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Gemuender Blut

Gemuender Blut

Titel: Gemuender Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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einen Kuss auf die Haare. Als Antwort stieß ich ihn in die Rippen. Dann trabte ich die restlichen Stufen hinunter.
    Ich öffnete die Haustür, stockte und ging zurück in den Flur. Eine Reihe Metallbriefkästen hing auf dem Weg zur Hintertür. Ihr Anblick brachte mich auf eine Idee. Der Postbote hatte seinen Job für heute erledigt. Einige weiße und braune Umschläge lagen obenauf.
    Ich fischte sie herunter und las die Adressfelder.
    »Herr Jonas Prutschik und Frau Monika Berkel, diese Adresse hier«, las ich vor. »Ein Immobilienunternehmen.« Ich hielt Steffen den Brief so, dass er die Anschrift lesen konnte.
    »Du wirst jetzt nicht diesen Brief klauen!«
    »Nein!« Ich schürzte die Lippen und betrachtete den Umschlag genauer. »Nicht anfassen. Nur gucken.«
    Die Gummierung erwies sich als nicht sehr widerstandsfähig. Es würde kein Problem sein, den Umschlag wieder spurenlos zu verschließen. Mit dem Schreiben in der Hand setzte ich mich auf die unterste Treppenstufe und starrte Steffen an.
    »Komm her, Oberförster. Das musst du dir ansehen.«
    »Und das ist es jetzt?« Steffen stützte sich neben mir auf dem Geländer ab und folgte meinem Blick.
    »Hohenzollernbrücke und Dom bei Nacht von der rechten Rheinseite aus. Beleuchtet! Mehr Köln-Feeling geht nicht.« Ein Kälteschauer lief über meine Arme und meinen Rücken, als ich den Dom auf der anderen Seite des Flusses sah.
    Steffen legte einen Arm um mich.
    »Du musst das nicht tun, Ina. Ich weiß, wie der Dom aussieht.«
    Ich schüttelte den Kopf. Als ich sprach, schien es mir, als fielen meine Worte wie Tropfen in das unter mir fließende Wasser und würden mitgetragen. Fort. Weg von mir und weg aus meinen Erinnerungen. Auch wenn ich wusste, dass ich es niemals ganz würde vergessen können.
    »Ich kann nicht ewig flüchten. Weder vor meinen Erinnerungen, noch vor meiner Zukunft. Ich muss irgendwann neu anfangen.« Ich wandte mich ihm zu und sah ihn an.
    »Ich wollte hierherkommen, Steffen. Mit dir!«
    Er blieb bewegungslos stehen, nur sein Blick wanderte über das Panorama, das sich vor uns wie in einem Bildband ausbreitete. Um die Türme des Doms, dessen Mauern ein eigenes Licht auszustrahlen schienen, segelten Hunderte von Vögeln. In nicht endenden Spiralen schraubten sie sich höher und höher, scherten aus, ließen sich fallen, um dann wieder in den Schwarm einzutauchen. Ihre Flügel schimmerten silbrig. Wie riesige Falter beim nächtlichen Tanz.
    »Das ist dein Wald, richtig?«
    Ich lachte leise. »Ja, das ist mein Wald.«
    Steffen antwortete nicht und entfernte sich einige Schritte vom Geländer. »Danke, dass du es mir gezeigt hast«, sagte er nach einer Weile.
    Ich folgte ihm langsam, schlenderte durch die Schatten der Metallkonstruktion über mir und betrachtete ihn, wie er, die Hände in den Hosentaschen versenkt, ziellos am Ufer entlangging.
    »Wieso will Jonas Prutschik das Haus seines Vaters verkaufen?«, fragte er und blieb unvermittelt stehen.
    »Der Brief des Immobilienmaklers bezieht sich auf einen Anruf vom Donnerstag vor dem Schützenfest. Er hat also schon länger die Absicht«, ging ich auf den plötzlichen Themenwechsel ein. »Was ich mich aber auch frage, ist, wieso er überhaupt das Haus verkaufen kann? Es gehört doch Peter Prutschik.«
    »Gehörte. Bis Montag. Nach seinem Tod gehört es den Erben.« Steffen strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und ließ die Hand für einen Moment auf seinem Kopf ruhen. »Das ist sicher Jonas Prutschik. Monika Berkel wird sich keine Hoffnungen machen können. Andere Verwandte gab es nicht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Als Prutschiks Vater, also Jonas’ Großvater, vor Jahren starb, waren die beiden und die damalige Frau Prutschik die einzigen Trauergäste. Sehr ungewöhnlich in Gemünd. Meistens gehen zumindest die Nachbarn mit. Das war das Gesprächsthema im Ort für ein paar Tage.«
    »Damit ist aber immer noch nicht die Frage geklärt, wieso er es schon vor Prutschiks Tod verkaufen konnte!« Meine Absätze knirschten, als ich mich umdrehte und die Richtung zu meinem Auto einschlug. »Wir müssen uns dieses Früchtchen schnappen und ein bisschen ausquetschen.«
    »Hey, warte, Ina.« Steffen lief hinter mir her und hatte mich nach wenigen Schritten eingeholt. »Morgen. Wir quetschen morgen, Ina«, murmelte er und zog mich zu sich heran.
    Ich legte meine Arme um seinen Hals und sah ihn an.
    »Was jetzt, Oberförster? Ist dein Jagdtrieb schon wieder erloschen?«
    Er lächelte und ließ

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