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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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er begann, Gemma zu entkleiden. Es hatte
nicht lange gedauert, bis er gemerkt hatte, dass der neue Schiffsjunge kein
Junge, sondern ein Mädchen war. Es waren anfangs nur kleine Details gewesen,
die sie verraten hatten, aber er hatte die Puzzleteile schnell zusammengefügt.
Sie war ein Mädchen, kein Zweifel. Schnell entkleidete er die schlanke Gestalt
und wickelte sie in eine Decke. Er beobachtete ihr Gesicht, als er die Bandagen
um ihren Brustkorb entfernte, bevor er sie in die Hängematte hob und die Decke
um sie herum feststeckte.
    »Komm schon, Jem, trink etwas Tee. Ja, so ist gut.«
    Gemma verzog das Gesicht, als die heiße Flüssigkeit sich einen Weg
durch ihre Kehle hinab in ihren Magen brannte. Sie stöhnte, aber Butch flößte
ihr weiterhin Tee ein, bis er zufrieden war.
    »Wollte, ich könnte dich heiß baden, aber ich denke, das is' nich'
so gut.«
    Er breitete eine weitere Decke über sie. Er konnte nur hoffen,
dass es nicht schlimmer wurde.
    Eine halbe Stunde später stürmte ein besorgter Jessup in die
Kombüse.
    »Wo ist er?«, fragte er Butch, der lediglich über die Schulter
gesehen hatte bei dem Lärm, den Jess verursacht hatte. »In der Hängematte. Aber
Mister Harper ...«
    »Später«, schnitt Jess ihm das Wort ab und marschierte hinüber,
wo Gemma unter einem Stapel Decken in der Hängematte lag. Er streichelte über
die heißen Wangen und strich ihr eine schweißfeuchte Haarsträhne aus der Stirn.
    »Verdammt, Mister Harron, wir müssen irgendetwas tun«, flüsterte
er. Irgendwie hatte er gehofft, dass der kalte Guss dem Jungen nichts ausgemacht
hätte, aber wenn er daran dachte, wie mager das Bürschchen noch immer war und
dass er an die Kälte auf See nicht gewöhnt war, war es nur eine Sache von
Sekunden gewesen, bis er bis auf die Knochen durchgefroren war. Anscheinend
hatte er sich eine Erkältung eingefangen, und zwar keine leichte.
    »Da is' nichts, was wir tun könnten, Mister Harper. Aber macht
Euch ma' keine Sorgen, sie ist zäh. Sie schafft's schon.«
    Jess wirbelte herum. »Wovon zum Teufel redet
Ihr da?«
    »Er is' 'ne Sie. Habta das nich' gewusst?«
Butch Harron hatte schon mit dem Gedanken gespielt, Jess Harper davon zu
unterrichten, dass der neue Schiffsjunge ein Mädchen war, aber andererseits, da
Jess sie an Bord genommen hatte, würde er das wohl schon wissen. Butch hatte
nicht vor, über das Schicksal des Mädchens zu bestimmen, nur weil er ihr wahres
Geschlecht entdeckt hatte.
    Jess richtete seinen Blick auf Gemmas Gesicht und hob zaghaft die
Decken, die sie bedeckten, an. Er ließ sie sofort wieder fallen, während er rot
anlief. »Guter Gott«, flüsterte er.
    »Genau mein Gedanke.«
    »Wie lange wisst Ihr es schon?«, fragte Jess, seine Augen noch
immer auf Gemma gerichtet.
    »Eine ganze Weile.«
    »Also habt Ihr sie nicht einfach so ausgezogen ...?«
    »Wo denkt Ihr hin? Ich hab se dabei nich' mal angesehen. Ihr habt
wahrscheinlich mehr geseh'n als ich.«
    Jess drehte sich um. »Also was machen wir
jetzt?«
    »Irgendwie glaub ich nich', dass es so 'ne
gute Idee is', es dem Capt'n zu sagen«, murmelte Butch düster. Er dachte an die
miese Laune, die ihr Captain bereits seit einer ganzen Weile hatte und daran,
dass eine Frau der einzige lebende Grund auf Erden war, der einen Mann so lange
so unglücklich machen konnte.
    »Nein, das denke ich auch nicht«, pflichtete Harper ihm bei.
»Meint Ihr, Ihr schafft es, Euch um das Mädchen und um die Kombüse zu kümmern?«
    »Ich denk' schon. Wird schon geh'n.«
    »Gut.« Jess fuhr sich mit den Händen übers Gesicht und durchs
Haar. »Oh, Gott«, stöhnte er. »Der Capt'n nagelt mich an den Großmast, wenn er
das herausfindet.«
    »Dann sollt'n wir dafür sorgen, dass er nichts
merkt, oder?«
    »Echt eine tolle Idee. Ich hoffe bloß, wir können das
durchziehen.« Er warf einen letzten Blick auf Jems friedlich schlafende Gestalt
in der Hängematte.
    »Was
meint Ihr? Wie alt ist sie?«
    »Keine Ahnung. Aber ich verwette mein'n Arsch, dass se älter is'
als zwölf, wofür ich se hielt, als ich dacht' se wär 'n Junge.«
    »Yeah, die Wette halte ich. Wenn irgendjemand anders aus der Crew
es herausfindet, stecken wir beide in der Scheiße. Was zum Teufel dachte sie
sich nur dabei, auf einem Schiff voller Kerle anzuheuern?«, fragte Jess
entnervt. »Sie muss doch gewusst haben, dass vielleicht die gesamte Mannschaft
über sie rübersteigt, wenn die merken, dass sie 'ne Frau ist. Irgendwie macht
sie auf mich nicht den Eindruck, als

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