« brummelte Travis.
»Kümmere dich um deinen eigenen Kram«, erwiderte Clay, scharf und trat von ihm fort, während das Gelächter von Travis ihn verfolgte.
Janie gab Clay einen kleinen Becher voll Brandy. Er trank ihn rasch leer in seinem Verlangen nach etwas Kräftigem, Wärmendem. Er seufzte, als er den Becher wieder absetzte. Das war ein köstliches Gebräu; aber kein Brandy. »Was ist das?«
»Bourbon«, antwortete Travis. »Er stammt aus dem neuen Land Kentucky. Ein ambulanter Händler brachte uns vergangene Woche ein paar Flaschen davon.«
Clay hielt Janie wieder den Becher hin.
»Laß dir Zeit damit. Es ist stark.«
»Aber es ist Weihnachten!« rief Clay mit vorgetäuschter Fröhlichkeit. »Das ist die Zeit, um zu essen, zu trinken und fröhlich zu sein.« Er hob seinen Becher, um Bianca zuzuprosten, die langsam den Tisch umkreiste und sich von jedem Gericht etwas auf ihren Teller nahm.
Alle wurden still, als Nicole die kleine Stiege herunterkam. Sie trug ein Gewand aus saphirblauem Samt. Es war ein tief dekolletiertes, schulterfreies Kleid, an der hochgezogenen Taille mit schmalen blauen Bändern bestickt. Ihr langes dunkles Haar fiel ihr lockig über die Schultern. Es war mit dunkelblauen Bändern durchflochten, die mit Hunderten von Zuchtperlen besetzt waren.
Clay konnte nur stumm dastehen und sie sehnsüchtig betrachten, während sie seinen Blick mied. Seine Qualen wurden nicht dadurch erleichtert, daß er wußte, sie hatte begründeten
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