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Gemischte Gefühle

Gemischte Gefühle

Titel: Gemischte Gefühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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leergeplünderten Bar vorbei. Einige ölten sich mit automatischen Bewegungen ein und streckten sich dann in der Sonne aus. Ein Damengrüppchen in reiferen Ja h ren unterhielt sich angeregt übe r d ie anatomischen Vorzüge des toten Surf-Instructors, der auf seinem Brett an den Strand gespült worden war.
    Und über all dem stand ein postkartenblauer Himmel, und die meerwärts geneigten Postkartenpalmen rauschten im Wind.
    Sorglose Urlaubswochen unter südlicher Sonne. Inclusive Vollpension, Mord und Totschlag.
    Ich kickte eine Modezeitschrift zur Seite, stampfte die Hochglanz-Society in den Sand.
    Ein Hubschrauber erschien mit dumpfem Rattern über unseren Köpfen. Als er landete, verursachte er einen Sandsturm.
    Ein alter Mann im Smoking saß in der Nähe. Der Sand peitschte in sein Gesicht. Er verzog keine Miene. Der Sand fiel in sein Cocktailglas. Er hob es an die Lippen und trank. Der Sand knirschte zwischen seinen Zähnen. Er bemerkte es nicht.
    Ein Uniformierter sprang mit gezücktem Revolver aus dem Hubschrauber. Roussel folgte. Dann kam ein Unb e kannter. Das mußte dieser Urs von Nicolay sein. Am Schluß steckte Klamm seinen stromlinienförmigen Kopf heraus. Dieser Pinscher hatte schon wieder gerochen, von wem es jetzt das Freßchen gab. Er quatschte auf Nicolay ein, als könnte er für jede Silbe Spesen abrechnen.
    Ich ging rüber zu ihnen. Roussel machte uns bekannt.
    Nicolay war ein schlanker, soigniert aussehender Mit t vierziger mit grauen Schläfen. Er hatte eine verspiegelte Sonnenbrille auf, die seine Augen verbarg.
    Wortlos ließ er seinen Blick über die Trümmer unseres ehrgeizigen Urlaubsimperiums wandern.
    „ Hätte schlimmer kommen können “ , sagte er schließlich knapp, während sich das Chaos in seiner makellos gestyl t en Brille spiegelte.
    Er sprach extrem leise – ein Statussymbol, das sich viele Top-Manager zulegen, um zu zeigen, daß sie es nicht nötig haben, ihre Stimme zu heben, damit man auf sie hört.
    „ Dem kann ich nicht zustimmen, Herr Nicolay “ , sagte ich. „ Schauen Sie sich doch um. Das sind alles Leichen. Wenn nicht physisch, dann wenigstens psychisch. High und total geschockt. Wer weiß, wann die wieder normal werden. Wenn überhaupt. “
    Nicolay machte eine ungeduldige Geste. „ Ach Gott, die Leute … Das war eben höhere Gewalt. Nicht vorhersehbar. Politisch motivierte, kriegsähnliche Aggression von außen. Vertraglic h s ind wir da völlig aus dem Schneider. Steht im Kleingedruckten. Aber die Gebäude sind in überraschend gutem Zustand. “
    Er sagte das ganz gelassen. Wahrscheinlich war er noch stolz auf seine Neutronenbombenmentalität.
    „ Ja, das finde ich auch. Da haben Sie ganz recht, Herr von Nicolay “ , schleimte Klamm eilfertig hinterher.
    Mir ging richtig das Messer in der Tasche auf, als ich di e se beiden ehrenwerten Herren anschaute.
    „ Ich glaube, daß Sie unter diesen Umständen künftig auf meine Mitarbeit verzichten können “ , schnappte ich. „ Es gibt Grenzen, ein Mindestmaß an Anstand …“ Ich wußte vor Zorn gar nicht, was ich ihm sagen sollte.
    Nicolay sah mich an, wie ein Millionenschieber einen kleinen Straßenräuber anschaut. Im Rahmen seiner Mö g lichkeiten wirkte er belustigt.
    „ Sie also auch, Rossi. “ Er sah flüchtig zu Roussel hi n über. „ Na gut. Die Spreu sondert sich vom Weizen. Wer sich die Hände nicht schmutzig machen will, der erntet auch nichts. Klamm, würden Sie Rossis Position übernehmen können? “
    „ Ja, ja, ja. “ Klamm verschluckte sich fast vor Dynamik. „ B-b-besser “ , blubberte er.
    Nicolay schmunzelte väterlich. „ Wir werden ja sehen. “
    Ich fühlte mich plötzlich innerlich sehr frei. „ Na, Klamm “ , sagte ich locker und piekste mit dem Zeigefinger in seinen Wabbelbauch, „ da haben Sie sich ja klammhei m lich Ihren Traumjob unter den Nagel gerissen, wie? “
    Für einen Augenblick glaubte ich, er wollte mich vors Schienbein treten. „ Passen Sie auf, Rossi “ , knirschte er, „ ich kann Sie in Arrest …“ Seine Augen wurden plötzlich groß. Er deutete über meine Schulter.
    „ Ein Plünderer! “
    Ich fuhr herum. Irgendein verrückter Bursche in schlab b rigen, weißen Klamotten rannte mit einem Mehlsack auf der Schulter und einer Flasche in der Hand am Supermarkt vo r bei.
    Nicolay schnippte mit dem Finger.
    Der Uniformierte hob seinen langläufigen Colt und schoß einmal.
    Der Mehldieb überpurzelte sich wie ein Hase. Seine Be u te plumpste zu Boden. Die

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