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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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solchen Schutz brauchen?«
»Ja. Aber was ich von Ihnen wissen will: Wird Bret die Kraft haben, das durchzustehen? Denken Sie nach, ehe Sie antworten. Die Sache ist mir sehr wichtig.«
»Durchhaltevermögen? Darauf kann ich auf die Schnelle weder mit Ja noch mit Nein antworten, Sir Henry. Sie müssen ja bemerkt haben, was aus dem Department geworden ist, seitdem Fiona Samson übergelaufen ist.«
»Sie meinen hinsichtlich der Stimmung?«
»Hinsichtlich der Stimmung und vieler anderer Sachen. Wenn Sie an psychologischen Druck denken, sollten Sie sich vielleicht den jungen Samson ansehen. Er steht unter ungeheurer Anspannung und, um es noch schlimmer zu machen, gibt es Leute im Department, die behaupten, daß er gewußt haben muß, worauf seine Frau hinauswollte, von Anfang an.«
»Ja, ich habe solche Befürchtungen sogar von Mitarbeitern gehört«, sagte der D.G. traurig.
»Wenn ein Mann Schwierigkeiten mit seiner Frau hat, kann er Zuflucht in seiner Arbeit suchen. Wird ihm im Büro das Leben schwergemacht, kann er sich auf Erholung daheim bei seiner Familie freuen. Bernard Samson ist ständig unter Druck.«
»Wie ich höre, hat er eine Art Verhältnis mit einer untergeordneten Angestellten angefangen«, sagte der D.G.
»Samson ist ein verzweifelter Mann«, sagte Frank mit einfacher Wahrhaftigkeit. Samsons Privatleben wollte er nicht erörtern. Franks Devise war, alle Menschen so zu behandeln, wie sie auch ihn behandeln sollten.
»Ich fragte Sie wegen Rensselaer«, sagte der D.G. »Samson ist ein verzweifelter Mann«, sagte Frank, »aber er kann eine Menge Kritik vertragen. Er ist ein geborener Rebell, kann sich also wehren, wenn man ihn einen Verräter, Wüstling oder sonstwas schimpft. Bret ist eine ganz andere Persönlichkeit. Er liebt England, wie das nur ein im Ausland geborener Romantiker tun kann. Solchen Leuten erscheint der leiseste Hauch von Mißtrauen als ein Sturm, und sie können sehr leicht umgeblasen werden.«
»Ausgezeichnet, Frank! Waren Litterae humaniores Ihr Fach in Wadham?«
Frank lächelte wehmütig, antwortete aber nicht. Er kannte den D.G. schon, seitdem sie beide in der Jugend während des Krieges im selben Quartier gelegen hatten. Der D.G. war über Frank Harringtons humanistische Bildung vollkommen unterrichtet und beneidete ihn wohl noch immer ein wenig darum, jedenfalls vermutete Frank das.
Der D.G. sagte: »Wird Bret zusammenbrechen? Wenn sich der Ausschuß gegen ihn wendet, wie dies in unserem Teil der Welt Ausschüsse gerne tun, wenn die Verwundbarkeit des Vorsitzenden offenbar wird – wird Bret standhalten?«
»Hat man dieser Untersuchung schon einen Namen gegeben?« fragte Frank.
Der D.G. lächelte. »In dieser Untersuchung geht es um Erich Stinnes und wie mit ihm verfahren wurde, seitdem er zu uns gekommen ist.«
»Man wird Bret schwer zusetzen«, erklärte Frank.
»Glauben Sie das?«
»Das Department läuft über von Gerüchten, Sir Henry. Sie müssen das wissen, sonst wären Sie nicht hier und stellten mir diese Fragen.«
»Was wollen diese Gerüchte wissen?«
»Na, es ist die allgemeine Meinung, daß Erich Stinnes Bret Rensselaer und das Department vollkommen zum Narren gehalten hat.«
»Bret war nicht erfahren genug, mit einem so listigen Burschen wie Stinnes umzugehen. Ich dachte, Samson würde Bret auf dem rechten Weg halten, aber da habe ich mich geirrt. Jetzt sieht es so aus, als habe man uns Stinnes mit dem Auftrag, uns zu desinformieren, geschickt.«
»Ist das offiziell?« fragte Frank.
»Nein. Ich bin noch nicht ganz sicher, was für ein Spiel Stinnes wirklich spielt.«
»Ein hoher Offizier wie Stinnes kann, wenn man ihm einen Desinformationsauftrag gibt, machen, wozu er lustig ist, und auf die Konsequenzen pfeifen. Er könnte sich sehr wohl dafür entscheiden, zu uns überzulaufen.«
»Ich teile diese Meinung.« Der D.G. zückte sein Zigarrenetui und schien für einen Augenblick zu beabsichtigen, sich eine Zigarre anzuzünden. Dann entschied er sich dagegen. Der Arzt hatte ihm befohlen, das Rauchen vollkommen aufzugeben, aber er hatte immer ein paar Zigarren bei sich für den Fall, daß sein Verlangen gar zu unerträglich wurde. Vielleicht war das dumm. Manchmal verursachte es ihm Folterqualen. »Sie sagten, daß ein Teil der Angestellten meint, daß Bret zum Narren gehalten worden sei. Was meinen die übrigen?«
»Der größte Teil der Angestellten weiß, daß Bret zuverlässig und tüchtig ist.«
»Sie wissen, was ich meine, Frank.«
»Ja, ich weiß, was Sie meinen.

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