Gemischte Gefühle
dazu.
„ Hier ist die Rossi Horror Picture Show “ , sagte ich mit einer Stimme, die ich nicht ganz unter Kontrolle hatte. Der Tod schaute mir mit trübe blinzelnden Augen über die Schulter und murmelte pausenlos vor sich hin. Der schwarze Vogel auf seiner Schulter flatterte unruhig und krächzte: „ Zu spät, zu spät. “ Im Hintergrund krakeelte Madame Zagorski. Ihre polnischen Trinklieder wurden immer wieder von e i nem explosionsartigen Schluckauf unterbrochen.
„ Sie haben ja eine komische Ader, Rossi “ , sagte Roussel erstaunt. „ Soll ich Dracula Bescheid sagen – oder dem Psychiater? Was soll der Zirkus? “
Ich sagte es ihm.
Als ich fertig war, sah er mich lange an. „ Das ist ja eine schöne Bescherung. “ Er war so geschockt, daß ihm statt se i ner üblichen Bonmots nur diese Floskel einfiel.
„ Was machen wir jetzt? “ fragte ich.
Er öffnete den Mund zu einer Antwort, als er von einem grellen Summton unterbrochen wurde. „ Moment “ , brummte er und verschwand vom Bildschirm.
Als er wieder auftauchte, war er kreidebleich.
„ Es gibt überall Schwierigkeiten “ , stieß er hervor. „ Dag e gen ist Ihre Panne harmlos. Schaffen Sie sich die Leiche vom Hals und nehmen Sie sich einen Hubschrauber. Scha u en Sie in Rom nach dem Rechten. “ Er schüttelte abwehrend den Kopf, als er sah, daß ich Fragen stellen wollte. „ Keine Zeit. Beeilen Sie sich. “
„ Aber was ist denn los? “ rief ich.
„ Der Teufel. “
Sekundenlang starrte ich den toten Bildschirm an. Doch dann wurde ich ziemlich aktiv. Ich schaffte den Toten in den Requisitenkeller. „ Da sieht man mal wieder “ , keuchte ich, „ daß jede große Organisation eine Leiche im Keller hat. “
Man kann nicht sagen, daß es um meine Nerven zum b e sten stand, als ich mich auf den Weg nach Rom machte.
Im Jahre des Herrn neunzehnhundertsechsundneunzig – zum ersten.
„ Als Sie auf den flüchtenden Ahmed Gültaz sch osse n, wu ß ten Sie da, daß er in dem Kaufhaus nur ein Paar Jeans g e stohlen hatte? “
„ Ja, aber jeder Ganove fängt mal klein an. “
„ Sie wollten ihn also an Ort und Stelle bestrafen. Oder haben Sie sich bedroht gefühlt? “
„ Ja, er machte da so eine komische Bewegung. Und diese arbeitslosen Türkenbengel tragen ja alle ein Messer mit sich rum. “
„ Und da haben Sie sofort geschossen. In subjektiver Notwehr. “
„ Subjektiver Notwehr. Genau. “
„ Die Tötung des Gültaz haben Sie dabei billigend in Kauf genommen? “
„ Das ließ sich nach Lage der Dinge wohl kaum verme i den, oder? “
Der Untergang des spätrömischen Reiches
Rom brannte.
Aus dem Capitol schlugen dicke Rauchwolken, das K o losseum war ein einziges Flammenmeer. Ganze Straßenzüge loderten. Nero hätte seine Freude gehabt.
Ich landete den Hubschrauber in einem Innenhof in der Nähe unserer Zentrale und hetzte los. Als ich an meinem Ziel ankam, sah ich, daß es keine Zentrale mehr gab, nur noch e i nen schwärzlichen, ausgebrannten Krater. An einem Balken hing die Leiche von Angelo Serafino, einem unserer nettesten Lokalkolorit-Spezialisten. Um seinen Hals hing ein Schild, auf dem stand: TOD DEN KONSUMFUNKTI O NÄREN!
Die Wände waren mit Parolen besprüht. Schluß mit der Psycho-Vergewaltigung. Terror dem Urlaubs-Terror. Fre i heit durch Anarchie.
Verdammt, verdammt. Es war eindeutig eine gesteuerte Provokation linker Terrorgruppen. Sie hatten uns unterwa n dert, mit Sonnenbrille und Reiseführer und Gewalt im He r zen. Und sie hatten ganze Arbeit geleistet. Es war wirklich der Teufel los.
Eine marodierende Urlaubertruppe zog vorbei. Sie waren betrunken, und ihre rheinischen Kegelclub-Frohsinnslieder standen in groteskem Gegensatz zu ihrer altrömischen L e gionärs-Aufmachung. Sie hatten sogar schon Beute g e macht, eine nackte, sich sträubende Frau, die sie mit vielen gutgelaunten Obszönitäten vor sich herprügelten. Endlich mal wieder ein richtiger, handfester Männerspaß.
Einer von ihnen rannte mit einer Fackel kreuz und quer über die Straße und steckte alle Häuser in Brand.
„ Arrivederci Roma! “ schrie er dabei begeistert.
Ein völlig ausgeflippt wirkender alter Knabe auf einem Schimmel sprengte rücksichtslos durch sie hindurch.
„ Platz für Caligula! “ kreischte er.
Das nenn ich Bildung. Wahrscheinlich gehörte er zu d e nen, die ihre Schweinereien in Lateinisch an die Klowand kritzelten und statt ins Bordell ins Lupanare gingen.
„ Platz für Caaaaah
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