Gemischte Gefühle
Flasche zerschellte, der Sack riß auf und überpuderte ihn weiß.
Nicolays Gorilla rannte auf ihn zu, riß ihm die Arme auf den Rücken und setzte ihm die Waffe an die Schläfe. Er e r innerte mich an Pressefotos von Verhören gefangener Gu e rillas.
„ Ein Filipino “ , sagte Roussel erstaunt, als wir uns den Gefangenen näher anschauten.
„ Was soll das denn? “ zischte Klamm. „ Auf der ganzen Insel ist kein Filipino. Nur Touristen und unsere Leute. “
Roussel beugte sich über den Mann und redete beruh i gend auf ihn ein, erst in spanisch, dann in einer anderen Sprache. Der Verletzte antwortete stockend.
„ Was sagt er? “ drängte Nicolay.
Roussel schüttelte den Kopf. „ Verrückt. Er sagt, er gehört zu den Eingeborenen, die ursprünglich auf der Insel woh n ten. Sie haben sich nicht evakuieren lassen, sondern haben sich im Urwald versteckt. Sie gehen nicht weg. Sie sagen, es sei ihre Insel. “
„ Und jetzt beklauen uns die Schufte, wie? “ Klamm war voll gerechter Entrüstung.
„ Ein billiger Ausgleich dafür, daß wir ihnen die Insel g e klaut haben “ , murmelte ich.
„ Wir haben sie nicht geklaut, sondern ganz rechtmäßig vom philippinischen Staat gekauft “ , sagte Nicolay scharf.
„ Okay, dann war ’ s eben nicht Diebstahl, sondern Hehl e rei. Schließlich gehört das Land ja ihnen und nicht dem Staat. “
Nicolay sah mich an und notierte mich in Gedanken auf seiner schwarzen Liste. „ Darauf kommen wir noch zu spr e chen “ , sagte er. Er stieß den Filipino mit dem Fuß an. „ Der Bursche hat uns angegriffen. Er hat unser Leben und unser Eigentum gefährdet. “
Ich starrte in das zuckende, mehlverschmierte Gesicht dieses armen Teufels, den der Hunger in unsere angeschl a gene Überfluß gesellschaft getrieben hatte.
„ Angegriffen, jawohl “ , wiederholte Nicolay hartnäckig. „ Fragen Sie ihn, wie viele von seiner Sippschaft noch auf der Insel sind. “
„ Über dreitausend “ , sagte Roussel nach einigem Hin und Her.
„ Dreitausend “ , flüsterte Nicolay. „ Das ist ja eine ganze Armee! Eine akute Gefahr für uns! “
„ Na, na, na “ , machte Roussel.
Nicolay hörte gar nicht hin. Er sah aus wie ein Schac h spieler, der weiß, daß sein Gegenspieler in zwei Zügen matt ist. Er glühte vor Genugtuung. „ Das ist das Beste, was uns passieren kon n te. Eine fast todsichere Sache, um aus dem Schlamassel rauszukommen. “
Roussels Kopf flog hoch. Dann kapierte auch ich es.
Es war eine todsichere Sache. Sicher für uns. Und tödlich für die Filipinos.
Heia Safari oder:
Halali zur Sündenbockjagd
Dr. med. dent. Hartinger spähte über den Lauf seines G e wehres. Sein Finger krümmte sich um den Abzug. Ein Schuß krachte.
Mit einem langgezogenen Schrei stürzte eine Gestalt in schlabbrigen, weißen Klamotten (hatten die denn alle das gleiche an?) aus dem Wipfel eines Urwaldriesen.
„ Das war schon der dritte heute “ , verkündete Dr. Harti n ger stolz. „ Schreib das auf, Sabine. Das muß festgehalten werden. Wahrscheinlich können wir keine Strecke legen. “
Seine Begleiterin, ein gutgebautes Playmate, das etwas zu blond und etwas zu dumm war, kicherte und machte einen Strich in ein kleines Notizbuch.
Der Safari-Unimog ruckte wieder an. Jens-Uwe Klein, Geschäftsführer der Revidata GmbH, der neben Blondie auf der Ladefläche saß, ließ sich ziemlich aufdringlich gegen sie plumpsen.
„ Hoppla “ , sagte er aufgekratzt. „ Ihr, äh, der Herr Zah n arzt schießt aber gut. “
„ Das können Sie glauben “ , flötete sie. „ Der schießt Ihnen so ’ n Bimbo auf hundert Meter vom Baum. Die leben doch auf den Bäumen, oder? “
Ich starrte diese grellen, ordinären Wohlstandsbürger in fasziniertem Grauen an. Sie redeten wie Karikaturen, aber sie waren keine. Sie bewiesen wieder einmal, daß das Leben der zynischste Kabarett-Texter ist.
Sie bemerkten, daß ich sie anstarrte.
„ Sie haben wohl nichts übrig für die Jagd, wie? “ fragte Klein.
„ Verdammt, das sind keine Karnickel, das sind Me n schen! “ schrie ich.
Klein runzelte irritiert die Stirn. Blondie gab sich pikiert. „ Gott, sind Sie empfindlich. Wegen der paar Wilden, die uns überfallen haben. “
Dr. Hartinger fuchtelte mit seinem Gewehr leichtsinnig in der Gegend herum. „ Wir müssen die Insel von diesen Band i ten säubern. Das ist einfach vorbeugende Selbstverteid i gung. Ganz legal. “ Ein amüsiertes Lächeln zuckte über sein Gesicht. „ Aber
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