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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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Geschichten sich sehr real angehört hatten.
    Langsam verebbten die Gefühle, die durch ihren Körper getost
waren, nur in ihren Brüsten kribbelte es noch. Gemma starrte auf Bryce' Rücken.
    Warum hatte er sie geheiratet? Es hatte
eigentlich keinen Grund für ihn gegeben, es zu tun. Er hätte sich
widersetzen können. An jenem Morgen hatte Gemma noch geglaubt, dass Bryce
irgendeine Strafe fürchtete, aber daran glaubte sie nicht mehr. Bryce Campbell
war nicht der Typ Mann, der vor irgendetwas Angst hatte. Er tat nur das, was er
tun wollte, ansonsten hätte er sich dem Willen seines Vaters bereits vor
langer Zeit gebeugt. Das ergab alles keinen Sinn. Je mehr sie darüber
nachdachte, desto verwirrender wurde es. Sir Godfroy zumindest hatte die
Absicht gehabt, ihr Geld in seine Hände zu bekommen. Das war ihr nun klar, auch
wenn sie das bei Ankunft auf Kenmore Manor nicht geahnt hatte.
    Aber Bryce? Wenn sie danach ging, wie er sich kleidete und wie
sein Schiff ausgestattet war, bezweifelte Gemma, dass er Geld brauchte. Sie
hatte sich vor ihrem überstürzten Aufbruch nicht davon überzeugen können, aber
sie glaubte kaum, dass Bryce Campbell ihr Geld angerührt hatte. Irgendwie war
Gemma sich sicher, dass es für Bryce Campbell gleichbedeutend mit Diebstahl
war, das Geld seiner Frau zu nehmen, ohne ihr etwas davon zu sagen, auch wenn
es sein Recht vor dem Gesetz war. Und wie immer man Bryce Campbell auch nennen
wollte – er war kein Dieb.
    Gemma seufzte. Es war hoffnungslos. Ob er ihr
Geld nahm oder nicht, machte nun auch keinen Unterschied mehr. Jetzt, wo sie
mit ihm verheiratet war, gab es für sie keine Möglichkeit mehr, ihr Geld für
ihre Zwecke transferieren zu lassen. Sie konnte es nicht ohne seine Zustimmung
tun und seine Zustimmung einzuholen bedeutete, mit ihm zu sprechen. Und mit
ihm zu sprechen bedeutete, ihm mitzuteilen, wie sie überhaupt nach Amerika
gekommen war.
    Nein, das würde sie bestimmt nicht tun. Lieber würde sie sich die
Finger wund arbeiten, bevor sie ihrem Furcht einflößenden Ehemann erneut
gegenübertrat.
    Bryce und Jessup drehten sich um, noch immer
in ihr Gespräch vertieft. Bryce schob das Fernrohr
zusammen, und Gemma dachte an ihr eigenes, das sie an einem Lederband um den
Hals trug. Schnell zog sie sich das dünne Band über den Kopf. Der schmale
goldene Reif, der ebenfalls auf das Band gefädelt war, klimperte gegen das
Messing des Gehäuses, und Gemma verspürte einen schmerzhaften Stich in ihrem
Herzen, als sie daran dachte, was der Ring symbolisierte und dass sie es nicht
über sich gebracht hatte, ihn zu verkaufen. Hastig schob sie diesen Gedanken
von sich und öffnete das Glas zu seiner vollen Länge. Sie stellte es ein, bis
sie Bryce' Gesicht scharf erkennen konnte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich,
als sein gutaussehendes Antlitz ihr Blickfeld füllte. Sie sah, wie sich kleine
Fältchen um seine Augen bildeten, als er über eine Bemerkung Jessups lachte,
und wie sich die Falten rechts und links seines Mundes entspannten. Seine Lippen
entblößten weiße Zähne, was bedeutete, dass er sie auch an Bord putzte, etwas,
womit sich die wenigsten Seeleute herumschlugen – weder an Bord noch an Land.
Seine grauen Augen funkelten amüsiert, und erneut glaubte Gemma, ihr Magen
würde einen Salto schlagen. Wie war das möglich? Gab es eine unsichtbare
Verbindung zwischen ihnen? Gemma setzte das Fernrohr ab und presste eine Hand
auf ihre Brust, um ihren rasenden Herzschlag zu stoppen. Es schlug mindestens
doppelt so schnell wie normal, zweifelsohne bereit, ihr jederzeit aus der
Brust zu fliegen.
    Gemma atmete tief durch. Aber sie musste noch einige weitere Male
tief durchatmen, bevor sie wieder normal Luft holen konnte. Ihr Gesicht fühlte
sich heiß an, und als sie ihre Hände gegen ihre Wangen presste, schienen diese
zu brennen. Guter Gott, es fühlte sich an, als hätte sie Fieber. Aber auch
wenn sie sich seltsam leicht im Kopf fühlte, bezweifelte sie, dass sie krank
war im üblichen Sinne.
    Nun ja, vielleicht war sie noch ein wenig wackelig. In einigen
Tagen würden die Dinge schon wieder ganz anders aussehen, dessen war sie sich
sicher. Bevor sie sich weiter den Kopf zerbrechen konnte, hörte sie Butchs
Stimme, ungeduldig wie immer.
    »Ich komme«, schrie sie zurück, verstaute schnell ihr Fernglas
und krabbelte aus ihrem Versteck. Ohne einen weiteren Blick zum Achterdeck
rannte sie in die Kombüse.
    Bryce sah Jess an, dessen Blick über das Deck strich, als der
Schiffskoch nach

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