Gemma
erhob,
sondern die Befehle an Higgins weitergab, der sie dann über Deck brüllte, aber
der Klang seiner Stimme und die Gewissheit, dass er nur durch die Planken des
Schiffes von ihr getrennt war, ließen ihr Blut schneller durch ihre Adern
strömen.
Bryce würdigte sie keines Blickes, als er zu
einem der Schränke ging, ein Glas und eine Flasche Scotch herausnahm und sich
mehr als zwei Fingerbreit einschenkte. Dann, als würde er es sich noch einmal
überlegen, neigte er die Flasche noch einmal über das Glas, bis es mehr als halb
voll war. Er stellte die Flasche zurück und wandte sich, das Glas in der Hand,
dem Schreibtisch zu. Die Stuhlbeine schabten über das Holz des Bodens, als
Bryce den Stuhl zurückzog, das Geräusch überlaut in der beklemmenden Stille,
die den Raum erfüllte. Gemma hielt den Atem an, aber Bryce wandte sich nicht
um, sondern beugte sich über das Logbuch, spitzte den Federkiel an und tauchte
ihn in die Tinte.
Gemma verspürte einen stechenden Schmerz in ihrem Herzen, dass für
Bryce die Eintragungen im Logbuch wichtiger waren als sie, dass er es noch
nicht einmal als nötig erachtet hatte, sie eines Blickes zu würdigen.
Trotz ihres Vorsatzes, Bryce' großzügiges
Geschenk nicht als ein Zeichen zu werten, dass sie ihm, wenn schon nicht lieb
und teuer, doch zumindest nicht völlig gleichgültig war, tat diese neuerliche
Missachtung ihrer Person mehr weh, als sie es für möglich gehalten hätte. Tief
in ihrem Inneren hatte sie trotz allem die Hoffnung genährt, Bryce könnte sie
ein klein wenig gern haben. Umso mehr verletzte sie seine Missachtung.
Voll verletzten Stolzes zwang Gemma sich, ihren Blick von Bryce
abzuwenden und sich wieder ihrem Buch zu widmen, um sich nicht anmerken zu
lassen, wie sehr seine Gleichgültigkeit sie
getroffen hatte. Tränen verschleierten ihren Blick und machten es ihr
unmöglich, die Buchstaben zu erkennen, aber das war ihr egal, weil ihre
Gedanken sowieso nur um Bryce kreisten.
Noch bevor er
die Kajüte betreten hatte, war sich Bryce Gemmas Anwesenheit mehr bewusst, als
ihm lieb war. Schon vor der geschlossenen Tür konnte Bryce ihren
verführerischen Duft wahrnehmen, dieser zarte, weibliche Geruch, der seinen
eigenen nicht verdrängt, sondern ergänzt hatte und der jede Pore seiner selbst
zu durchdringen schien. Einen Moment verharrte er vor der Tür, die Hand auf dem
Riegel, die Nüstern gebläht, wie ein Hengst, der die Nähe seiner Stute
wittert, bevor er die Tür aufstieß. Gemma lag im Bett, auf der Seite. Einer
ihrer Arme war angewinkelt, und sie hatte den Kopf mit dem wilden Mopp blonder
Locken darauf gebettet. Das Laken, das sie bedeckte, war heruntergerutscht und
gab den Blick auf ihre sich sanft hebenden und senkenden Brüste frei, deren
Konturen die beinahe transparente Seide seines Hemdes, das sie jetzt als
Nachthemd trug, liebevoll umschmeichelte. Die kühle Luft in der Kajüte hatte
ihre Brustspitzen in zwei feste dunkle Knospen verwandelt, die sich deutlich
unter der weißen Seide abzeichneten und die in ihm schlagartig das Verlangen
aufflammen ließen, Gemmas Brüste zu entblößen und diese Knospen mit seinen
Lippen und seiner Zunge zu ihrer vollen Schönheit erblühen zu lassen.
Die schmerzhafte Erektion, die dieser Fantasie auf dem Fuße
folgte, riss ihn zurück in die Wirklichkeit. Er schloss die Tür mit mehr Wucht
als nötig und zwang sich, sein Blick von Gemma abzuwenden, weil er sich nicht
sicher war, inwieweit er seiner Selbstbeherrschung in Bezug auf seine Frau noch
vertrauten konnte.
Mit langen Schritten durchquerte er die Kajüte, bemüht, so viel
Distanz wie möglich zwischen sich und Gemma zu schaffen. Es war nicht seine Gewohnheit, ohne besonderen Anlass Alkohol
zu trinken, aber dies erschien ihm ein ausreichender Grund zu sein. Das Glas
in der Hand wandte er sich dann dem Logbuch zu. Jede Ablenkung war willkommen,
wenn er nur nicht an die verführerische Frau in seiner Koje denken musste, die
dort lag und las und ihn mit Nichtachtung strafte.
Was war nur in ihn gefahren, als er am Vormittag in die Kajüte
gekommen war? Eine halbe Stunde zuvor hatte er Tabby die Stoffe ausgehändigt,
die er bis dahin im Lagerraum ausgewählt hatte. Er hatte keinen Ballen
unberührt gelassen, aber kaum einer der Stoffe, die selbst in Paris die
edelsten Damen in Verzückung versetzt hätten, war ihm gut genug erschienen,
Gemmas schlanken Körper zu umschmeicheln. Die Auswahl, die er schließlich
getroffen hatte, bestand aus den zartesten,
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